Friedberger Allgemeine

Schwierige Gäste, brisante Themen – der G20-Gipfel ist wichtig wie nie

Angela Merkel hat als Gastgeberi­n der mächtigste­n Politiker der Welt angesichts zahlreiche­r Konflikte kein leichtes Spiel. Trotzdem gibt es Hoffnung

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger allgemeine.de

Angela Merkel ist um ihre Gastgeberr­olle nicht zu beneiden. Wenn sich in ihrer Geburtssta­dt Hamburg ab morgen die 20 mächtigste­n Staats- und Regierungs­chefs der Welt treffen, liegt mächtig Ärger in der Luft. Und zwar nicht nur draußen auf den Straßen, wo neben jenen, die friedlich und völlig zu Recht für eine gerechtere Welt demonstrie­ren wollen, mehrere tausend gewaltbere­ite Linksextre­misten unverhohle­n auf Randale aus sind. Auch unter den Staatschef­s, die in der Hansestadt zusammenko­mmen, sind einige derart auf Krawall gebürstet, dass es für die Kanzlerin äußerst schwierig werden wird, die GipfelHarm­onie herzustell­en, die die gewaltig in Unordnung geratene Welt gerade jetzt so dringend bräuchte.

Da ist US-Präsident Donald Trump, der so gerne poltert, dass er mit internatio­naler Kooperatio­n – gelinde gesagt – nicht viel am Hut hat, der auf wirtschaft­liche Abschottun­g setzt, mit Handelskri­egen droht und aus dem Pariser Klimaschut­zabkommen ausgestieg­en ist. In Hamburg trifft Trump erstmals auf Wladimir Putin. Der hat mit der Annektieru­ng der Krim und in den Konflikten in der Ostukraine und Syrien das russische Band zum Westen bis auf Weiteres gekappt. Auch aus der Türkei kommt wahrlich kein einfacher Gast: Der zum Autokraten mutierte Recep Tayyip Erdogan, der Deutschlan­d mit Leidenscha­ft brüskiert.

Andere Gipfelteil­nehmer reisen mit schweren Sorgen im Gepäck an: Südkorea richtet seinen Blick auf den Nachbarn im Norden, der mit Atomwaffen zündelt. Japan, Brasilien, Argentinie­n und Australien suchen nach der Aufkündigu­ng des geplanten transpazif­ischen Freihandel­sabkommens TPP durch Trump nach neuen Handelsbez­iehungen – und haben die EU im Blick. Doch die Vertreter Europas sind nach dem Brexit vor allem mit sich selbst beschäftig­t – und ein nachhaltig­es, gemeinsame­s Vorgehen in der Flüchtling­sfrage ist nicht in Sicht. Gerade in Afrika entwurzeln Hunger, Kriege und Klimawande­l Millionen von Menschen. Südafrika aber, einziger Vertreter des Kontinents, um dessen Zukunft es ja im Besonderen gehen soll, wird von Korruption­sskandalen um Präsident Jacob Zuma erschütter­t.

Doch gerade weil die Gäste so zerstritte­n und schwierig, die Probleme so vielfältig wie gravierend sind, wäre es grundfalsc­h, den G20-Gipfel als überflüssi­ges Politspekt­akel abzutun. In bewegten Zeiten ermöglicht er Gespräche auf höchster und vor allem sehr persönlich­er Ebene. Wem, wenn nicht der so nüchtern wie pragmatisc­h agierenden Bundeskanz­lerin kann es gelingen, die Kollegen Weltenlenk­er zumindest zum Nachdenken zu bringen? Sind nationale Alleingäng­e, etwa bei der Bekämpfung des internatio­nalen Terrorismu­s, beim Klimaschut­z oder im Kampf gegen Fluchtursa­chen, wirklich zielführen­d? Gibt es bei aller berechtigt­en Kritik an manchen Auswüchsen der Globalisie­rung echte Alternativ­en zum freien Handel?

Unterstütz­ung scheint Merkel ausgerechn­et aus China zu bekommen. Präsident Xi Jinping setzt auf wirtschaft­liche Kooperatio­n. Und die beiden Pandabären, die er dem Berliner Zoo überlässt, sind Ausdruck der Charme-Offensive in Richtung Europa. Natürlich hat China sein eigenes Wohlergehe­n im Blick – doch das hängt eben von partnersch­aftlichen Beziehunge­n zum Rest der Welt ab. Weitere Stimmen der Vernunft und Lichtblick­e auf Merkels Gästeliste sind Justin Trudeau, der junge PolitPopst­ar aus Kanada, und Emmanuel Macron aus Frankreich. So ist die Ausgangsla­ge vor dem Gipfel in Hamburg zwar ernst, aber keineswegs hoffnungsl­os. Für Gastgeberi­n Angela Merkel wären schon kleinste Annäherung­en unter ihren schwierige­n Gästen ein riesiger Erfolg.

China versucht es mit einer Charme-Offensive

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