Dicke Luft wegen Sonderverkauf am Oberfeld
Der Meringer Gemeinderat stellt einen umfangreichen Kriterienkatalog für die Vergabe der begehrten Grundstücke auf – genehmigt jedoch nichtöffentlich davor schon eine Ausnahme
Mering Im Meringer Gemeinderat knirscht es gewaltig. Denn bei der Vergabe der begehrten Baugrundstücke am Oberfeld hat die Mehrheit sich vorab auf eine Ausnahme eingelassen. Dabei soll eigentlich ein Kriterienkatalog gewährleisten, dass es bei der Auswahl gerecht zugeht. Denn auf die 32 Grundstücksparzellen kommen rund 400 Bewerbungen. Doch im Vorfeld stimmte das Gremium dem Verkauf an einen Bewerber zu, der nach den festgelegten Kriterien nicht zum Zuge gekommen wäre.
Wie berichtet hatte dieser im November extra einen sechsköpfigen Vergabeausschuss eingerichtet, um festzulegen, wer Zugang zu den Grundstücken erhalten soll. Als Zielsetzung kristallisierten sich dabei junge Meringer Familien heraus, die sich an ihrem Heimatort ein Eigenheim errichten wollen. Noch während die sechs Mitglieder an ihrem Entwurf arbeiteten, landete ein Antrag im Meringer Gemeinderat.
Ein Ortsansässiger bat darum, am Oberfeld ein Grundstück zu erhalten. Begründung war, dass in unmittelbarer Nachbarschaft seines eigenen Wohnhauses ein Bauträger einen großen Mehrfamilienblock plant und dies die Lebensqualität gewaltig beeinträchtigen werde. Behandelt wurde dieser Wunsch erstmals in einer nichtöffentlichen Sitzung im Dezember. Vor allem Mitglieder aus dem Vergabeausschuss baten darum, mit der Entscheidung abzuwarten, bis die allgemeinen Richtlinien für die Grundstücksvergabe festgelegt seien. Zwar wurde einmal vertagt, die Entscheidung für eine Verkaufszusage fiel jedoch dann im Februar – also bevor der Kriterienkatalog feststand.
Laut der Beschlussvorlage muss der Bewerber für die Parzelle den regulären Preis zahlen, den der Gemeinderat noch festsetzen muss. Allerdings durfte er sich bereits einen Bauplatz aussuchen, bevor die allgemeine Vergabe beginnt. Auf offiziellem Weg wäre der Betreffende dagegen chancenlos gewesen. In seiner jüngsten Sitzung legte der Gemeinderat nämlich fest, dass sich niemand für ein Grundstück bewer- darf, der bereits ein Wohnhaus oder ein entsprechendes bebaubares Grundstück besitzt. Ein älteres Ehepaar hatte sich etwa an den Gemeinderat gewandt, weil es sein treppenreiches Haus verkaufen und stattdessen für den Lebensabend am Oberfeld barrierefrei bauen möchte – doch hier blieb der Gemeinderat hart.
Wieso also stimmte ebendieses Gremium mit deutlicher Mehrheit vorab für diesen Ausnahmeverkauf? Der Bewerber ist nach Informationen unserer Zeitung der Gemeinde in der Vergangenheit bei Grundben
stücksverhandlungen entgegengekommen, worauf er in seinem Antrag verwies. Zeigt sich die Gemeinde dankbar, könnten auch andere Grundstückseigentümer sich in Zukunft kooperativer verhalten, so lautete in der Debatte die Hoffnung. Schließlich hängen noch einige große Projekte der Kommune vom Erwerb der nötigen Flächen ab, wie etwa das geplante Gewerbegebiet am Bahnhof St. Afra oder der zweite Teil des Oberfelds.
Nichtöffentlich entschied sich die Mehrheit deswegen für diese Spezialbehandlung. Öffentlich positionierten sich die meisten dagegen anders. Denn für den Kriterienkatalog stand eine Klausel zur Debatte, die dem Gemeinderat genau solche Ausnahmen bei der Grundstücksvergabe ermöglicht hätte – wenn es etwa dem Gemeinwohl dient oder besondere Härtefälle vorliegen. Das wurde jedoch mit 15:6 Stimmen abgelehnt.
Insgesamt hat der strittige Sonderverkauf am Oberfeld spürbar dicke Luft hinterlassen. Die Vorgeschichte erklärt auch, warum der Vergabeausschuss nach monatelanger Arbeit nicht in der Lage war, einen fertigen Kriterienkatalog vorzulegen. Der hätte nach einer Rückmeldung aus der Verwaltung in einer letzten gemeinsamen Sitzung erstellt werden sollen. Doch die Grundstücksentscheidung kam dem zuvor. Als Reaktion kündigte zunächst die erboste Grünen–Fraktionssprecherin Petra von Thienen die Mitarbeit im Vergabeausschuss auf, und gleich darauf auch CSURat Florian Mayer. Es kam zu keinem Treffen mehr.
Damit überhaupt noch etwas voranging, setzte sich Ausschussmitglied Georg Resch alleine mit der Verwaltung zusammen und arbeitete einen Entwurf aus. Der wurde in einer stundenlangen, teils hitzigen Debatte im Gemeinderat noch in vielen Punkten abgeändert. In der nächsten Sitzung am kommenden Donnerstag sollen die Vergaberichtlinien endgültig beschlossen werden. Bürgermeister Hans-Dieter Kandler sagte auf Anfrage unserer Zeitung zu der strittigen Sondervergabe: „Es gab Gründe dafür und Gründe dagegen. Ich vollziehe nur die Mehrheitsbeschlüsse des Gemeinderates.“Wie er selbst abgestimmt hat, wollte der Bürgermeister mit Verweis auf die Nichtöffentlichkeit der Sitzung nicht beantworten. Nach Informationen unserer Zeitung hatte er für den Ausnahmeverkauf gestimmt.