Friedberger Allgemeine

So verändert sich das Leben im Seniorenhe­im

Senioren sind nicht von gestern. Die Ansprüche der Bewohner und die Anforderun­gen an die Altenheime im Wittelsbac­her Land wachsen. Worauf Sie bei der Suche nach einem Platz achten sollten

- VON KATJA RÖDERER UND UTE KROGULL

Aichach Friedberg Pflegeheim­e machen meistens dann Schlagzeil­en, wenn es einen Skandal gibt oder ein neues Gesetz. Der Alltag ist aber ein anderer. Unbemerkt von den Augen der Öffentlich­keit verändert sich das Leben in Seniorenei­nrichtunge­n stark. So wachsen die Ansprüche der Bewohner – und das in unterschie­dlicher Hinsicht. Das ist auch dem Einrichtun­gsleiter des Seniorenwo­hnheims der Arbeiterwo­hlfahrt Aichach, Dieter Geßler, aufgefalle­n. Ein Aspekt: Die Kriegsgene­ration, die viel Not erlebt hat, schwindet. Die meisten Bewohner dieser Jahrgänge seien im Vergleich leichter zufriedenz­ustellen als jüngere Bewohner, die jetzt nach ihnen einziehen, berichtet Dieter Geßler. „Die Ansprüche der neuen Bewohner sind insgesamt höher.“

Gerade seien die ersten Anfragen wegen eines Internetan­schlusses gekommen, erzählt Dieter Geßler. Auch ein neuer Receiver musste inzwischen angeschaff­t werden. Denn wo die Bewohner früher ihre von zu Hause mitgebrach­ten Röhrenfern­seher aufstellte­n, platzieren sie jetzt ihre modernen Flachbildf­ernseher, für die der neue Receiver nötig wurde. Dieter Geßler verdeutlic­ht die Entwicklun­g am Beispiel der Körperhygi­ene: Wo die Menschen früher noch gebadet haben, wird heute meist geduscht. Andere Generation­en haben eben andere Gewohnheit­en. „Hier ist schon ein Umdenken erforderli­ch“, findet Dieter Geßler.

Etwas anders sieht es Jakob Alaskiewit­isch, Leiter des Friedberge­r Karl-Sommer-Stifts. Er sagt: „Klassische Pflegeeinr­ichtungen wie wir merken das nicht. Denn unsere Bewohner werden immer betagter und pflegebedü­rftiger.“Themen wie Internet oder Fernseher spielen da kaum eine Rolle. Dagegen stelle sich dem Personal die Frage, wie sich diese Menschen überhaupt noch mobilisere­n lassen oder wie man mit ihnen kommunizie­ren kann.

Sind die Bewohner stark dement, wird nämlich auch das schwierig. Mit dem neuen Pflegegese­tz wird sich seiner Meinung nach der Trend verstärken, dass nur noch extrem Pflegebedü­rftige ins Heim ziehen, die anderen ins Betreute Wohnen oder neue Formen von Wohngruppe­n.

Gabriele Bott ist zuständig für die Heimaufsic­ht im Landratsam­t Aichach-Friedberg und stellvertr­etende Sachgebiet­sleiterin der Altenhilfe. Sie bestätigt, dass die Heimbewohn­er heute tendenziel­l später einziehen und im Schnitt eine kürzere Verweildau­er haben. In der Vergangenh­eit hätten viele noch sechs bis acht Jahre im Heim gelebt.

Trotz der kürzer werdenden Verweildau­er glaubt auch Gabriele Bott persönlich nicht, dass mit dem Pflegestär­kungsgeset­z weniger Menschen ins Heim ziehen. Sie könnten aber mit höheren Pflegegrad­en als bisher dort ankommen. Über die Auswirkung­en des Pflegestär­kungsgeset­zes auf die Heime im Landkreis sagt sie: „Darüber gibt es unterschie­dliche Spekulatio­nen.“Wer einen Heimplatz sucht, hat dies meist nicht von langer Hand geplant. Nach einem plötzliche­n Sturz oder bei zunehmende­r Demenz muss es meist schnell gehen, und viele schauen sich nach einem Heimplatz in der Nähe des Wohnorts um.

Die einen favorisier­en helle, große Räume, andere mögen es lieber gemütlich. Wer einen Heimplatz sucht, sollte nicht nur auf die räumliche Atmosphäre im Haus achten, sondern auch auf die menschlich­e, erklärt Gabriele Bott von der Heimaufsic­ht. Wie riecht es dort? Wie steht es um die augenschei­nliche Sauberkeit? Man sollte Bewohner und Pflegekräf­te ansprechen und beobachten, wie diese Menschen einem begegnen. Es sei immer gut, Leute zu befragen, die dort wohnen oder, falls möglich, zu einem Tag der offenen Tür zu gehen. Hier können Fragen nach der Ausrichtun­g des Heims beantworte­t werden, etwa ob es kirchlich orientiert ist oder andere Schwerpunk­te hat. Gabriele Bott prüft selbst mit Mitarbeite­rn des Gesundheit­samts, mit Pflegefach­kräften, Ärzten und Ver- tretern des Landratsam­ts die Situation in den Heimen im Landkreis.

Sechs Beschwerde­n seien heuer bei ihr eingegange­n, erzählt sie. Das sei relativ wenig. Mal sei die Suppe zu kalt oder die Versorgung der Senioren mit Flüssigkei­t nicht ausreichen­d. Mal gehe es darum, dass das Personal sich nicht genug um die Senioren kümmere, erzählt Gabriele Bott. Auch sie ist überzeugt, dass der Anspruch der Senioren steigen wird. „Da müssen die Heime dann mitziehen.“»Kommentar

Kontakt Die Seniorenbe­ratung Aichach Friedberg ist vormittags unter der Telefonnum­mer 08251/872233 er reichbar.

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Symbolfoto: Patrick Pleul, dpa Die Plätze in Pflege und Seniorenhe­ime im Wittelsbac­her Land sind fast vollständi­g ausgelaste­t.

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