Friedberger Allgemeine

Ins Netz gegangen

Internetab­hängigkeit ist ein weitverbre­itetes Phänomen unter Jugendlich­en. Anzeichen gibt es viele, doch oft fehlt Betroffene­n das Bewusstsei­n für ihr Problem

- VON CATARINA HUTZLER

Aichach Friedberg Sie checken tief in der Nacht noch WhatsApp-Nachrichte­n, pflegen den Kontakt mit Freunden auf virtuellen Kommunikat­ionsplattf­ormen häufiger als im realen Leben oder können sich nicht mehr aufmerksam mit Freunden unterhalte­n, ohne ständig auf ihr Smartphone zu schauen.

Dies ist laut dem aktuellen Suchtberic­ht der Bundesregi­erung der Alltag von ungefähr 560000 Internetsü­chtigen in Deutschlan­d. Am stärksten sind junge Menschen im Alter von 14 bis 24 Jahren betroffen. Knapp die Hälfte davon verbringt ihre Zeit auf Kommunikat­ionsplattf­ormen wie Facebook, Twitter oder WhatsApp, und das täglich fast fünf Stunden im Durchschni­tt.

Die Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung kommt in der aktuellen Drogenaffi­nitätsstud­ie zu dem Ergebnis, dass sich die Zahl der Zwölf- bis 17-Jährigen, die unter Internetab­hängigkeit leiden, in den Jahren von 2011 bis 2015 verdoppelt hat. Marlene Mortler (CSU), Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung, bekräftigt auf ihrer Internetse­ite: „Internetab­hängigkeit ist unter jungen Menschen ein Massenphän­omen. Für viele ist es zu einer echten Herausford­erung gewor- den, die Grenze zwischen realem und virtuellem Leben zu ziehen.“

Falk Kiefer von der Deutschen Gesellscha­ft für Suchtforsc­hung und Suchtthera­pie hat verschiede­ne Symptome, die auf eine Erkrankung hindeuten, aufgedeckt. „Häufig lassen die Leistungen von Betroffene­n in der Schule nach oder sie ziehen sich von Familie und Freunden zurück und verlieren die Kontrolle“, sagt Kiefer laut Deutscher Presseagen­tur (dpa). „Es funktionie­rt meist nicht, nach einer Stunde den Rechner wieder auszumache­n.“Bedenklich sei allerdings, dass viele Menschen sich ihrer Sucht nicht bewusst sind. Wenn der Drang, ständig online sein zu müssen, überhandni­mmt und Grundbedür­fnisse wie Schlafen oder Essen vernachläs­sigt werden, deutet das auf eine Abhängigke­it hin. Laut einer aktuellen Studie der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung sind mehr Mädchen als Jungen betroffen. Das liegt daran, dass die sozialen Netzwerke bei Mädchen beliebter sind.

Zu den bekanntest­en Anwendunge­n zählt mit 37 Millionen Nutzern allein in Deutschlan­d WhatsApp. Der Messenger-Dienst ist ein absoluter Überfliege­r und bekam allein im Vorjahr Zuwachs von etwa zwei Millionen neuen Nutzern. Zu den bekanntest­en sozialen Netzwerken zählt Facebook. Laut dem aktuellen Quartalsbe­richt nutzen 30 Millionen Menschen deutschlan­dweit das Gemeinscha­ftsportal. Eine Befragung unter Jugendlich­en in der Altersgrup­pe von zehn bis 19 Jahren ergab jedoch, dass nur 32 Prozent davon Facebook nutzen.

Dennoch ist das Liken eines Bildes attraktiv. Menschen streben nach Anerkennun­g. Das Smartphone ist immer griffberei­t, die Meinung schnell abgegeben. Diese Interaktio­n im Netz löst laut Forschern bei vielen das Glückshorm­on Dopamin aus. Dabei empfindet derjenige für einen Moment besonders große Genugtuung, der für den neuesten Post eine große Zahl an „Likes“erhält. Wenn allerdings die Aufmerksam­keit abnimmt, sind die Folgen Frustratio­n und Traurigkei­t. Exzessive Nutzung sozialer Medien bringt jedoch auch gesundheit­liche Konsequenz­en mit sich. Neben Bluthochdr­uck, Diabetes und Schlaflosi­gkeit kann es auch zu psychische­n Erkrankung­en wie Depression­en oder ADHS kommen. So mancher Social-Media-Junkie bringt sich für das perfekte Bild auf der Foto-Plattform Instagram auch in Lebensgefa­hr. Immer beliebter werden Selfies auf den Dächern von Hochhäuser­n ohne Sicherheit­sausrüstun­g. Rooftoppin­g nennt man diesen Trend. In manchen Schulen wird Suchtpräve­ntion angeboten. Dort lernen Schüler den richtigen Umgang mit sozialen Netzwerken.

 ?? Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Ob mit Smartphone, Laptop oder Tablet – viele Jugendlich­e verbringen mehr und mehr Zeit in sozialen Netzwerken und im Internet. Internetsu­cht ist mittlerwei­le ein immer größeres Problem in der Gesellscha­ft.
Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r Ob mit Smartphone, Laptop oder Tablet – viele Jugendlich­e verbringen mehr und mehr Zeit in sozialen Netzwerken und im Internet. Internetsu­cht ist mittlerwei­le ein immer größeres Problem in der Gesellscha­ft.

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