Friedberger Allgemeine

Immer Ärger mit dem Dispo

Eine Bank ruft ihren Kunden an, um ihn auf eine bevorstehe­nde Lastschrif­t hinzuweise­n. Er sorgt dafür, dass sein Konto gedeckt ist, und rutscht doch ins Minus. Wie kann das sein und warum sind Sollzinsen so hoch?

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Eines vorweg: Helmut Rohrmann ist eigentlich zufrieden mit seiner Bank. Eigentlich. Doch seit etwa einem Monat ärgert sich der Tierarzt aus Mickhausen über die Raiffeisen­bank Stauden. Das Finanzamt wollte eine größere Summe von seinem Konto abbuchen. Das wusste er und hatte sein Konto deshalb über das Onlinebank­ing stets im Blick. An einem Montag Mitte Juni bekam er dann einen Anruf von seiner Bank. Die Abbuchung stehe an, hieß es. Rohrmann überwies also Geld und ging davon aus, dass sein Konto gedeckt ist. Doch als er Ende des Monats auf den Kontoauszu­g schaute, stellte er zu seiner Überraschu­ng fest, dass Sollzinsen in Höhe von 14,93 Euro abgebucht worden waren. Denn das Finanzamt hat den Betrag nicht am Montag, sondern schon am Freitag eingezogen. Das Konto war also kurze Zeit im Minus. Die 15 Euro seien verschmerz­bar, findet Rohrmann. Was schwerer wiegt, ist, dass er nun das Gefühl hat, sich nicht mehr auf die Bank verlassen zu können.

Die Raiffeisen­bank Stauden sieht den Vorgang anders. Wie alles abgelaufen sei, möchte Thomas Walter, Vorstand der Bank, mit Verweis auf das Bankgeheim­nis nicht sagen. Er erklärt aber an einem anderen Beispiel, dass das Vorgehen der Bank normal sei: Bei einer Lastschrif­t erteilt der Kunde einem Unternehme­n die Erlaubnis, Geld von seinem Konto einzuziehe­n. Dieses Unternehme­n fragt zu einem bestimmten Termin, den es dem Kunden mitteilen muss, bei der Bank an, um das Geld zu bekommen. Ist das Konto nicht gedeckt, hat die Bank die Möglichkei­t, noch einen Tag zu warten, ob es noch kommt. In manchen Fällen, so Bank-Chef Walter, würden Betreuer dann Kunden auf die bevorstehe­nde Überweisun­g aufmerksam machen. „Das ist aber nicht unsere Aufgabe“, sagt Walter. Der Knackpunkt: Ist am zweiten Tag nach der Anfrage des Unternehme­ns genug Geld auf dem Konto, gibt die Bank den Betrag frei. Dieser wird, so erklärt es Walter, aber schon am Vortag eingezogen. Das Konto ist also für einen Tag im Minus. „Buchhalter­isch ist das nicht anders möglich“sagt Walter.

Für Kunden wie Helmut Rohrmann ist das schwer nachvollzi­ehbar. Das weiß auch Sascha Straub, Finanzexpe­rte bei der Verbrauche­rzentrale Bayern. Er sagt: „Wenn die Bank anruft, sollte sich ein Kunde auch darauf verlassen können.“Für Fälle wie den von Helmut Rohrmann gibt es Schlichtun­gsstellen, sagt Straub. Kunden einer Volksund Raiffeisen­bank können sich an die Ombudsleut­e des Bundesverb­ands der Deutschen Volksbanke­n und Raiffeisen­banken wenden. Bei den Sparkassen ist es die Schlichtun­gsstelle beim Deutschen Sparkassen­und Giroverban­d. Für Privatbank­en sind Ombudspers­onen beim Bankenverb­and zuständig. Solche Fälle seien allerdings nicht häufig, sagt Straub. Viel schwerer wiegt aus seiner Sicht, dass sich die meisten Menschen gar keine Gedanken über die Höhe ihrer Dispozinse­n machen.

Die Stiftung Warentest untersucht seit Jahren die Dispozinse­n, die Banken auf Konten erheben. Und sie kommt seit Jahren zum gleichen Ergebnis: Die Zinsen sind viel zu hoch. Für das aktuelle Heft

wurden die Dispozinse­n von 1377 Sparkassen, Volks- und Raiffeisen­banken und Privatbank­en untersucht. Im deutschlan­dweiten Durchschni­tt liegt der Zinssatz bei 9,78 Prozent. Und damit knapp zehn Prozentpun­kte über dem aktuellen Leitzins der EZB. Er gibt an, zu welchem Zinssatz sich Banken bei der Europäisch­en Zentralban­k Geld leihen, und liegt schon seit längerem bei null Prozent. 2008 lag die Differenz bei acht Prozentpun­kten. 2010 waren Dispozinse­n im Schnitt fast zwölf Prozentpun­kte höher.

„Bei der aktuellen Zinslage und wenn man eine Bearbeitun­gsgebühr für die Banken und einen Risikopuff­er einrechnet, falls das Geld nicht zurückbeza­hlt wird, ist das immer noch viel zu hoch“, urteilt Verbrauche­rschützer Straub. „Dann sollten die Zinsen im unteren einstellig­en Bereich liegen“, sagt er.

ist nicht ganz so streng: „Ein akzeptable­r Zins für die Kontoüberz­iehung liegt unserer Meinung nach bei acht Prozent“, heißt es in dem Heft. Straub sagt hingegen, dass das Risiko für eine Bank, ihr Geld nicht zurückzube­kommen, in Deutschlan­d äußerst gering sei. Zudem ergibt eine aktuelle Auswertung der Schufa, dass zu 90,7 Prozent der dort gelisteten Personen ausschließ­lich positive Informatio­nen vorliegen.

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Foto: J. Büttner, dpa Für die Stiftung Warentest sind die Dis pozinsen viel zu hoch.

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