Ein Platz für das Spezielle
Interview 2010 übernahm Gerhard Reiter die Geschäftsführung der Messe Augsburg, die damals weniger Erfolg hatte. Heute sind die Hallen gut ausgelastet und beliebter Standort für Spezialmessen. Wie das gelungen ist
Herr Reiter, Sie sind seit 2010 MesseChef. Warum haben Sie sich damals entschieden den schwierigen Messestandort Augsburg zu übernehmen? Gerhard Reiter: Ich wurde von Personalvermittlern angesprochen und dachte im ersten Moment tatsächlich: Oh Gott. Augsburg, mit diesem Image. Als ich dann weiter darüber nachdachte, wurde mir klar, dass Augsburg der Messestandort mit den größten Entwicklungsmöglichkeiten war. Das hat mich gereizt. Reiter: 2010 war Augsburg ein weißer Fleck auf der Messelandkarte. heute sind wir der drittgrößte Standort in Bayern und die am schnellsten wachsende Messe Deutschlands mit einem Umsatzplus von 250 Prozent seit 2009. Demgegenüber steht ein Minus von etwa 300000 Euro in 2016, das aus Altlasten und Miete für die Halle 5 herrührt. Reiter: Zusammen mit den Gesellschaftern haben wir einen Masterplan aufgestellt, der zeigt, wie die Struktur des Geländes weiterentwickelt werden muss, um als Messestandort erfolgreich zu sein. Wir haben also Hallen erneuert oder versetzt, um aus dem losen Verbund einen zusammenhängenden Rundgang zu schaffen, der es ermöglicht, Besucherströme sinnvoll zu lenken. Mit der Halle 5 und deren Foyer haben wir nicht nur eine der modernsten Messehallen Deutschlands gebaut, sondern einen dritten Zugang zur Messe geschaffen, sodass auch mehrere Veranstaltungen parallel laufen können. Wir haben die Parkplätze befestigt und einige Verschönerungsarbeiten am Eingangsbereich vorgenommen. Reiter: Nein. Nach der Halle 4 soll bis 2019 auch die Halle 2 neu gebaut werden. Genauso modern wie die Halle 5 mit Erdwärme, Wandheizung, ohne Säulen und einer starken Deckenkonstruktion. Dafür laufen bereits die Planungen. Außerdem muss die Schwabenhalle saniert werden und wir wollen die Kapazitäten im Tagungszentrum erhöhen. Bislang haben wir zehn Hallen und eine Ausstellungsfläche von 48 000 Quadratmetern. Ziel ist es, auf 45 000 bis 50 000 Quadratmeter qualitativ gleichwertige Hallenfläche zu kommen. Dann ist das Gelände ausgereizt und wir sind für Spezial- und Hausmessen sowie eigene Entwicklungen ein noch attraktiverer Standort. Reiter: Der gesamte Masterplan hat ein Volumen von 50 Millionen Euro. Seit 2010 haben wir rund 15 Millionen Euro in die Messe investiert. Der Neubau der Halle 2 ist mit 20,5 Millionen einkalkuliert, sodass wir bis 2019 bei etwa 35 Millionen sind. Zum Vergleich: Die Messe Nürnberg baut für rund 50 Millionen Euro gerade einmal eine Halle. Reiter: Wir können flächenmäßig mit diesen Standorten nicht mithalten und entsprechend auch keine derart großen Veranstaltungen bieten, wie sie dort zum Teil laufen. Wir sind dafür ein idealer Standort für Spezial-, Haus- oder Publikumsmessen, die auf großem Gelände wie Nürnberg, München oder Hannover untergehen würden. Wir haben dazu eine sehr gute Verkehrsanbindung und liegen auch strategisch sehr günstig, sodass wir auch die Schweiz oder Österreich gut erschließen. Wir bieten moderate Preise, auch bei den Hotels. Dieses Gesamtpaket schätzen die Aussteller und Messeveranstalter, wie die Entwicklung der ein oder anderen Veranstaltung zeigt.
Reiter: Paradebeispiel hierfür ist die GrindTec, eine Spezialmesse für Schleiftechnik. Begonnen hat der Verband auf 1500 Quadratmetern. Seit 2016 belegen Sie die komplette Fläche. Auch die Aufzugmesse Interlift hat sich toll entwickelt. Neue Konzepte wie die FMB Süd, eine Messe für Maschinenbau, konnten wir gewinnen. Für 2018 ist eine Spezialmesse rund um das Thema Additive Fertigung geplant – zusammen mit dem Fraunhofer Institut. Wenn de Uniklinik kommt, sind auch Angebote aus dem Bereich Medizin denkbar. Auch Eigenveranstaltungen wie die Jagen und Fischen werden beliebter. Nimmt man alle Veranstaltungen zusammen, haben wir das Messegelände im Jahr etwa 14 Mal komplett belegt. Jeder Wert über zehn gilt in der Branche als top.