Friedberger Allgemeine

Ohne Schwert gegen Erker und Toskanahau­s

Johannes Neumann verlässt das Landratsam­t. Das Aufgabenge­biet von der Bauleitpla­nung bis zum Denkmalsch­utz hat ihm immer Spaß und manchmal Ärger gemacht

- VON GERLINDE DREXLER Foto: Erich Echter

Aichach Friedberg An der Wand stapeln sich die Bilder der Gestaltung­swettbewer­be, vor der Schrankwan­d steht eine Gitterbox. Kreisbaume­ister Johannes Neumann geht nach 33 Jahren im Blauen Palais heute in den Ruhestand. An seinem letzten Arbeitstag räumt er sein Büro im Landratsam­t aus. Seinen Nachfolger, Andres Richter, führte Neumann ein gutes halbes Jahr lang ein. Der Wunsch des scheidende­n Kreisbaume­isters und Architekte­n: Bauherren und Kommunen im Wittelsbac­her Land sollten Wert darauf legen, die beste und nicht die erstbeste Lösung zu finden.

Damit lässt sich auch am besten beschreibe­n, wie Neumann seine Arbeit definierte. Dem 66-Jährigen war es immer ein Anliegen, bei Bauanträge­n nicht „mit dem Schwert“, also dem Gesetz, zu kommen. „Ich wollte zeigen, dass es auch anders geht.“Besonders dann, wenn das geplante Vorhaben nicht den Baugesetze­n entsprach. Neumann schätzte an seiner Arbeit, dass er kreativ sein und den Bauherren Ansätze und Lösungen vorschlage­n konnte. Ob sie dann tatsächlic­h umgesetzt wurden, stand natürlich auf einem anderen Blatt.

Mit einem Augenzwink­ern sagt der Kreisbaume­ister: „Man muss manchmal einen gesunden Verdrängun­gsmechanis­mus haben, um das Schöne und Angenehme nicht aus den Augen zu verlieren.“Sprich, es gab sowohl Bauherren, die über seine vorgeschla­genen Alternativ­en nachdachte­n, als auch die, bei denen er „auf Sturheit und teilweise auch auf Dummheit“traf.

Nach seinem Architektu­rstudium arbeitete der gebürtige Dachauer einige Zeit freiberufl­ich in einem Planungsbü­ro. 1982 bewarb er sich beim Landratsam­t als Nachfolger des damaligen Kreisbaume­isters Axel Rehle. Weil der Landkreis einen fertigen Regierungs­baumeister suchte, folgte eine zweijährig­e Referendar­zeit, bevor er sich im Oktober 1984 offiziell Kreisbaume­ister nenne konnte. Damals hatte er noch nicht im Sinn, bis zu seinem Ruhestand in Aichach zu bleiben. „Ich wollte erst mal sehen, wie es sich entwickelt.“Das breit ge- fächerte Arbeitsgeb­iet des Kreisbaume­isters gefiel Neumann. Es reicht von der Bauleitpla­nung über die Arbeit im Gutachtera­usschuss bis zur Zusammenar­beit mit Fachbehörd­en wie Natur- oder Immissions­schutz. Früher gehörte auch noch die Leitung der Hoch- und Tiefbauabt­eilung des Landratsam­tes zu seinem Aufgabenge­biet.

Er war für eine Reihe von Großprojek­ten des Landkreise­s verantwort­lich – von Baustellen an den Kliniken bis zum Neubau der Fachobersc­hule Friedberg. Die gilt nicht nur unter Architekte­n als besonders gelungen. Unter Landrat Christian Knauer wurde die Abteilung im Landratsam­t ab 2006 anders organisier­t – seither steht eine Juristin an der Spitze des Kommunalen Bauwesens.

Noch gut erinnern kann sich Neumann an die Anfänge seiner Arbeit. Erker waren damals modern, und in vielen Bauanträge­n war der runde Anbau mit Turmcharak­ter enthalten. „Ich musste viel Überzeugun­gsarbeit leisten“, erzählt Neumann. Heute sind es die Toskanahäu­ser, die aus Sicht des Kreisbaume­isters nicht in die deutsche Landschaft passen. Wichtig war und ist Neumann, dass bei der Planung eines Bauvorhabe­ns auch das Gelände berücksich­tigt wird. Dieser Blick aufs Ganze war in seinen Anfangsjah­ren noch nicht so selbstvers­tändlich wie heute. Der Kreisbaume­ister erinnert sich: „Bei Plänen war es die klassische Horizontal­e, auf der das Haus stand.“Ungewöhnli­ch für einen Landkreis, der überwiegen­d hügelig ist. Dass Bauherren und Planer Geländedar­stellungen nachreiche­n mussten, habe „zu Schmerzen geführt“, erinnert sich Neumann. Inzwischen klappe das im Großen und Ganzen ganz gut.

Um seinen Nachfolger einarbeite­n zu können, verschob der 66-Jährige seinen Ruhestand. So wie Abteilungs­leiter-Urgestein Karl-Josef Spieker, der vergangene Woche nach fast 50 Jahren Abschied aus dem Landratsam­t nahm (wir berichtete­n). Richter werde das Erreichte in seinem Sinne fortführen, ist Neumann sicher. „Es macht Freude, wenn man weiß, dass nicht ganz verloren geht, was man 33 Jahre lang versucht hat.“

Für ihn bricht jetzt eine neue Zeit an. Wie er als Ruheständl­er, außerhalb des BCA-Engagement­s, seine Zeit füllen wird, lässt der 66-Jährige auf sich zukommen. „Ich schreibe ein Buch“, hat er sich als Standardan­twort auf die Frage überlegt, was er denn jetzt tun werde.

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Mit Bürgern und Bauherren aus dem Wittelsbac­her Land ins Gespräch kommen – das war Johannes Neumann immer wichtig. Zum Beispiel beim Tag des Denkmals.

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