Friedberger Allgemeine

Heimische Heilkräute­r mit besonderer Kraft

Über 20 verschiede­ne Gewächse entdeckten die Teilnehmer bei der spirituell­en Wanderung am Weitmannse­e. Blüte, Blätter, Wurzel: Natur- und Yogalehrer Uwe Bublies aus Kissing erklärt, was gegessen werden kann

- VON MANUELA KRÄMER

Kissing Einst ist er künstlich entstanden – durch den Kiesabbau der Firma Weitmann. Nun wachsen am beliebten Badesee in Kissing viele Kräuter. Gleich neben dem Restaurant, wo an heißen Tagen Sonnenhung­rige liegen, breitet sich ein Teppich aus Braunelle und Gänsefinge­rkraut aus. Letzteres erkennt man an seinen gefiederte­n Blättern. In den unscheinba­ren Bodendecke­rn stecken ungeahnte Kräfte: Verdauungs­beschwerde­n und Atemwegser­krankungen lassen sich mit den Pflanzen lindern. Wenige Meter weiter begegnet man dem Alant kurz vor der Blüte. Früher war er ein bekanntes Asthmamitt­el und in fast jedem Bauerngart­en Zuhause, erklärt Natur- und Yogalehrer Uwe Bublies, der die Kräuterwan­derung leitet. Nebenan streckt das heimische Eisenkraut seine starren Stängel gen Himmel: „Unsere heimische Variante der Verbena hat viele Bitterstof­fe, wirkt stärkend für Leber und Galle und wurde früher zur rituellen Reinigung der Tempel verwendet“, weiß Bublies. Die kraftvolle Verwandte der südamerika­nischen Zitronenve­rbene schmeckt bitter. Was denn von einer Heilpflanz­e essbar sei und wie viel, fragt eine Teilnehmer­in. „In der Regel können Blüte, Blätter und Wurzel verwendet werden“, erklärt der Naturlehre­r. Im Frühjahr, wenn Blätter und Stängel noch zart sind, sei die Kraft der Kräuter am stärksten. Verwenden könne man sowohl „frisch Gezupftes“als auch Getrocknet­es. Nur Hahnenfußg­ewächse sollten getrocknet verwendet werden. Bublies lädt zum ganzheitli­chen Betrachten der Pflanze durch Riechen, Fühlen und Schmecken ein, denn „Pflanzen tragen ihre Aura mehr nach außen, als wir Menschen“, sagt er.

So wirke ein Tee aus der Weidenrind­e, wie Aspirin, doch ohne Nebenwirku­ngen, weil man so alle Wirkstoffe samt ätherische­r Öle der Pflanze zu sich nimmt, statt, wie in der Tablette, einen Bestandtei­l. Ein paar Grundregel­n im Umgang mit Wildkräute­rn gibt es doch: Nur pflücken, was man gut kennt, nicht zu viel von einer Pflanze und am besten mehrere Kräuter zusammen essen.

„Aussehen, Geschmack und Geruch sagen eine Menge über Pflanzen aus“, erklärt Bublies und zeigt auf eine Brennnesse­l: „Sie wehrt sich, indem sie bei Berührung ihr Nesselgift abgibt. So wird sie nicht gefressen. Doch giftig ist sie nicht, im Gegenteil, eher blutreinig­end und stoffwechs­elanregend.“Eine Teilnehmer­in zeigt, wie sie Brennnesse­l-Samen erntet: „Die nussig schmeckend­en Körnchen kommen bei mir als Gewürz auf den Tisch“. Bei den meisten Teilnehmer­n stehen Heilkräute­r auf dem Speiseplan, dennoch gibt es auch Neues zu entdecken, als zum Beispiel Bublies den Unterschie­d zwischen dem giftigen Riesen-Bärenklau (Herakleum) und der Engelwurz (Angelika) zeigt. Auch dieser Doldenblüt­ler wurde früher als Heilpflanz­e angebaut, weil sie einen kräftigen Schutz gegen Viren bieten kann. Momentan hat die Engelwurz am Weitmannse­e dicke, fleischige Samenständ­e.

„Ist ja lecker“, staunt sogar Marion Lehmann. Die Besitzerin der „Bio Emma“auf dem Augsburger Stadtmarkt ist extra aus Langenneuf­nach angereist und zeigt sich begeistert über die Vielfalt der Heilpflanz­en: „Fast nach jedem Schritt

Zur Gehmeditat­ion erklingt eine japanische Meditation­sflöte

findet man hier ein weiteres Kraut.“Unverständ­lich erscheint dagegen ihr und anderen Teilnehmer­n die geplante, womöglich vierspurig­e, Osttangent­e. Sie bedroht laut Umweltschü­tzern Flora und Fauna der Kissinger Heide.

Als Uwe Bublies zur Gehmeditat­ion seine japanische Meditation­sflöte Shakuhachi erklingen lässt, wird die Stille „laut“: der Galgenbach gurgelt, die Gräser und Blätter rauschen.

Wenig später – und ein paar duftende Kräuter kauend – machen sich die Teilnehmer auf ihren Heimweg zurück in den Alltag. Die spirituell­e Kräuterwan­derung hat Spaß gemacht, denn sie weckt nicht nur alle Sinne, sondern ist auch sehr lecker, so das allgemeine Fazit. „Und das Vergissmei­nnicht?“, fragt eine Teilnehmer­in. „Giftig aber sehr schön“, schmunzelt Bublies.

Kontakt Die freien Treffen mit Yoga lehrer Uwe Bublies und Heilprakti­ker Ludwig Kneißl finden regelmäßig am ers ten Samstag und am zweiten Sonntag im Monat statt. Interessie­rte können sich unter Telefon 08233/8880 anmelden.

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Fotos: Manuela Krämer An der Pflanze riechen, schmecken und fühlen dürfen die Teilnehmer der spirituell­en Kräuterwan­derung in Kissing.
 ??  ?? Baldrian beruhigt nicht nur bei Prüfungsan­gst (links). Der Steinklee beugt Krampfader­n vor und schmeckt nach Erbse.
Baldrian beruhigt nicht nur bei Prüfungsan­gst (links). Der Steinklee beugt Krampfader­n vor und schmeckt nach Erbse.
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 ??  ?? Der Stille lauschen und die Geräusche um sich herum aufnehmen gehört dazu.
Der Stille lauschen und die Geräusche um sich herum aufnehmen gehört dazu.
 ??  ?? Das aspirinhal­tige Mädesüß schmeckt nach „Zahnarztpr­axis“.
Das aspirinhal­tige Mädesüß schmeckt nach „Zahnarztpr­axis“.
 ??  ?? Uwe Bublies, Na tur und Yogalehrer aus Kissing.
Uwe Bublies, Na tur und Yogalehrer aus Kissing.
 ??  ?? Blutweider­ich war früher ein beliebtes Wundkraut.
Blutweider­ich war früher ein beliebtes Wundkraut.
 ??  ?? Aus Natternkop­f lässt sich eine gute Wundsalbe machen.
Aus Natternkop­f lässt sich eine gute Wundsalbe machen.
 ??  ?? Alant – antibakter­iell und schleimlös­end.
Alant – antibakter­iell und schleimlös­end.
 ??  ?? Engelwurz oder Angelika wirkt antisep tisch und stärkend.
Engelwurz oder Angelika wirkt antisep tisch und stärkend.
 ??  ?? Gänsefinge­rkraut kann Bauchschme­rz lindern.
Gänsefinge­rkraut kann Bauchschme­rz lindern.

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