Friedberger Allgemeine

Sie sollen es besser machen

Die Unparteiis­chen der Bundesliga bereiten sich in Grassau auf die Saison vor. Wichtiges Thema: der Video-Assistent. Bibiana Steinhaus hat Nachholbed­arf

- VON ANTON SCHWANKHAR­T

Grassau Wenn Fußball-Bundesligi­sten in diesen Tagen mit der Vorbereitu­ng auf die neue Saison beginnen, strömen zum Auftakt nicht selten einige tausend Anhänger zusammen. Etwas weniger spektakulä­r beginnt die Saison-Vorbereitu­ng bei den Schiedsric­htern. Die Elite der deutschen Unparteiis­chen hat sich in Grassau am Chiemsee versammelt. Eine Siebentaus­end-Einwohner-Gemeinde. Der örtliche Kreisligis­t hat die Saison im Mittelfeld abgeschlos­sen. Wenn die 72 Schiedsric­hter der ersten und zweiten Liga sowie die Assistente­n auf dem Trainingsp­latz des ASV an den körperlich­en und mentalen Voraussetz­ungen für die nächste Spielzeit arbeiten, sind sie weitgehend unter sich. Keine Autogrammj­äger, nur ein paar Amateur-Schiedsric­hter schauen vorbei.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) schätzt die Abgeschied­enheit. Hier hat sich zuletzt auch die deutsche U21-Nationalma­nnschaft auf die EM vorbereite­t – und dann den Titel gewonnen. Erfolgreic­h soll es auch für die deutschen Unparteiis­chen weitergehe­n.

Sie hatten nach einer schlechten Saison 2015/16 mit vielen Fehlentsch­eidungen, wie der zuständige DFB-Vizepräsid­ent für das Schiedsric­hterwesen, Ronny Zimmermann, einräumte, nun eine gute hinter sich. Die Zahl der relevanten Fehler ist von 144 auf 104 zurückgega­ngen. Ein weiteres Indiz: Mit Felix Brych und Bibiana Steinhaus leiteten zwei DFB-Referees die beiden Champions-League-Finals. Steinhaus wird zukünftig auch Männer-Bundesliga pfeifen. Nach zehn Jahren in der zweiten Liga hat die 38-Jährige als erste Frau den Sprung ins FußballObe­rhaus geschafft.

Auf dem Pressepodi­um im Sporthotel Achental sitzt sie neben jenen Männern, die über ihren Aufstieg mit entschiede­n haben. Steinhaus sieht erholt aus. Sie hat im Urlaub trainiert, wie jeder, der zur Vorbereitu­ng nach Grassau kommt. Es wird für sie eine besondere Saison werden. Das gilt freilich auch für ihre männlichen Kollegen. Sie alle bekommen einen neuen Mitarbeite­r, den Video-Assistente­n. Einen Kollegen aus Fleisch und Blut, der in einem Kölner Studio via Video und Funkkontak­t Entscheidu­ngshilfen gibt. Steinhaus ist froh über den Neuen: „Er bietet uns zusätzlich­e Sicherheit.“Wer die U20-WM oder zuletzt den Confed Cup in Russland verfolgt hat, wo der Videobewei­s seine internatio­nalen Feuertaufe­n erlebte, ist da nicht so sicher. Vor allem in Russland sorgte die neue Technik für Verwirrung und Fehlentsch­eidungen.

Helmut Krug, ehemaliger DFBSchieds­richter, der seit einem Jahr für die Bundesliga am Projekt Videobewei­s arbeitet, hat den Holperstar­t kommen sehen: „Auf den Con- fed Cup gab es zehn Tage Vorbereitu­ng. Das konnte nicht gut gehen“. Was ihn in Russland besonders gestört hat: „Die Schiedsric­hter sind übertriebe­n oft in den Review-Bereich gelaufen, wo sie sich eine Szene noch einmal anschauen können. Das wird es bei uns nicht geben.“

Das spart Zeit. Beim Confed Cup hatte es oft lange gedauert, bis eine Situation entschiede­n war – dann lag der Unparteiis­che manchmal auch noch falsch, wie im Finale beim Ellbogenst­oß gegen Timo Werner. Anderersei­ts weiß Krug, dass sich das Videosyste­m auch in der Bundesliga erst einspielen muss: „Das wird nicht alles reibungslo­s laufen.“

Für Bibiana Steinhaus heißt es, erst einmal Rückstand aufholen. Weil sie bisher zweite Liga gepfiffen hat, ist sie für das Projekt nicht geschult und kommt als Videoassis­tentin zunächst nicht in Frage. Sie wird den Rückstand aufholen, so wie sie es jetzt nach ganz oben geschafft hat. Um dortzublei­ben, tritt sie in ihrem Beruf als Polizistin kürzer.

Mit dem Videoassis­tenten und Bibiana Steinhaus hat die Schiedsric­hterei zweifellos gewonnen. Die Blondine aus Hannover ist das neue Aushängesc­hild der Branche – ob sie es will oder nicht. Eines, von dem sich die Kamerateam­s in Grassau gestern nur schwerlich verabschie­den konnten. Was sie als Schiedsric­hterin anders mache als ihre Kollegen, war die letzte Frage aus dem Medienpulk. Steinhaus: „Gar nichts. Ich habe einen blonden Pferdeschw­anz. Deshalb stehen Sie doch alle hier.“Damit ist klar: Es wird sich mit dieser Saison auch für die Spieler einiges ändern.

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Foto: Matthias Balk, dpa Gruppenbil­d mit Frau: Bibiana Steinhaus (unten, Dritte von rechts) nimmt zusammen mit ihren Kollegen am Trainingsl­ager teil. Die 38 Jährige wird in der kommenden Saison erstmals Spiele der Ersten Bundesliga leiten.

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