Eine Reise fernab des Tourismus So könnt ihr für die Hilfsorganisationen spenden
Julia Linscheid flog für vier Wochen mit zwei Freunden nach Likoni in Kenia. Dort arbeiteten sie in einem Waisenheim und in einem Krankenhaus. Was sie dort erlebten und wofür sie kein Verständnis aufbringen konnten
Aichach Friedberg/Kenia Im Sommer sind Spanien und Italien beliebte Reiseziele, im Winter die Alpen. Ganz andere Pläne hatte die Aichacherin Julia Linscheid. Die 21-Jährige flog im August 2016 für einen Monat mit ihren Freunden AnnaLena Hoppmann und Jonas Bradl nach Kenia. Dort arbeiteten die drei als freiwillige Helfer in Likoni, einem der ärmeren Stadtteile der kenianischen Küstenstadt Mombasa. Die Halbinsel Mombasa Island liegt im Osten des Landes. Es gibt zwar einen Flughafen, nach Likoni kommt man aber nur mit der Fähre.
Vier Wochen arbeitete Linscheid in einem Waisenheim, das die gemeinnützige Organisation „Little Angels“errichtet hat. Auch eine Schule befindet sich auf dem Gelände. „Durch eine Freundin wurde ich auf die Hilfsorganisationen in Likoni aufmerksam“, erzählt sie. Ihre Ausbildung als Erzieherin habe ihr dabei geholfen, mit den Drei- bis 17-Jährigen umzugehen. 24 Kinder leben dort im Heim. Die Lebensfreude begeisterte Linscheid besonders. Das, sagt sie, kenne sie von deutschen Kindern nicht. 80 Buben und Mädchen aus der Nachbarschaft besuchen dort den Unterricht. „In der ersten Woche habe ich die Lehrer unterstützt, Vokabelhefte gestaltet und mit Kindern gespielt“, erinnert sich Linscheid.
Besonders in den Küstenregionen leben anders als im sonst christlich geprägten Kenia viele Muslime. Einige Schüler mussten trotz Ferien einen muslimischen Unterricht besuchen. Kleinere Sprachbarrieren gab es zwar, meist habe es aber geklappt, die Spiele ohne viel Sprache zu erklären. Die Kinder werden zwar auf Englisch unterrichtet, weiter verbreitet ist aber die zweite offizielle Amtssprache Swahili.
Die Organisation setzt sich für Hilfe zur Selbsthilfe ein. Um die Ausgaben für Lebensmittel zu senken, kaufte die Schule Farmland, auf dem Gemüse angebaut und ver- kauft wird. Lehrer sollen dadurch ein höheres Gehalt bekommen. Das durchschnittliche Monatseinkommen in Kenia liegt umgerechnet derzeit bei rund 60 Euro. Die Miete für eine einfache Hüttenbehausung kostet aber schon zehn Euro. Um weiteres Geld aufzubringen, wurden sie kreativ: „Eine Frau hat Tetrapak-Milchtüten gesammelt, gewaschen und für einen Cent verkauft“, erzählt Linscheid. Die Tüten seien nämlich als Schnupftabakbehälter gut geeignet.
In der ersten Woche hatte die Erzieherin aus Aichach ein eigenes Zimmer im Waisenheim. „Wir hatten dort kein fließendes Wasser. Ich musste mich mit einem Eimer duschen“, erinnert sie sich. „Es war eine Erfahrung, wie man mit wenig auskommt.“In der zweiten Woche zog sie in ein Krankenhaus, das rund 15 Minuten mit dem Motorradtaxi vom Waisenheim entfernt liegt. Ein kenianischer Arzt hatte dort ein kleines Krankenhaus in der Größe einer Arztpraxis. Die Patienten konnten nur ambulant behandelt werden, weil der Platz nicht reichte. Für einen Umbau besaß er zwar ein passendes Grundstück, hatte aber nicht genug Geld. Die Hilfsorganisation „Likoni – Healthcare for all“sammelte Spenden und half dabei, das Gebäude zu erweitern.
Ein Vorfall blieb Linscheid, die auch eine Nachtschicht im Hospital leistete, bis heute in Erinnerung: Die 60-jährige Jona „wurde in einem Slum in Timwani in einer Hüttenbehausung gefunden“, erzählt Linscheid. Sie konnte kaum laufen und war unterernährt. Die Ärzte dachten, sie sei blind. Wie sich herausstellte, hatte sie eine Augenentzündung und konnte durch eine Operation geheilt werden.
Der Neubau des Krankenhauses nahm im Laufe der Zeit mehr Gestalt an. „Als wir dort waren, war nur das Erdgeschoss in Betrieb. Im ersten Stock ist mittlerweile ein Operationssaal“, sagt Linscheid.
Einen Tag verbrachten sie und ihre Freunde mit den Kindern und Lehrern des Waisenheims am Strand. Fünf Minuten mit dem Bus liegt dieser entfernt. Es gab Pilau, ein traditionelles Maisgericht mit Fleisch. Sonst aßen sie meist Ugali, ein Maisbrei mit Linsen, Gemüse und Bohnen. „In Timwani haben wir Kleidung, Essen, Medikamente und Matratzen gekauft und an Bedürftige verteilt.“Für eine Mahlzeit seien sie Wochen später noch dankbar gewesen, erzählt Linscheid.
Auf einer Safari trafen sie und ihre Freunde eine Gruppe Touristen: „Viele regten sich auf, keinen Kaffee zu bekommen“, kritisiert Linscheid. Stattdessen gab es nur Tee. Solche Äußerungen seien schwer verständlich, wenn man die andere Seite Kenias kennt.