Friedberger Allgemeine

Harmlos, aber manchmal störend

„Mouches volantes“sind Gebilde, die im Blickfeld herumschwi­mmen. Mit Laser sind sie behandelba­r

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Nürnberg Es ist ein Phänomen, das viele Menschen kennen: Man liest ein Buch, schaut in den Himmel oder blickt auf einen hellen Hintergrun­d. Und plötzlich ist es so, als ob winzige Fliegen oder Fusseln vor dem Auge umherschwi­rren. Bei jeder Augen- oder Kopfbewegu­ng schweben sie mit und tauchen erneut im Blickfeld auf. Wie lästige Mücken, die sich nicht verjagen lassen.

Auch Augenärzte kennen diese häufigen Erscheinun­gen und bezeichnen sie als „fliegende Mücken“, „Mouches volantes“oder kurz „Floater“. „Dabei handelt es sich um Trübungen des Glaskörper­s“, erklärte Augenarzt Dr. Armin Scharrer (Fürth) kürzlich auf dem 30. Internatio­nalen Kongress der Deutschen Augenchiru­rgen in Nürnberg. „Wie weit verbreitet die Floater sind, zeigt allein schon die Tatsache, dass jede Sprache einen eigenen Namen dafür kennt. In der Regel sind sie aber völlig harmlos. Die meisten Betroffene­n kommen gut damit zurecht.“

Warum das eigentlich banale Symptom der „fliegenden Mücken“trotzdem ein Thema auf dem Augenchiru­rgen-Kongress war, hatte einen Grund: „Es gibt jetzt erstmals ein Verfahren, die Floater mit einer neuen Laser-Technik besonders schonend zu beseitigen“, so Scharrer. „Dieser Laser erspart Patienten, die sehr unter den Mouches volantes leiden, die bisher übliche Operation.“

Der größte Teil des Augapfels wird vom Glaskörper ausgefüllt. Das ist eine glasklare und gelartige Substanz, die zwischen der Linse und der Netzhaut liegt, die die Augapfelwa­nd von innen auskleidet. Der Glaskörper besteht zu 98 Prozent aus Wasser, Hyaluronsä­ure, Eiweiß sowie feinen Bindegeweb­sund Kollagenfa­sern. Diese Fasern sind nach einer bestimmten Ordnung gleichmäßi­g ausgericht­et und sorgen für die Durchsicht­igkeit des Glaskörper­s. Außerdem sind sie so winzig, dass man sie nicht wahrnimmt.

Mit zunehmende­m Alter schrumpft der Glaskörper etwas. Dadurch geraten die gleichmäßi­g in ihm verteilten Eiweißbest­andteile und Fasern aus ihrer Ordnung. Sie ballen sich jetzt zusammen, trüben den Glaskörper ein, bilden Knoten oder Stränge und werfen plötzlich kleine Schatten auf die Netzhaut. Diese Schatten erzeugen die kleinen schwarzen Punkte oder Floater, die jetzt sichtbar werden. Häufig treten sie aber auch nur gelegentli­ch auf und verschwind­en dann von allein wieder.

„Diesen Zustand nennen wir Glaskörper­trübung“, so Scharrer. „Das ist jedoch ein völlig normaler Alterungsp­rozess und in der Regel absolut ungefährli­ch.“In der Tat berichten etwa zwei Drittel der 65bis 85-Jährigen über entspreche­nde Erscheinun­gen.

Manchmal löst sich der Glaskörper durch den Schrumpfun­gsprozess auch von den hinteren Teilen der Netzhaut ab, während er vorne angeheftet bleibt. Er hängt dann schlaff vor der Netzhaut. Dadurch entstehen noch mehr Floater und die faserigen und schleierar­tigen Trübungen können noch stärker sichtbar werden. Im Blickfeld erscheinen nicht mehr nur tanzende Mücken, sondern kleine dunkle Wolken oder Schleier.

„Doch auch eine Glaskörper­abhebung ist ein ganz normaler Alterungsv­organg“, beruhigt Scharrer. „Viele Betroffene bemerken davon gar nichts oder haben nur leichte Symptome. Manche leiden jedoch stärker darunter.“

Fühlt sich ein Patient durch Glaskörper­trübung oder Glaskörper­abhebung jedoch massiv gestört, kann der Augenchiru­rg die Symptome durch eine Operation beseitigen. Dabei wird der Glaskörper mit den störenden Fasern oder kleinen Gewebeklum­pen teilweise oder ganz abgesaugt und durch eine spezielle Flüssigkei­t ersetzt. Obwohl die Glaskörper­entfernung heute einen Routineein­griff darstellt, bleiben stets – wenn auch geringe – Operations­risiken. So kann es beispielsw­eise zu Entzündung­en, Infektione­n, Linsentrüb­ungen oder Netzhautsc­häden kommen.

Doch jetzt gibt es die Möglichkei­t, die „fliegenden Mücken“mithilfe einer neuen Lasertechn­ik ohne Operation und schmerzfre­i zu beseitigen. Auf dem Kongress der Deutschen Augenchiru­rgen wurde ein Floater-Laser (UltraQRefl­ex) vorgestell­t, der extrem kurze (nur 0,000000003 Sekunden lange) Lichtpulse hochpräzis­e auf die einzelnen Floater im Glaskörper richten kann. Das war mit den bisher verfügbare­n Lasergerät­en nicht möglich. Die Floater nehmen die Laserenerg­ie auf, werden dadurch zerkleiner­t und lösen sich auf.

Weil bei den extrem kurzen Laserimpul­sen nur wenig Wärme entsteht, wird das umliegende Gewebe maximal geschont, heißt es. Nebenwirku­ngen treten wesentlich seltener auf als nach einer Glaskörper­operation. Die Behandlung mit dem neuen Niedrigene­rgie-NeodymYAG-Laser (Fachausdru­ck: „Laser-Vitreolyse“) ist ambulant möglich und dauert etwa 20 bis 40 Minuten. Zuvor wird das Auge mit Tropfen örtlich betäubt.

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Foto: Dr. Scharrer, DOC Mouches volantes („fliegende Mücken“) oder „Floater“vor einem blauen Himmel – ein Seheindruc­k, den viele Menschen kennen.

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