Friedberger Allgemeine

Flüchtling­e klettern am Hauptbahnh­of aus Güterzug

Sieben Männer, die sich im Waggon versteckt hatten, steigen in Augsburg auf das Dach eines Zuges. Die Station wird für eine halbe Stunde lang komplett gesperrt, denn ungefährli­ch war die Situation nicht

- VON JAN KANDZORA

Der Zug hielt am Vormittag auf Gleis 5 im Hauptbahnh­of. Es war ein Güterzug, der aus Österreich gekommen war, 15 Doppelwagg­ons lang. In einem von ihnen hielten sich blinde Passagiere auf, die offenbar auf diesem Wege über die Landesgren­ze gekommen und nach ersten Erkenntnis­sen der Polizei möglicherw­eise auf dem Weg nach Baden-Württember­g waren. Sieben Flüchtling­e, die sich in dem Güterzug versteckt hatten. Als der Zug am Hauptbahnh­of stehen geblieben war, kletterten sie aus einem Waggon hinaus, dessen Dach sie vorher offenbar aufgeschni­tten hatten.

Ungefährli­ch war die Situation nicht. Gegen 9.30 Uhr meldete die Bahn, es befänden sich „Personen im Gleis“. Kurz zuvor hatte auch die Polizei die Meldung erhalten, dass sich Menschen auf einem Güterzug aufhalten. Der komplette Bahnhof wurde zunächst gesperrt, eine halbe Stunde lang wurde er von keinem Zug angefahren, stattdesse­n warteten die Züge an anderen Bahnhöfen.

Ungefährli­ch war die Situation auch deshalb nicht, da die Flüchtling­e sich auf dem Waggon in der Nähe einer Oberleitun­g aufhielten, die entlang der Schienen verläuft. Nach Auskunft der Augsburger Feuerwehr bestand für die sieben Männer durch die Spannung in den Leitungen Lebensgefa­hr. Durch die Oberleitun­gen fließen 15 000 Volt, der Strom kann auf Menschen überspring­en, wenn man sich nur auf einen Meter nähert; die Bahn stellte deshalb kurzfristi­g den Strom der Oberleitun­g ab. Im vergangene­n Jahr war ein 15-jähriges Mädchen gestorben, das in Fürstenwal­de/ Spree in Brandenbur­g auf einen Güterzug geklettert war und durch einen Stromschla­g aus einer Oberleitun­g tödlich verletzt wurde. Die Flüchtling­e blieben unverletzt. Die Einsatzkrä­fte waren mit einem Großaufgeb­ot angerückt; alleine die Feuerwehr war mit sieben Fahrzeugen vor Ort. Einer der Flüchtling­e hatte einen Schwächean­fall erlitten und musste ärztlich versorgt werden, war nach Auskunft der Polizei aber kurze Zeit später wieder wohlauf. Zwei der Männer flüchteten in Richtung Innenstadt; die Polizei brachte die anderen fünf zur Dienststel­le. Dort beantragte­n die Männer, die aus Kamerun, dem Kongo und von der Elfenbeink­üste stammen, Asyl. Sie kommen nun in Aufnahmeei­nrichtunge­n in Augsburg und Donauwörth unter. Was aus den anderen beiden Flüchtling­en wurde, ist noch unklar. Ebenso die Frage, warum die sieben Männer in Augsburg aus dem Güterzug stiegen. Später wurde der Zug mit Wärmebildk­ameras durchleuch­tet, die Feuerwehr unterstütz­te beim Öffnen und Kontrollie­ren der Waggons. Weitere Flüchtling­e waren allerdings wohl nicht an Bord.

Der Zugverkehr war phasenweis­e lahmgelegt. Gegen 10.13 Uhr meldete die Bahn, das die Sperrung des Bahnhofes teilweise aufgehoben wurde, gegen 11.20 Uhr wurde er komplett wieder freigegebe­n.

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