Friedberger Allgemeine

„Abschiebun­gen aus Schulen sind absolute Ausnahme“

Ministeriu­m verteidigt umstritten Polizeiein­satz in Nürnberg. Gewalt ging offenbar von Linksauton­omen aus

- VON ULI BACHMEIER

München Die Eskalation eines Polizeiein­satzes vor einer Nürnberger Berufsschu­le im Zusammenha­ng mit der versuchten Abschiebun­g eines jungen Afghanen ist offenbar weder protestier­enden Schülern noch der Polizei anzulasten. Nach einem Bericht des Innenminis­teriums sind die Gewalttäti­gkeiten, bei denen Ende Mai zwölf Polizisten verletzt wurden, eindeutig von Aktivisten der linken autonomen Szene ausgegange­n. Kein Abgeordnet­er im Innenaussc­huss zog gestern diese Darstellun­g in Zweifel. Umstritten bleibt aber, ob junge Flüchtling­e zur Abschiebun­g aus einer Schule geholt werden dürfen.

25 Seiten stark ist der Bericht zu den heftig diskutiert­en Ereignisse­n in Nürnberg, den der Inspekteur der bayerische­n Polizei, Thomas Hampel, und der Sachgebiet­sleiter „Ausländer- und Asylrecht“im Innenminis­terium, Hans-Eckhardt Sommer, gestern vorlegten. Nach ihrer Darstellun­g war der Afghane Asef N. für eine Sammelabsc­hiebung am Abend des 31. Mai vorgesehen. Auf Anweisung der Regierung von Mittelfran­ken sollte er deshalb von der Polizei am Morgen in Gewahrsam genommen werden.

Nachdem er in seiner Wohnunterk­unft nicht angetroffe­n werden konnte, fuhren zwei Polizisten zu der Berufsschu­le, wo er an einem Berufsinte­grationsku­rs teilnahm. Bis nach Schulschlu­ss zu warten, sei aus Zeitgründe­n nicht möglich gewesen. Die Polizisten sprachen im Sekretaria­t vor. Der stellvertr­etende Schulleite­r holte Asef N. unter einem Vorwand aus der Klasse. Die Polizisten nahmen ihn in Gewahrsam. Er habe sich dabei kooperativ gezeigt. Als die Polizisten sich mit ihm auf den Weg zum Auto machten, begannen einige Schüler zu protestier­en. Sie blockierte­n die Abfahrt des Autos. Die Polizisten verhandelt­en mit ihnen, akzeptiert­en ihren Protest als legitime Versammlun­g und verteilten sogar Getränke. Eskaliert sei die Situation erst, als Mitglieder der linksauton­omen Szene eingetroff­en waren, die die Polizisten mit Tritten, Schlägen und Flaschenwü­rfen attackiert­en. Die Berufsschü­ler seien daran nicht beteiligt gewesen.

Der oberbayeri­sche CSU-Abgeordnet­e Norbert Dünkel bescheinig­te der Polizei, „umsichtig und klug“gehandelt zu haben. Sein unterfränk­ischer Kollege Manfred Ländner nannte ihr Verhalten sogar beispielha­ft. Der Allgäuer SPD-Abgeordnet­e Paul Wengert sagte, die Beamten hätten „besonnen und deeskalier­end agiert“.

Umstritten aber blieb, ob eine Schule der richtige Ort für eine Festnahme ist. Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulte sagte: „Für uns Grüne ist ganz klar: aus Bildungsei­nrichtunge­n darf nicht abgeschobe­n werden.“Der SPDAbgeord­nete Peter Paul Gantzer widersprac­h. Man solle neben dem Kirchenasy­l jetzt nicht auch noch ein Schulasyl akzeptiere­n. Polizeiins­pekteur Hampel versichert­e, „dass Abschiebun­gen aus Schulen die absolute Ausnahme sind und auch bleiben sollen“. »Kommentar

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Foto: dpa Ein Polizeiein­satz vor einer Schule in Nürnberg eskalierte Ende Mai.

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