Was machte Titos altes Flugzeug über Augsburg?
Eine Maschine der „Flying Bulls“, einer Werbeflotte des Energydrink-Unternehmens Red Bull, fliegt am Flugplatz ein Manöver, das bei Anwohnern für Ärger sorgt. Nun überprüft das Luftamt die Angelegenheit
Augsburg Das Flugzeug hat eine bewegte Geschichte und, wenn man so will, einen weiten Weg hinter sich. Vom ehemaligen Jugoslawien nach Afrika, von da aus nach Österreich. Einst gehörte die Maschine des Typs DC 6 dem jugoslawischen Diktator Tito, der sie luxuriös aufmöbeln ließ und 1975 an Sambias damaligen Staatschef Kenneth Kaunda verkaufte. Später gammelte sie am Flughafen in Lusaka ein paar Jahre vor sich hin, ehe sie ein Pilot der „Flying Bulls“entdeckte, eine Art Werbeflotte von Red Bull. So kam die DC6 nach Salzburg.
Auf der Homepage der Flying Bulls wird heute nicht nur von der „beeindruckenden Vergangenheit“des viermotorigen Flugzeugs geschwärmt, sondern auch damit geprahlt, es imponiere durch seine Größe, „seine unverwechselbare Retrolackierung und die unglaublich luxuriöse Inneneinrichtung“. Der Weg, den die DC6 am 25. Juni hinter sich brachte, einem Sonntag, war unspektakulärer als ihre Historie. Von Frankfurt aus, wo der „Tag der Luftfahrt“stattgefunden hatte, flog ein Pilot die Maschine zurück nach Österreich, es ging über Augsburg. Soweit, so normal. Am Flugplatz allerdings kam es zu einem Manöver der Maschine, das nun für Unmut sorgt.
Offenbar keine ganz neue Situation um die Flotte: Im Internet lassen sich viele Kommentare von Menschen finden, die sich von manchen Tiefflügen und Manövern der Flying Bulls begeistert zeigen. Es gibt aber auch vereinzelt kritische Stimmen. Erwin Gerblinger, Anwohner der kleinen Siedlung „Sieben Häusle“in der Nähe des Augsburger Flugplatzes, ist zumindest von dem Manöver in Augsburg nicht gerade begeistert. Man könnte auch sagen: Er ist ziemlich verärgert. Denn das Flugzeug, sagt er, sei an dem Abend gegen 18.50 Uhr nur äußerst knapp über einige Bäume in der Neuburger Straße geflogen. Gerblinger, der für die CSU im Bezirkstag sitzt, hielt sich zu dem Zeitpunkt mit seiner Familie und Nachbarn auf der Terrasse auf. Alle, sagt er, hätten die Situation gleich wahrgenommen. Gerblinger spricht von einem „Beinahe-Unfall“; das große Flugzeug, sagt er, sei aus seiner Einschätzung vielleicht noch 50 Meter vom Boden entfernt gewesen. Eine gefährliche Situation aus seiner Sicht, da die Maschine in den Bäumen hätte hängen bleiben können. Gerblinger erinnert an einen Vorfall vor vier Jahren, als ein Flugzeug in einer Leitung hängenblieb und im Bereich der Siedlung auf ein Gartengrundstück stürzte. Der Pilot wurde damals schwer verletzt, die Anwohner kamen mit dem Schrecken davon.
Fachleute sagen, es sei schwierig, vom Boden aus einzuschätzen, in welcher Höhe sich ein Flugzeug tat- sächlich befindet, auch wenn es vergleichsweise nah dran ist. Eine Situation kann bedrohlicher wirken, als sie es vielleicht war. Wie tief die DC 6 nun tatsächlich über Augsburg flog, ist noch nicht bekannt. Über die Homepage flightradar24, auf der fast alle Flugbewegungen ziviler Luftfahrzeuge aufgezeichnet werden, ist zumindest ersichtlich, dass die Maschine der Flying Bulls am 25. Juni erheblich tiefer über Augsburg flog, als sie es davor oder danach tat. Die Deutsche Flugsicherung DFS gibt auf Anfrage grundsätzliche Auskunft: Demnach muss bei Flügen im Sichtflug über Städten, dicht besiedelten Gebieten und Menschenansammlungen eine Mindesthöhe von 300 Metern eingehalten werden. Anhaltspunkt ist das höchste Hindernis innerhalb eines Umkreises von 600 Metern. In allen anderen Fällen, also abseits von Städten und dicht besiedelten Gebieten, liegt die Mindesthöhe bei 150 Metern. Zu dem konkreten Flug selbst könne man zur Zeit noch nichts sagen, da das Luftamt Südbayern die Angelegenheit gerade überprüfe und dazu die entsprechenden Daten angefordert habe, heißt es von der Behörde. Abgeschlossen ist die Überprüfung noch nicht. Das Luftamt Südbayern bestätigt aber, es seien zu dem Flug „mehrere Beschwerden“eingegangen, also nicht nur jene von Gerblinger. Wie die Sache ausgeht, ist noch unklar. Von der Polizei heißt es, der Pilot habe beim Tower in Augsburg ein Durchstartmanöver beantragt und genehmigt bekommen. Beim Augsburger Flughafen selbst möchte man sich zu der Angelegenheit allerdings nicht groß äußern, da sie ja aktuell vom Luftamt überprüft werde. Dafür antwortet „The Flying Bulls GmbH“. Tatsächlich sei beim Tower in Augsburg ein sogenannter „Low Approach“zu Übungszwecken angefragt worden, also ein Überflug der Landebahn ohne Landung, aber mit geplantem Durchstarten. Dies sei auch genehmigt worden. Das Unternehmen teilt mit, beim Überflug der Landebahn sei die DC6 noch etwa 100 Meter über dem Boden gewesen. Die vorgeschriebenen Sichtanflugund Sichtabflugwege sowie auch die vorgeschriebenen Höhen seien jederzeit eingehalten worden.