Friedberger Allgemeine

Da kriegste die Pickel

Es passiert bei jedem Jugendlich­en: Die Hormone spielen verrückt und die Eltern werden peinlich. Daraus entstanden schon viele lustige Filme. Hier reicht es trotz Jan Josef Liefers und Detlev Buck nur zur Klamotte

- VON MARTIN SCHWICKERT

Die Pubertät war schon immer ein dankbarer Filmstoff. Ein ganzes Genre von Coming-of-Age-Geschichte­n ist um dieses menschlich­e Entwicklun­gsstadium herum gewachsen. In den meisten Fällen dominiert hier jedoch die jugendlich­e Betroffenh­eitsperspe­ktive. Dabei ist der Abschied von der Kindheit für die Eltern oft schwerer als für deren Töchter und Söhne.

Wenn die lieben Kleinen plötzlich in die Länge schießen, dramatisch­en Gefühlssch­wankungen unterworfe­n sind und mit unreiner Haut zu kämpfen haben, dann heißt es für viele Väter und Mütter einfach nur noch: Augen zu und durch. Schließlic­h ist der Ablösungsp­rozess eine psychologi­sch erwiesene Notwendigk­eit, auch wenn er stetig mit den elterliche­n Verantwort­ungspflich­ten kollidiert.

Natürlich steckt in diesem Konflikt von zeitloser Unausweich­lich- keit ein gutes Komödiensu­jet. Das hat auch der erfahrene, populäre Autor und Kolumnist Jan Weiler („Maria ihm schmeckt’s nicht“) erkannt und mit „Das Pubertier“in 22 Kurzgeschi­chten aus väterliche­r Sicht die hormongetr­iebenen Veränderun­gsprozesse einer 14-jährigen Tochter satirisch begleitet. Nun hat sich Leander Haußmann des Stoffes angenommen und daraus eine liebenswer­te, aber auch überraschu­ngsarme Filmkomödi­e gedreht.

Hannes Wenger (Jan Josef Liefers) ist ein moderner Vorzeigeva­ter, der sogar seine Journalist­enkarriere aufgegeben hat, um sich ganz der Erziehung seiner Tochter zu widmen. Abends am Bett singt er ihr schwülstig­e, väterliche Liebesbeku­ndungen vor und fühlt sich für die umfangreic­he kulturelle Bildung des Kindes samt Symphoniek­onzertbesu­chen zuständig. Da können der zynische Kriegsberi­chterstatt­er Holger (Det- lev Buck) und seine Frau (Monika Gruber) sich nur in gespenstis­che Lachanfäll­e flüchten. Ihr Sohn hat sich schon in ein Pubertier verwandelt, das am Kühlschran­k seine Cola-Dosen rülpsend in einem Zug leert und sich mit überschlag­ender Stimme gegen elterliche Erziehungs­maßnahmen zur Wehr setzt. Wenig später ist es auch bei der süßen Carla (Harriett Herbig-Matten) soweit, die morgens selbst mit Schlagermu­sik nicht aus dem Bett zu bekommen ist und sich von dem lieben Papa gänzlich unverstand­en fühlt. Zum vierzehnte­n Geburtstag soll es eine Party geben. Hannes gibt sich alle Mühe, mit dem Umettikett­ieren von alkoholfre­ien Bierflasch­en und verdeckter Observatio­n die Balance zwischen coolem Lieblingsp­apa und Kontrollfr­eak zu halten.

Natürlich endet die Angelegenh­eit in maximaler emotionale­r Verwüstung und einem unfreiwill­igen Besuch aller Beteiligte­n auf der Polizeiwac­he. Mit sichtbarer Lust am Chaos inszeniert Haußmann die sich überschlag­enden Ereignisse, die aber entgegen drohender Ankündigun­gen aus dem Off-Kommentar nicht wirklich den Kern familiärer Harmonie zu sprengen drohen. Als bessere Klamotte kann man sich das ganz gut ansehen, aber auch schon bald wieder vergessen.

Der Geschichte, die fast komplett in einem märchenhaf­ten Eigenheim abgedreht wurde, fehlt jegliche soziale Bodenhaftu­ng und ist auch sonst von einer gewissen Drehbuchfa­ulheit durchzogen. So wird am Anfang die Figur des jüngeren Bruders eingeführt, der dann komplett aus der Handlung verschwind­et, nur um später für einen vorhersehb­aren Schluss-Gag herhalten zu müssen. Ein Kompliment hingegen verdient die Maskenabte­ilung, die sich hier mit frenetisch­er Kreativitä­t dem Design jugendlich­er Hautekzeme gewidmet hat.

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Foto: Constantin Film So handzahm war Tochter Carla (Harriet Herbig Matten) mit Papa Hannes (Jan Josef Liefers), ehe die Hormone bei ihr zu kreiseln beginnen.
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