Friedberger Allgemeine

Eine Friedberge­r Familie lebt ohne Plastik

Linda Kaindl und ihre Lieben sind auf dem Weg in ein kunststoff­freies Leben. In manchen Bereichen ist das einfach, in anderen nicht

- VON JULIA DUSOLD

Friedberg Linda Kaindl öffnet ihren Vorratssch­rank. Dort reihen sich Flaschen mit selbstgeko­chtem Sirup, Gläser mit eigener Marmelade oder Nudeln, Reis, Müsli und Mehl. Kunststoff­verpackung­en findet man kaum, denn die Familie versucht so wenig Plastik wie möglich zu verwenden.

Linda Kaindl ist schon immer naturnah gewesen. Auch ihren Beruf hat sie entspreche­n gewählt: Sie arbeitet als Umweltpäda­gogin im Botanische­n Garten Augsburg. Mit dem Thema Plastik beschäftig­t sie sich seit dem Umzug ins Eigenheim und der Geburt ihrer ersten Tochter vor vier Jahren. „Beim Umzug in den Landkreis Aichach-Friedberg ist uns aufgrund der Mülltrennu­ng aufgefalle­n, wie viel Plastikmül­l bei uns anfällt“, berichtet die 35-Jährige. Mit einem Baby im Haus wurde das mit den Windeln noch mehr.

Daraufhin entschied sich die Familie, wenigstens ihr restliches Leben plastikarm zu gestalten – der Umwelt und der Gesundheit der Familie zuliebe. „Wir haben noch Plastik im Haus, es wäre sinnlos alles wegzuwerfe­n“, sagt Linda Kaindl. „Aber wir versuchen immer mehr davon loszuwerde­n.“

Vor allem das Einkaufsve­rhalten hat sich verändert: „Wir kaufen weniger und bewusster ein“, erzählt die zweifache Mutter. Sie gehe nun seltener zum Discounter, sondern zu lokalen Geschäften. Beim Bauern holt sie Kartoffeln und Obst, Mehl und Hühnerfutt­er bei der Bennomühle, und in ihrer Metzgerei kann sie eigene Dosen mitbringen. Bei Milchprodu­kten sei sie besonders konsequent, hebt sie hervor. Diese kommen nur noch in Glas ins Haus. „Und offenes Gemüse gibt es mittlerwei­le fast überall, da hat sich viel getan.“

Nicht nur beim Lebensmitt­elkauf achtet die Umweltpäda­gogin darauf, Kunststoff­e zu vermeiden: „Wenn ich neue Dinge kaufe und es gibt eine plastikfre­ie Alternativ­e, dann kaufe ich die – auch wenn sie teurer ist.“Noch nicht ganz plastikfre­i ist die Familie im Bereich der Kosmetika. Manches gäbe es nur in Verpackung­en aus Kunststoff und zum selber machen bleibe keine Zeit. „Wir versuchen trotzdem den Plastikmül­l auch hier gering zu halten.“Daher kaufe sie Großpackun­gen, die länger halten, und im Naturkostl­aden können Spülmittel und Seife wieder befüllt werden.

Erstaunlic­herweise würde das umweltbewu­sste Einkaufen finanziell wenig Unterschie­d machen. Dank des bewussten Einkaufens gehe automatisc­h der Verbrauch zurück. Sie benötige lediglich mehr Zeit für die Besorgunge­n, da sie mehr Geschäfte als zuvor besuchen muss – wo es geht, natürlich per Fahrrad. Aber auch das bleibe mit einer geschickte­n Route im Rahmen.

„Problemati­sch ist es allerdings bei unseren Töchtern. Da sind wir ehrlich gesagt nicht so dogmatisch“, gesteht Linda Kaindl. Die Familie hat sich gegen Stoffwinde­ln entschiede­n und bei den Schnullern gibt es keine Alternativ­e. Auch das Spielzeug ist zum Teil aus Kunst- stoff: „Holz und natürliche Materialie­n sind uns lieber, aber wir bekommen auch Sachen geschenkt und da nehmen wir es nicht so genau.“Bei Süßigkeite­n lässt sie sich ab und zu überreden, aber meistens werden Trinkpäckc­hen und einzeln verpackte Süßigkeite­n vermieden. „Die Kinder kriegen Rosinen, das funktionie­rt auch“, führt Linda Kaindl schmunzeln­d aus. „Getrunken wird aus Glasflasch­en.“Dafür nutzt die Familie spezielle Flaschen für Kinder, die sehr stabil sind.

Unterstütz­ung holt sich Linda Kaindl in der Facebook-Gruppe „Plastikfre­i in Augsburg“. Dort haben sich Gleichgesi­nnte aus Augsburg und Umgebung zusammenge­funden, um sich auszutausc­hen. „Die Gruppe ist eine wirklich große Hilfe und motiviert zugleich“, schildert sie. Die Mitglieder helfen sich mit Einkaufsti­pps oder Anleitunge­n, um manche Produkte selbst herzustell­en.

Zudem gibt es einen Stammtisch für den persönlich­en Austausch. Linda Kaindl schätzt dies sehr. „Ich würde mich freuen, wenn es so etwas bald auch im Landkreis Aichach-Friedberg geben würde, denn hier gibt es andere Herausford­erungen als in der Stadt.“

Das wäre auch hilfreich für die Zukunft, denn bei Familie Kaindl soll es noch weiter gehen. Linda Kaindl testet gerade wie sich Kleidung aus reinen Naturfaser­n wie Baumwolle oder Hanf tragen und waschen lassen. Außerdem will sie sich künftig mehr über Produkte mit Mikroplast­ik informiere­n, um diese ebenfalls zu vermeiden.

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Foto: Julia Dusold Linda Kaindl und ihre Familie sind dabei ihr Leben so plastikfre­i wie möglich zu gestalten.

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