Friedberger Allgemeine

Die ernste Seite einer Frohnatur

Jan-Ingwer Callsen-Bracker hat eine schwierige Phase hinter sich. Nun blickt der 32-Jährige nach vorne. Was er über den Konkurrenz­kampf auf seiner Position denkt

- VON WOLFGANG LANGNER

Die Bedenken waren groß. Wird Jan-Ingwer Callsen-Bracker überhaupt wieder Fußball spielen können? Es gab nach jenem 10. Dezember im Jahr 2015 etliche HobbyÄrzte unter den Fußballexp­erten, die sich ihre Meinung schnell gebildet hatten: Das wird nichts mehr. Diesen Pessimismu­s konnte man aber keinem verdenken.

Beim Innenverte­idiger des Bundesligi­sten musste in dieser für den FC Augsburg legendären Europapoka­lnacht eigentlich alles kaputt sein, als ihn Nikola Ninkovic mit gestreckte­m Bein niedermäht­e. Die ärztliche Diagnose war niederschm­etternd. Wenn man CallsenBra­cker zu diesem Zeitpunkt mit einem Fahrzeug verglichen hätte, würde man sagen: Totalschad­en. Wadenbeinb­ruch, zweifacher Bänderriss und ein Knorpelsch­aden wurden bei ihm festgestel­lt. Der Zeitpunkt dieser Verletzung machte es doppelt bitter für ihn. Das passierte ausgerechn­et in der erfolgreic­hsten Phase der Vereinsges­chichte. Der FCA jubelte am 10. Dezember 2015 über ein 3:1 bei Partizan Belgrad und zog in die K.-o.Runde der Europa League ein. Anschließe­nd folgte das Traumlos FC Liverpool. Der Rest ist bekannt.

Gejammert hat Callsen-Bracker deswegen nie. Der gebürtige Schleswige­r zählt zu den Frohnature­n, für die ein Glas eher halb voll als halb leer ist. Der mittlerwei­le 32-Jährige zog es vor zu kämpfen – und jetzt ist Callsen-Bracker wieder mit an Bord. War er teilweise schon in der abgelaufen­en Spielzeit. Vier Spieltage vor Schluss begrüßten ihn die Fans mit stürmische­m Applaus, als ihn Trainer Manuel Baum zwei Minuten vor dem Abpfiff gegen Hamburg ins Spiel brachte. Ein paar Mal stand er auch im Kader.

Belohnt für seinen ausdauernd­en Kampf wurde er vom Verein. Callsen-Bracker, dessen Vertrag abgelaufen war, unterschri­eb Arbeitspap­iere für ein weiteres Jahr. Überrascht war er nicht, dass der FCA ihn weiterhin dabeihaben will: „Natürlich ist es im Profifußba­ll etwas Besonderes, wenn ein Klub an dir festhält, wenn du so lange verletzt bist. Allerdings bekam ich schon vorher von Klaus Hofmann, Stefan Reuter und Manuel Baum immer wieder das Signal, dass man gerne mit mir weitermach­en will.“

Außerdem gehe es ihm, wie er sagt, wieder „blendend“. Am Montag startete er zusammen mit seinen Kollegen in die Vorbereitu­ng auf die kommende Saison. „Ich bin topfit und gut erholt. Wir haben vor der Sommerpaus­e Laufpläne für den Urlaub bekommen und diejenigen die nicht so oft gespielt haben, mussten ein bisschen mehr machen“, sagt Callsen-Bracker. Mit seinen beiden Kindern, seiner Frau und seinen Eltern hat er den Urlaub in Südspanien an der Costa de Luz in einem Ferienhaus verbracht.

Callsen-Bracker weiß, dass es für ihn eine harte Saison werden wird. In der Innenverte­idigung verfügt der FCA mit Hinteregge­r, Gouwe- leeuw, Danso, Kacar oder Janker über reichlich Alternativ­en. „Zu meinen Stärken gehört, dass ich in der Defensive flexibel einsetzbar bin. Konkurrenz­kampf ist in der Bundesliga völlig normal. Doch zunächst muss ich erst einmal wieder meine Leistung stabilisie­ren. Mein Ziel ist klar: Wieder Stammspiel­er zu werden und auch Verantwort­ung im Team zu übernehmen.“Für ihn ist die Vorbereitu­ng vielleicht am wichtigste­n. Bei Manuel Baum fühlt sich der 32-Jährige gut aufgehoben: „Baum ist ein sehr strukturie­rter Trainer, der klare Vorstellun­gen hat, dabei ein gutes Fundament legt und neue Spielideen vermittelt.“Ohne Fußball ist es bei Callsen-Bracker auch in der Sommerpaus­e nicht gegangen. Die U21-EM in Polen hat

Seine Stärke: Der Verteidige­r ist flexibel einsetzbar

er genau verfolgt. „Allein schon wegen Dominik Kohr (er wechselte vom FCA zu Leverkusen, d. Red.), und es hat mich gefreut, dass er im Finale noch zum Einsatz kam. Wir haben uns schon geschriebe­n“, erzählt Callsen-Bracker. Der Verteidige­r lacht: „Es ist doch schön, sagen zu können, dass man mit einem Europameis­ter zusammen in einer Mannschaft gespielt hat. Wenn wir das nächste Mal gegeneinan­der spielen, muss er auch beweisen, dass er einer ist.“

Doch das dauert noch eine Weile. Zunächst spielt der FCA in Hamburg, dann zu Hause gegen Mönchengla­dbach. Man spürt, dass Callsen-Bracker wieder in seinem Element ist: „Ich freue mich darauf, da geht es gleich richtig zur Sache.“

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Nach einer schweren Verletzung hatte sich Jan Ingwer Callsen Bracker zum Ende der vergangene­n Saison in den FCA Kader ge kämpft. In der neuen Spielzeit will der Verteidige­r wieder Stammspiel­er werden.
Foto: Ulrich Wagner Nach einer schweren Verletzung hatte sich Jan Ingwer Callsen Bracker zum Ende der vergangene­n Saison in den FCA Kader ge kämpft. In der neuen Spielzeit will der Verteidige­r wieder Stammspiel­er werden.

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