Einbrüche nach dem Zufallsprinzip
Immer wieder soll eine kriminelle Bande in Wohnungen in Augsburg eingestiegen sein. Mal erbeuteten sie Gold im Wert von 30 000 Euro, mal erheblich weniger. Drehscheibe soll eine Augsburger Wohnung gewesen sein
Die Einbrecherbande arbeitete nach dem Zufallsprinzip: Man klingelte einfach an der nächsten Haus- oder Wohnungstüre. War niemand zu Hause, knackte der Spezialist der Gang in ein, zwei Minuten das Schloss. Einer stand „Schmiere“, der andere raffte schnell Bargeld, Schmuck, Münzen, ein Laptop oder Handys zusammen. Und schon stieg man, mal als Glückspilze reich bepackt mit einem Kilobarren Gold im Wert von über 30 000 Euro, mal lediglich mit einem kleinen goldenen Ohrring für 100 Euro als Beute in den Fluchtwagen, in dem der Dritte im Bunde gewartet hatte.
Ende September griff die Kripo, die Telefone abgehört hatte, zu, nahm nach und nach mehrere Mitglieder einer rumänischen Einbrecherbande fest, der eine Serie von 20 Einbrüchen vor allem in Augsburg mit einem Beuteschaden von 70 000 Euro zur Last gelegt werden. Gegen zwei der mutmaßlichen Täter begann vor der dritten Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitz von Roland Christiani der Prozess.
Wie so häufig bei osteuropäischen Banden sitzen nicht die großen Bosse auf der Anklagebank, sondern diejenigen, die vor Ort agieren, sozusagen die „Drecksarbeit“machen und somit dem größten Entdeckungsrisiko ausgesetzt sind. Es sind reisende Täter, die für wenige Wochen eine Stadt unsicher machen, die bei Landsleuten Unterschlupf finden und dann wieder verschwinden, mal in ein anderes Bundesland, mal auch ins Ausland – nach Spanien, Irland oder sogar Finnland.
Drehscheibe bei den Augsburger Aktivitäten der Bande war die Wohnung des Angeklagten T., 47, (Verteidiger: Felix Dimpfl), der den übrigen ortsunkundigen Tätern im Mai, Juni und September 2016 Unterschlupf bot und sie meist zu den einzelnen Tatorten gefahren haben soll. Mit ihm angeklagt ist der 32-jährige C. (Verteidiger: Bülent Secgin), der bei elf Einbrüchen dabei gewesen sein soll. Der Rumäne L., 22, der häufig Schmiere stand, ist bereits rechtskräftig zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. In Spanien wartet Landsmann P. auf seine Auslieferung. Er war nach Ansicht von Staatsanwältin Marlies Dorn der mit Spezialwerkzeugen ausgerüstete Experte für das Knacken der Türschlösser.
Der angeklagte T. räumt ein, bei einigen Einbrüchen im September als Fahrer fungiert zu haben. Auch habe er P. nach München gefahren, wo dieser Teile der Beute, vor allem Goldschmuck, in Pfandhäusern zu Bargeld machte. Mit dem Großteil der in der Anklage aufgelisteten Taten will er nichts zu tun haben.
Der Mitangeklagte C. behauptet, er sei zu diesen Zeiten überhaupt nicht in Deutschland gewesen. Belastet wird er allerdings von dem bereits verurteilten Rumänen L., den das Gericht als einen der ersten Zeugen vernimmt. Als dieser nicht so recht mit seinem Wissen herausrücken will, platzt dem in U-Haft sitzenden Angeklagten T. der Kragen. „Alle müssen hinter Gitter. Auch die Chefs. In Deutschland braucht niemand Angst vor einer Aussage zu haben“, sagt er und fordert so seinen Landsmann auf, die Fakten auf den Tisch zu legen. Der benennt dann den in Spanien einsitzenden P. als „Chef“. Der Rumäne soll bereits in Irland als Einbrecher verurteilt worden sein. T. behauptet, auf Bitten von P. habe er sogar ein Kilo Marihuana von Spanien nach Deutschland schmuggeln sollen. Er habe abgelehnt.
Das willkürliche Aussuchen von Tatorten im gesamten Stadtgebiet – zweimal auch in Königsbrunn – hatte freilich nicht immer Erfolg. Einmal, als sich wieder niemand nach dem Klingeln gerührt und man deshalb die Tür aufgebrochen hatte, schaute man verdutzt in die Röhre: Die Wohnung war gänzlich leer, die Mieter ausgezogen. Der Prozess, der bis Ende Juli terminiert ist, wird am Dienstag fortgesetzt.