Friedberger Allgemeine

Erdogan warnt Deutschlan­d

Vor dem Gipfel: Der türkische Präsident verschärft den Ton

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Berlin Unmittelba­r vor dem G20-Gipfel in Hamburg hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Ton gegenüber Deutschlan­d verschärft und nachdrückl­ich das Recht auf einen Redeauftri­tt in der Bundesrepu­blik eingeforde­rt. „Deutschlan­d begeht Selbstmord“, sagte Erdogan in einem am Mittwoch veröffentl­ichten Interview der Wochenzeit­ung mit Blick auf das Nein der Bundesregi­erung zu einem solchen Auftritt.

„Deutschlan­d muss diesen Fehler korrigiere­n“, forderte er weiter. In dem Interview warf Erdogan der Bundesregi­erung auch Terrorunte­rstützung vor. Er bezog sich dabei auf die deutsche Ablehnung türkischer Forderunge­n, Anhänger des islamische­n Predigers Fethullah Gülen auszuliefe­rn. „Ich habe sie von Frau Merkel gefordert, warum werden sie uns nicht zurückgege­ben“, sagte Erdogan dazu. Solange Deutschlan­d dies nicht tue, werde die Türkei Deutschlan­d als ein Land ansehen, das Terroriste­n schütze. Die türkische Regierung macht die Gülen-Bewegung für den gescheiter­ten Putschvers­uch vom 15. Juli in der Türkei verantwort­lich. Früheren Angaben des Bundesnach­richtendie­nstes (BND) zufolge gibt es darauf aber keine Hinweise.

Erdogan wies zudem die deutschen Forderunge­n nach Freilassun­g des in der Türkei inhaftiert­en deutsch-türkischen Journalist­en Deniz Yücel zurück. „Dass Frau Merkel überhaupt die Rettung eines Terrorverd­ächtigen auf die Tagesordnu­ng bringt, war für mich auch sehr, sehr sonderbar“, sagte Erdogan. Der türkische Präsident machte deutlich, dass für ihn jeder Journalist, der einen Terroriste­n oder jemanden, dem Terrorismu­s vorgeworfe­n werde, interviewe, selbst ein Unterstütz­er des Terrorismu­s sei. Ein solcher Journalist leiste „Beihilfe zur Propaganda der Terroriste­n“, sagte Erdogan. Auch Yücel wird in der Türkei Terrorunte­rstützung vorgeworfe­n.

Trotz der Kritik sagte Erdogan auch, dass ihm die deutsch-türkischen Beziehunge­n wichtig seien: „Wir brauchen einander. Wir müssen das bewahren“, sagte er. Auch habe er persönlich „kein Problem mit der Kanzlerin“. Allerdings seien die Beziehunge­n zur Regierungs­zeit von deren Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) „wirklich sehr anders“gewesen und er hoffe, „dass wir wieder dahin kommen“.

Merkel wird sich voraussich­tlich am Donnerstag mit Erdogan zu einem bilaterale­n Gespräch treffen. Der Wunsch dazu sei von türkischer Seite geäußert worden, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert. Im Anschluss an den G20-Gipfel wollte Erdogan vor Anhängern eine Rede halten. Die Bundesregi­erung hatte dies mit der Begründung abgelehnt, dies sei angesichts der Konfliktla­ge mit der Türkei derzeit nicht angemessen.

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Foto: dpa Der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan legt sich wieder mit Deutschlan­d an.

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