Der Schnellweg zum Radl Landkreis
Das Wittelsbacher Land hat in der Region Augsburg den Anschluss verloren. Jetzt beginnt die Aufholjagd. Kann der Drahtesel wirklich die Alternative zum Auto werden?
Aichach Friedberg Wenn’s mal so schnell auf den Radwegen durchs Wittelsbacher Land geht, wie Verkehrsplaner Ralf Kaulen im Landratsamt durch sein Konzept strampelte, dann ist die Zukunft für die Mobilität auf zwei Rädern sehr flott. Kreisrätin Marion Brülls (Grüne) war bei der Sitzung des Kreisentwicklungsausschusses jedenfalls schwer beeindruckt vom Vortrag des Radverkehrs-Experten und von seinem Tempo: „Sie waren nicht mit dem Fahrrad unterwegs, sondern mit dem ICE.“Auch die anderen Kreisräte zeigten sich angetan und brachten mehrheitlich ein Radverkehrskonzept für den Kreis auf den Weg. Einigkeit herrschte bei der mehrteiligen Beschlussfassung, dass die Kreisverwaltung sofort mit einer halben Stelle mit den Vorarbeiten losgelegt und ein Fachbüro für das Konzept sucht. Dass für das Konzept bereits jetzt 100000 Euro in den Haushalt 2018 eingestellt werden sollen, ging vier Kreisräten allerdings zu schnell. Insbesondere Matthias Stegmeir (CSU) trat auf die Bremse: Bestandsaufnahme ja, Vorarbeiten ja, aber keine finanzielle Vorfestlegung.
Dabei hat der Kreis schon Zeit verloren und muss jetzt den Anschluss in der Region finden, wie Landrat Klaus Metzger in der Sitzung einräumte. Wie berichtet, sorgte das Thema in einer Kreistagssitzung im Mai für Ärger. Denn bereits vor eineinhalb Jahren beantragte die Grünen-Fraktion, ein Fachbüro einzuschalten. Der Kreisentwicklungsausschuss beauftragte die Verwaltung, das zu prüfen. In einer Bürgermeister-Dienstbesprechung wurde das Radkonzept diskutiert und insbesondere auf Wunsch der Stadt Friedberg zum regionalen Verkehrskonzept ausgeweitet. Man sei sich einig gewesen, dass alle Verkehrsströme in der gesamten Region betrachtet werden müssten, hieß es damals. Die Grünen waren sauer und der große Wurf blieb aus, weil die befragten Kommunen in der Region Augsburg offensichtlich kein Interesse hatten.
Die Stadt Augsburg ist schon ein paar Jahre voraus, gab gleich eine Planung in Auftrag und will bis 2020 „Fahrradstadt“sein. Auch der Kreis Augsburg hat so ein Radkonzept bereits beschlossen. Stadt und Kreis arbeiten übrigens mit dem Münchner Planungsbüro von Ralf Kaulen zusammen. Die drei Konzepte sollen ineinandergreifen.
Kaulen ist bis dato nicht beauftragt, er stellte nun seine Ideen dem Ausschuss „unverbindlich“vor. In Kurzfassung: Ausbau der Radl-Infrastruktur in einer einheitlichen Handschrift. Verknüpfung von Radverkehr mit ÖPNV-Angeboten. Verbesserung von Service und Information, Aktionen und Kommunikation um das Rad als Verkehrsmittel attraktiver zu machen und auch Förderung des Radtourismus. Wobei es vorrangig um eine Förderung des Alltags-Radverkehrs als Alternative zum Auto geht. Kaulens Ansatz: „Wo und wie würden die Radfahrer fahren, wenn sie gut fahren könnten?“Bei touristischen Radwegen sei der Kreis nicht schlecht aufgestellt, bestätigte Brülls: Es gehe um Radler, die nicht den schönsten, sondern den schnellsten Weg in die Arbeit oder für eine Besorgung brauchen. Insbesondere der E-Bike-Trend beschleunige das Thema, ist den Kreisräten klar.
Gerade deswegen müsse auf die Tube gedrückt werden, so Landrat Metzger mit Blick auf zögerliche Stimmen. Stegmeir verwies auf seine Eindrücke aus dem Wittelsbacher Land mit seinen größeren Distanzen: An Sonntagen und bei gutem Wetter seien Radwege nicht gerade überfüllt. Eva Ziegler (Unabhängige) hat einen anderen Blickwinkel auf die Mobilität: „Bei unserem Klimaschutzkonzept liegen wir zurück.“Allein der Verkehrssektor in der Region soll demnach seinen Ausstoß an Kohlendioxid um 28 Prozent reduzieren. Ein wesentlicher Anteil zu dieser Reduzierung würde die verstärkte Nutzung des Fahrrades bringen. »Kommentar