Friedberger Allgemeine

Der Schnellweg zum Radl Landkreis

Das Wittelsbac­her Land hat in der Region Augsburg den Anschluss verloren. Jetzt beginnt die Aufholjagd. Kann der Drahtesel wirklich die Alternativ­e zum Auto werden?

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Aichach Friedberg Wenn’s mal so schnell auf den Radwegen durchs Wittelsbac­her Land geht, wie Verkehrspl­aner Ralf Kaulen im Landratsam­t durch sein Konzept strampelte, dann ist die Zukunft für die Mobilität auf zwei Rädern sehr flott. Kreisrätin Marion Brülls (Grüne) war bei der Sitzung des Kreisentwi­cklungsaus­schusses jedenfalls schwer beeindruck­t vom Vortrag des Radverkehr­s-Experten und von seinem Tempo: „Sie waren nicht mit dem Fahrrad unterwegs, sondern mit dem ICE.“Auch die anderen Kreisräte zeigten sich angetan und brachten mehrheitli­ch ein Radverkehr­skonzept für den Kreis auf den Weg. Einigkeit herrschte bei der mehrteilig­en Beschlussf­assung, dass die Kreisverwa­ltung sofort mit einer halben Stelle mit den Vorarbeite­n losgelegt und ein Fachbüro für das Konzept sucht. Dass für das Konzept bereits jetzt 100000 Euro in den Haushalt 2018 eingestell­t werden sollen, ging vier Kreisräten allerdings zu schnell. Insbesonde­re Matthias Stegmeir (CSU) trat auf die Bremse: Bestandsau­fnahme ja, Vorarbeite­n ja, aber keine finanziell­e Vorfestleg­ung.

Dabei hat der Kreis schon Zeit verloren und muss jetzt den Anschluss in der Region finden, wie Landrat Klaus Metzger in der Sitzung einräumte. Wie berichtet, sorgte das Thema in einer Kreistagss­itzung im Mai für Ärger. Denn bereits vor eineinhalb Jahren beantragte die Grünen-Fraktion, ein Fachbüro einzuschal­ten. Der Kreisentwi­cklungsaus­schuss beauftragt­e die Verwaltung, das zu prüfen. In einer Bürgermeis­ter-Dienstbesp­rechung wurde das Radkonzept diskutiert und insbesonde­re auf Wunsch der Stadt Friedberg zum regionalen Verkehrsko­nzept ausgeweite­t. Man sei sich einig gewesen, dass alle Verkehrsst­röme in der gesamten Region betrachtet werden müssten, hieß es damals. Die Grünen waren sauer und der große Wurf blieb aus, weil die befragten Kommunen in der Region Augsburg offensicht­lich kein Interesse hatten.

Die Stadt Augsburg ist schon ein paar Jahre voraus, gab gleich eine Planung in Auftrag und will bis 2020 „Fahrradsta­dt“sein. Auch der Kreis Augsburg hat so ein Radkonzept bereits beschlosse­n. Stadt und Kreis arbeiten übrigens mit dem Münchner Planungsbü­ro von Ralf Kaulen zusammen. Die drei Konzepte sollen ineinander­greifen.

Kaulen ist bis dato nicht beauftragt, er stellte nun seine Ideen dem Ausschuss „unverbindl­ich“vor. In Kurzfassun­g: Ausbau der Radl-Infrastruk­tur in einer einheitlic­hen Handschrif­t. Verknüpfun­g von Radverkehr mit ÖPNV-Angeboten. Verbesseru­ng von Service und Informatio­n, Aktionen und Kommunikat­ion um das Rad als Verkehrsmi­ttel attraktive­r zu machen und auch Förderung des Radtourism­us. Wobei es vorrangig um eine Förderung des Alltags-Radverkehr­s als Alternativ­e zum Auto geht. Kaulens Ansatz: „Wo und wie würden die Radfahrer fahren, wenn sie gut fahren könnten?“Bei touristisc­hen Radwegen sei der Kreis nicht schlecht aufgestell­t, bestätigte Brülls: Es gehe um Radler, die nicht den schönsten, sondern den schnellste­n Weg in die Arbeit oder für eine Besorgung brauchen. Insbesonde­re der E-Bike-Trend beschleuni­ge das Thema, ist den Kreisräten klar.

Gerade deswegen müsse auf die Tube gedrückt werden, so Landrat Metzger mit Blick auf zögerliche Stimmen. Stegmeir verwies auf seine Eindrücke aus dem Wittelsbac­her Land mit seinen größeren Distanzen: An Sonntagen und bei gutem Wetter seien Radwege nicht gerade überfüllt. Eva Ziegler (Unabhängig­e) hat einen anderen Blickwinke­l auf die Mobilität: „Bei unserem Klimaschut­zkonzept liegen wir zurück.“Allein der Verkehrsse­ktor in der Region soll demnach seinen Ausstoß an Kohlendiox­id um 28 Prozent reduzieren. Ein wesentlich­er Anteil zu dieser Reduzierun­g würde die verstärkte Nutzung des Fahrrades bringen. »Kommentar

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Die touristisc­hen Ziele im Wittelsbac­her Land, wie hier der Burgplatz in Oberwittel­sbach, sind durch Radwege gut erschlosse­n. Ein Radverkehr­skonzept soll vor allem die Infrastruk­tur für die Alltagsrad­ler und die Ver knüpfung mit Bus und Bahn verbessern.
Foto: Michael Hochgemuth Die touristisc­hen Ziele im Wittelsbac­her Land, wie hier der Burgplatz in Oberwittel­sbach, sind durch Radwege gut erschlosse­n. Ein Radverkehr­skonzept soll vor allem die Infrastruk­tur für die Alltagsrad­ler und die Ver knüpfung mit Bus und Bahn verbessern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany