Hundertfacher Betrug im Internet?
Zwei Männer aus der Region sollen mit sogenannten Fake-Shops betrogen haben. Sie sollen Geld für Waren kassiert haben, die es gar nicht gab. Warum so viele Opfer auf die falschen Angebote reinfielen
Sie bestellten Schuhe, Werkzeuge für den Heimwerkerbedarf und Elektronikartikel. Oder Parfüms und Mittel, um das Muskelwachstum zu beschleunigen. Die Kunden bestellten alles Mögliche, und sie zahlten dafür per Vorkasse. Doch die Ware, auf die sie warteten, kam nie an, weil es sie nicht gab. Die vermeintlichen Internet-Shops waren nicht die seriösen Versandhändler, als die sie ausgegeben wurden, sondern das Werk von Internetkriminellen. Gefälschte Internetseiten, sogenannte Fake-Shops.
Für mehr als 20 dieser Seiten sollen zwei Männer aus der Region verantwortlich sein. Ein heute 30 Jahre alter Mann, der von den Anwälten Dominik Hofmeister und Julia Weiß verteidigt wird, und ein 31-Jähriger, den Sophie Bechdolf, Anke Stiefel-Bechdolf und Klaus Rödl vertreten. Die Staatsanwaltschaft Augsburg wirft den Angeklagten vor, mit der Masche mehrere hundert Menschen um ihr Geld gebracht zu haben. Mal bestellten die Geschädigten Artikel im Wert von zwölf oder 14 Euro, mal zahlten sie mehr als 500 Euro. Der Gesamtschaden, den die Angeklagten angerichtet haben sollen, beläuft sich auf mehr als 130000 Euro.
Keine kleine Summe. Die gefälschten Internetseiten, um die es nun in einem Prozess vor der ersten Strafkammer des Augsburger Landgerichtes ging, waren gut gemacht: Sie wirkten echt, was auch daran lag, dass sie teilweise offenbar recht genaue Kopien tatsächlicher Internetshops waren, wie ein ermittelnder Beamter im Zeugenstand erklärte. Detailliert legte der Polizist in der Verhandlung dar, um welche Homepages es ging und wie die Täter vorgingen: Die Seiten waren auf Menschen angemeldet, die nicht existierten. Angegebene Telefonnummern führten ins Nirgendwo; E-Mail-Adressen liefen auf Namen von Personen, die es nicht gab. Um nicht aufzufliegen, nutzten die Täter Computerserver im Ausland, etwa in den Niederlanden. Sie gaben falsche Personalien an und eröffneten auch bei deutschen Banken Konten unter falschen Namen.
Die angeklagten Taten liegen bereits eine Weile zurück, sie ereigne- ten sich zwischen März 2013 und Februar 2014. Sie hinterließen damals ein Datenwirrwarr mit vielen Verbindungen, aber einige Spuren, welche die Täter damals hinterließen, führten die Ermittler in den Augsburger Raum. Etwa, weil bei einer Bankfiliale in Augsburg Geld abgehoben wurde, das die Ermittler einem der Fake-Shops zuordneten. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei führten schließlich zu zwei Verdächtigen aus dem Landkreis Donau-Ries.
Eben jene Männer, die nun als Angeklagte vor dem Landgericht saßen. Eigentlich hatten die Männer nach den Erkenntnissen der Ermittler darauf geachtet, dass sie Bankautomaten nutzten, die nicht videoüberwacht sind. In einem Fall allerdings soll einer der Männer Geld abgehoben haben und dabei gefilmt worden sein.
Wie das Verfahren letztlich ausgeht, ist noch ziemlich offen. Am ersten Verhandlungstag hatte sich keiner der Angeklagten zu den Vorwürfen geäußert. Die Beweislage ist kompliziert. Sollte die Kammer alle potenziellen Geschädigten persönlich anhören, würde es ein Mammutverfahren. „Dann bräuchten wir 40 Verhandlungstage“, sagte der Vorsitzende Richter Claus Pätzel. Ein Gespräch zwischen dem Gericht, dem Staatsanwalt und den Verteidigern der Angeklagten, in dem ausgelotet werden sollte, ob eine Verständigung zwischen den Verfahrensbeteiligten möglich ist, brachte zunächst kein Ergebnis.
Aus terminlichen Gründen wurde die Hauptverhandlung nun erst einmal ausgesetzt, was bedeutet, dass der Prozess voraussichtlich im Oktober noch einmal neu gestartet wird.