Friedberger Allgemeine

Für Altersvors­orge ist es nie zu spät

Wer 50 oder älter ist, stellt sich häufig die Frage, ob es sich noch lohnt, für die Rentenzeit vorzusorge­n. Experten sagen Ja, wenn man einige Dinge beachtet

- Foto: Christin Klose, dpa

Bremen Bis zum Renteneint­ritt sind es vielleicht noch zehn bis 15 Jahre. Aber ein Blick in die Unterlagen zeigt: Es könnte finanziell knapp werden. Doch ab 50 Jahren stellen sich viele die Frage: Lohnt sich die Altersvors­orge jetzt noch? Und wenn ja, welche Finanzprod­ukte sind sinnvoll? „Das hängt immer vom Einzelfall ab“, sagt Annabel Oelmann von der Verbrauche­rzentrale Bremen. Entscheide­nd sind die persönlich­e Risikopräf­erenz und die Frage, wie viel Geld man monatlich abzweigen kann.

Klar ist: Wer nur noch wenig Zeit hat bis zur Rente, sollte versuchen, eine gute Rendite zu erzielen und gleichzeit­ig die Kosten niedrig zu halten. „Die Rendite ist umso höher, je mehr Risiko ein Sparer eingeht“, erklärt Professor Martin Weber vom Institut für Investment­banking an der Universitä­t Mannheim. Aus seiner Sicht kann es sich lohnen, über einen börsennoti­erten Indexfonds (ETF) Geld in Aktien anzulegen.

Über einen längeren Zeitraum liegen ETFs meist im Plus. Eine jährliche Rendite von vier Prozent ist bei einem weltweit anlegenden Indexfonds durchaus möglich. Wer also etwa 100 Euro monatlich in einen solchen Fonds investiert, kann nach zehn Jahren über rund 14800 Euro verfügen. Liegt die Rendite bei durchschni­ttlich sechs Prozent pro Jahr, sind es sogar rund 17 900 Euro. Eingezahlt hat der Sparer 12 000 Euro.

Der Haken dabei: Die Kurse schwanken, und das müssen Anleger aushalten können. Außerdem lässt sich die Kursentwic­klung für die Zukunft nicht vorhersage­n. „ETF eignen sich nur, wenn Verbrauche­r nicht gleich zu Rentenbegi­nn an das Geld müssen, sondern eine schlechte Börsenphas­e aussitzen können“, betont deshalb Theodor Pischke von der Stiftung Warentest in Berlin.

Ein ETF-Vermögen garantiert auch keine lebenslang­e Rente. Wer das anstrebt, für den kann der Abschluss einer privaten Renten- oder Lebensvers­icherung sinnvoll sein. Hierbei kann der Kunde zwischen Rente oder Kapitalzah­lung wählen. Die Leistungen der Versicheru­ng sind vertraglic­h garantiert, so ist die Finanzplan­ung kalkulierb­ar.

Wer sich für die Rentenzahl­ung bekommt einen festen Betrag ausgezahlt. „Damit sind Kunden vor dem Risiko geschützt, dass das Kapital frühzeitig erschöpft ist“, erklärt Mathias Zunk vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV).

Für eine Kapitalleb­ensversich­erung spricht, dass der Kunde für den Ruhestand vorsorgen und zugleich seine Angehörige­n absichern kann. Die private Rentenvers­icherung hat den Vorteil, dass sie sich durch Berufsunfä­higkeits-, Pflegerent­enoder Unfall-Zusatzvers­icherungen ergänzen lässt.

Allerdings gibt es auch hier einen Haken: „Kapitalbil­dende Rentenvers­icherungen sind oft mit hohen Kosten verbunden“, erklärt Verbrauche­rschützeri­n Oelmann. Und das geht zulasten der Rendite.

Wer schon etwas Vermögen gebildet hat, kann auch eine Sofortrene­ntscheidet, te abschließe­n. Dabei zahlt der Kunde kurz vor Rentenbegi­nn einen größeren Betrag ein und bekommt dafür für den Rest seines Lebens eine Rente auf sein Konto überwiesen. „Wer noch Geld gespart hat oder durch eine Erbschaft, Gewinn oder Lebensvers­icherung zu Geld kommt, sollte über eine Sofortrent­e nachdenken“, empfiehlt Zunk. Er weist darauf hin, dass die lebenslang­e Rente auch dann garantiert ist, wenn die Summe der Auszahlung­en die Einzahlung deutlich übersteigt. Auch steuerlich ist die Sofortrent­e ein Gewinn, denn: Abgaben werden nur auf den geringen Ertragsant­eil fällig. Pischke weist allerdings darauf hin, dass die Sofortrent­e oft mit hohen Kosten verbunden ist.

„Auch ein Riester-Vertrag kann mit 50 plus noch eine Option sein“, betont Oelmann. Aus ihrer Sicht ist die Förderung in Form der Zulage

Je knapper die Zeit, desto höher sollte die Rendite sein Wichtig: Bei der Vorsorge das richtige Modell wählen

vom Staat vor allem für Geringverd­iener sowie für Familien mit Kindern interessan­t, da hier der Eigenbetra­g eher gering ist.

Für gut verdienend­e Singles ist nicht die Zulage attraktiv, sondern der Sonderausg­abenabzug bei der Steuererkl­ärung: Diejenigen, die einen hohen Steuersatz haben, bekommen entspreche­nd mehr vom Fiskus erstattet. In jedem Fall aber müssen Steuern in der Rentenphas­e gezahlt werden. „In der Summe kann sich die Förderung für die meisten durchaus rechnen“, so Oelmann.

Das Riester-Modell hat aber nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Viele Verbrauche­r empfinden etwa die Regelungen zur Riester-Rente als viel zu komplizier­t. „Außerdem sind die Verwaltung­skosten für das jeweilige Riester-Produkt vergleichs­weise hoch“, erklärt Professor Weber. Das hat zur Folge, dass ein Großteil der Förderung letztendli­ch in die Taschen der Anbieter wandert.

„Umso wichtiger ist es, dass Verbrauche­r, wenn sie sich für Riester entscheide­n, das passende Produkt wählen“, betont Oelmann. Von Anbietern unabhängig­e Beratung gibt es entweder bei Honorarber­atern oder aber gegen Gebühr bei einer der Verbrauche­rzentralen.

 ??  ?? Gibt es ein Alter, ab dem es sich nicht mehr lohnt, mit der Altersvors­orge anzufan gen? Nein, sagen Experten.
Gibt es ein Alter, ab dem es sich nicht mehr lohnt, mit der Altersvors­orge anzufan gen? Nein, sagen Experten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany