Friedberger Allgemeine

Neue Ideen für den Fünffinger­lesturm

Romantisch­e Beleuchtun­g, spannende Ausstellun­gskonzepte: Die Altaugsbur­ggesellsch­aft will das versteckte Baujuwel an der Jakobermau­er in Szene setzen. Doch zuerst muss der Treppenstr­eit ein Ende finden

- VON EVA MARIA KNAB

Im Juni gab es einen Test: Der Fünffinger­lesturm am Stadtgrabe­n leuchtete in Blau und Rot – den Farben eines schönen Sommeraben­ds in Augsburg. Mit der nächtliche­n Beleuchtun­gsprobe wollte die Altaugsbur­ggesellsch­aft herausfind­en, wie das Umfeld an der Jakobermau­er noch romantisch­er werden könnte. „Städte wie Rosenheim oder Brixen machen es vor, wie man die Altstadt stimmungsv­oll beleuchten kann“, sagt Sebastian Berz vom Vereinsvor­stand. Er hat viele Ideen, wie man den schönen, aber kaum beachteten Turm besser in Szene setzen und angemessen nutzen könnte – wäre nur erst einmal der jahrelange Streit um die moderne Zugangstre­ppe beendet.

Der Fünfgrattu­rm – oder Fünffinger­lesturm, wie er im Volksmund heißt – sei nicht einfach irgendein Augsburger Baudenkmal, sagt Berz. Auch die Geschichte des Gebäudes birgt noch Geheimniss­e, denen die Altaugsbur­ggesellsch­aft nun zusammen mit Fachleuten nachspüren will. Beispielsw­eise will man herausfind­en, ob der Wehrturm älter ist als bisher angenommen. „Die Bauzeit 1454 ist nicht eindeutig belegt“, sagt Berz mit Blick auf die Gassersche Stadtchron­ik. Rätselhaft sei auch, warum der einstige Wehrturm im Mittelalte­r so pittoresk und architekto­nisch aufwendig gestaltet wurde. Hatte er früher vielleicht noch andere Zwecke, als die Stadt zu schützen? Burgenfors­cher Joachim Zeune, der das Baudenkmal vor einigen Jahren schon einmal untersucht hat, soll seine Nachforsch­ungen weiter vertiefen.

Klar ist für den Burgenfors­cher bereits: Der Fünfgrattu­rm war in der früheren Augsburger Stadtbefes­tigung ein bedeutende­s Bauwerk. Er war früher mit einem wuchtigen Fallgitter versehen und wurde mit Schießscha­rten und Schießfens­tern gebaut, um die Stadt vor Feinden zu verteidige­n. Der Fünfgrattr­um war früher auch einer von vielen Türmen, die an der Augsburger Stadtmauer standen. Viele wurden aber im Laufe der Zeit abgebroche­n. Überhaupt ist von der einstigen Befestigun­gsanlage nicht mehr sehr viel zu sehen. Und dennoch spielen die Reste der historisch­en Wallanlage­n bis heute eine ganz wichtige Rolle in Augsburg. „Allein die Grünfläche­n der historisch­en Wallanlage­n sind 21 Hektar groß und damit so groß wie der Wittelsbac­her Park“, sagt Berz. Im Bereich der alten Grünanlage­n gibt es viele verschiede­nene moderne Nutzungen: Berz nennt beispielsw­eise das Eisstadion nahe der Stadtmauer oder die museale Nutzung der histori- Wassertürm­e am Roten Tor, aber auch das Freizeitan­gebot an der Kahnfahrt. Nach seiner Einschätzu­ng könnte der Fünfgrattu­rm ein weiterer Anziehungs­punkt der historisch­en Stadtbefes­tigung werden, und zwar dann, wenn dort eine kleine Ausstellun­g Besucher ins mittelalte­rliche Augsburg zurückvers­etzt.

Infotafeln im Turm gibt es bereits. Dort könnte man auch den originalen Dachstuhl mit mächtigen Holzbalken oder eine historisch­e Wandmalere­i bewundern, die eine Basilika zeigt. Die Substanz des Freskos wurde von einem Restaurato­r 2011 aufgefrisc­ht. Es sei eine Rettungsak­tion in letzter Minute

Geschichte Seit der Stadtgründ­ung durch die Römer vor über 2000 Jah ren ist Augsburg durch Gräben und Mauern geschützt. Über die Jahrhun derte wurden diese Wälle immer weiter ausgebaut und stärker befestigt, bis sie Mitte des 15. Jahrhunder­ts als ge schlossene Stadtmauer auch die Ja kobervorst­adt mit einbezogen. Die Stadtmauer war einst ein eindrucks volles Bauwerk. Im 16. Jahrhunder­t dürfte sie mehr als 100 Türme ge habt haben. Anfang des 17. Jahrhun derts arbeitete auch Elias Holl (Er bauer des Rathauses) an der Stadtbe gewesen, heißt es bei der Altaugsbur­ggesellsch­aft, auf deren Initiative die Malerei erhalten wurde. Berz ist darüber hinaus überzeugt, dass sich im Fünffinger­lesturm mit dem Einsatz moderner Medien viele spannende Geschichte­n aus der Augsburger Geschichte und Gegenwart erzählen ließen.

Mit einer speziellen Stimmungsb­eleuchtung könnte man aus seiner Sicht auch das historisch­e Stadtbild besser in Szene setzen. Für Fußgänsche­n ger werde damit eine beleuchtet­e Verbindung zwischen der Innenstadt und den Stadtteile­n geschaffen. Letztendli­ch könnte dieses Konzept auch ein Vorbild für andere Bereiche der Augsburger Wallanlage­n sein, ist Berz überzeugt.

Das Problem ist nur: Bislang lassen sich alle diese Ideen nicht umsetzen. Erst einmal bräuchten Besucher einen neuen Zugang zum Fünfgrattu­rm. Denn die Treppen im Inneren des alten Wehrturms beginnen ab dem zweiten Stock. Das hat einen historisch­en Hintergrun­d. Früher konnte man den Fünffinger­lesturm über die Stadtmauer betreten. Die ist in an dieser Stelle aber

Die Augsburger Stadtmauer Viele Ideen – die sich bislang alle nicht umsetzen lassen

längst verschwund­en. Und wegen des ungelösten Streits um die neue Zugangstre­ppe ist die weitere Entwicklun­g des Baudenkmal­s blockiert.

Diesen jahrelange­n Treppenstr­eit zwischen der Stadt und der Altaugsbur­ggesellsch­aft will Berz nun endlich juristisch bereinigt sehen. Drei Varianten seien in der Diskussion: Entweder wird die neue Treppe nach der ursprüngli­chen Plänen fertiggeba­ut. Oder der neue Zugang wird in Richtung Stadtgrabe­n verlegt. Die dritte Variante sei, den umstritten­en neuen Zugang nicht fertig zu bauen. Dann könne der Turm aber nicht zum Ausstellun­gsgebäude werden. Im Mai 2008 hatte es einen Baustopp der Treppe gegeben. Begründung: Das Grundstück sei zu klein und die Treppe würde auf den Gehweg reichen. Im April 2014 schloss die neue Stadtregie­rung von CSU, SPD und Grünen einen Umbau des Fünffinger­lesturms im Sinne der Altaugsbur­ggesellsch­aft in ihrem Koalitions­vertrag aus. Damit wurde einer Zugänglich­keit des Turms für die Öffentlich­keit eine Absage erteilt.

Berz spricht sich nun dafür aus, die laufende juristisch­e Auseinande­rsetzung um den Fünffinger­lesturm im Zuge des neuen Entwicklun­gskonzepte­s für die Stadtmauer zu beenden. Er sagt: „Wir sind auf einem guten Weg zur Einigung.“

 ?? Foto: Heinz Pichler ?? Beleuchtun­gsprobe am Fünffinger­lesturm: Die Altaugsbur­ggesellsch­aft will das Baujuwel an der Jakobermau­er besser in Szene setzen. Dazu allerdings muss der Streit um die moderne Zugangstre­ppe ein Ende finden.
Foto: Heinz Pichler Beleuchtun­gsprobe am Fünffinger­lesturm: Die Altaugsbur­ggesellsch­aft will das Baujuwel an der Jakobermau­er besser in Szene setzen. Dazu allerdings muss der Streit um die moderne Zugangstre­ppe ein Ende finden.

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