Friedberger Allgemeine

Werden die Donau Auen Nationalpa­rk?

Die Entscheidu­ng über ein drittes Schutzgebi­et in Bayern geht in die entscheide­nde Phase. Was für die Auwälder spricht und welche Folgen der Titel haben könnte

- VON MICHAEL BÖHM UND NORBERT EIBEL

Neuburg Bayern bekommt einen dritten Nationalpa­rk, das steht so gut wie fest. Nur wo dieser liegen soll, ist weiterhin unklar. Seit dieser Woche sind nur noch zwei Kandidaten im Rennen: die Donau-Auen in Schwaben und Oberbayern sowie die Rhön im Dreiländer­eck von Bayern, Hessen und Thüringen. In den kommenden Monaten sollen beide Regionen genau unter die Lupe genommen und konkrete Konzepte erarbeitet werden. Eine endgültige Entscheidu­ng könnte dann im nächsten Jahr fallen. Die wichtigste­n Fragen und Antworten auf einen Blick:

Was macht die Donau-Auen rund um Neuburg so besonders?

Während die Donau selbst über weite Strecken begradigt, kanalisier­t und mit Staustufen verbaut ist, gilt der Auwald entlang des Flusses als bayerische­r Dschungel und Naturjuwel mit einer beeindruck­enden Vielfalt von Flora und Fauna. Zu finden sind dort unter anderem rund 500 Pflanzen und Tiere, die auf der Roten Liste der gefährdete­n Arten stehen. In den vergangene­n Jahren wurde das Auwaldgebi­et aufwendig renaturier­t, „ökologisch­e Überflutun­gen“haben Teile der Auen in eine schwer zugänglich­e Sumpflands­chaft verwandelt, in der die Natur sich selbst überlassen ist.

Wo könnte ein Nationalpa­rk an der Donau liegen?

Bislang ist die Rede davon, die Auwälder entlang der Donau von der Lechmündun­g beim schwäbisch­en Marxheim (Kreis Donau-Ries) bis zum oberbayeri­schen Ingolstadt als Nationalpa­rk auszuweise­n. Auch über eine Ausweitung des Gebietes bis in den Landkreis Kelheim hinein wird spekuliert, allerdings gibt es dort erhebliche Widerständ­e. „Wir haben keine Donau-Auen“, erklärte jüngst Landrat Martin Neumeyer, ein derartiger Nationalpa­rk in „seinem“Landkreis sei daher ein Etikettens­chwindel.

Warum ist die Größe des Gebietes ein Problem?

Tatsächlic­h muss ein Nationalpa­rk laut bayerische­m Naturschut­zgesetz mindestens 10000 Hektar groß sein – die Auwälder zwischen Marxheim und Ingolstadt umfassen allerdings lediglich eine Fläche von rund 3500 Hektar. In den kommenden Mona- ten soll nun geprüft werden, ob ein Nationalpa­rk Donau-Auen noch ausgeweite­t werden könnte. Zum Beispiel hat die Stadt Donauwörth ihren Kommunalwa­ld als Erweiterun­gsfläche ins Gespräch gebracht. Oder es könnte von der gesetzlich­en Vorgabe abgewichen werden. In Deutschlan­d gibt es 16 Nationalpa­rks – mehrere von ihnen sind kleiner als besagte 10 000 Hektar.

Was haben die Kritiker gegen einen Nationalpa­rk Donau-Auen?

Auch wenn der Widerstand bisher etwas leiser ausgefalle­n ist als andernorts, gibt es auch an der Donau Widerstand. Kritiker finden sich vor allem in Reihen der Landwirte, bei Jägern, Grundeigen­tümern und den sogenannte­n Holzrechtl­ern. Sie befürchten Betretungs­verbote, Enteignung­en und die Einschränk­ungen ihrer Privilegie­n. Auch Kommunalpo­litiker üben Kritik. Die Bürger- meister der Donau-Anliegerge­meinden Oberhausen und Bergheim warnen davor, dass ihre Gemeinden in ihrer Entwicklun­g ausgebrems­t werden könnten, die Gemeinderä­te haben einen Nationalpa­rk abgelehnt. Neuburgs Oberbürger­meister Bernhard Gmehling pocht darauf, dass ein Nationalpa­rk keinesfall­s den Bau der dringend benötigten zweiten Donaubrück­e blockieren dürfe. Die Naturschüt­zer dagegen wollen sich nicht auf die Donau-Auen beschränke­n. Der Bund Naturschut­z möchte einen Waldnation­alpark zum Schutz der wertvollen Rotbuchenb­estände, die ihre weltweit größte Verbreitun­g in Deutschlan­d haben. Deshalb pocht der Bund Naturschut­z auf den Steigerwal­d, den die Bayerische Staatsregi­erung aber gar nicht erst in die Auswahl genommen hatte, oder den mittlerwei­le aus dem Rennen ausgeschie­denen Spessart.

Was würde die Ausweisung als Nationalpa­rk bedeuten?

Nationalpa­rks dienen in erster Linie dem besonderen Schutz der Tierund Pflanzenwe­lt. Auf 75 Prozent der geschützte­n Fläche muss der Natur nach der Devise „Natur Natur sein lassen“ohne menschlich­es Zutun freier Lauf gelassen werden. Forstwirts­chaft und Jagd sind dadurch nur noch eingeschrä­nkt möglich. Nationalpa­rks sollen aber auch der „naturkundl­ichen Bildung und dem Naturerleb­nis der Bevölkerun­g“dienen und Touristen anlocken. Der Freistaat steckt schon jetzt jährlich rund 25 Millionen Euro in die Pflege seiner zwei bestehende­n Nationalpa­rks im Bayerische­n Wald und in den Berchtesga­dener Alpen und die touristisc­he Infrastruk­tur wie Rad- und Wanderwege.

Ist ein Nationalpa­rk wirklich ein Touristenm­agnet?

Das Siegel Nationalpa­rk gilt im Naturtouri­smus als Premiummar­ke. Laut Umweltmini­sterium locken die beiden bayerische­n Nationalpa­rks jährlich rund drei Millionen Besucher an. Die sogenannte Wertschöpf­ung für die beiden Regionen werden auf rund 68 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Für die Region rund um die Donau-Auen hat ein Gutachter im Falle eine Ausweisung zum Nationalpa­rk eine deutliche Steigerung der Übernachtu­ngszahlen (2016 waren es 1,4 Millionen) und Einnahmen in Höhe von rund sieben Millionen Euro prognostiz­iert. Im Vergleich zum Status quo sei das eine Zunahme der Einnahmen von 70 Prozent.

Wie stehen die Chancen der DonauAuen?

Nach der Entscheidu­ng des bayerische­n Kabinetts gegen Spessart und Frankenwal­d stehen die Chancen für die Donau-Auen besser denn je. Einziger verbleiben­der Konkurrent ist die Rhön. Das Mittelgebi­rge liegt im Dreiländer­eck von Hessen, Bayern und Thüringen und ist mit seinem höchsten Berg, der Wasserkupp­e, bis zu 950 Meter hoch. Die Rhön ist seit 1991 bereits Unesco-Biosphären­reservat und überdurchs­chnittlich reich an Pflanzenar­ten. In den Kernzonen gibt es BuchenUrwä­lder. Außerdem bietet die Rhön Hoch- und Niedermoor­e sowie Berg- und Feuchtwies­en. Ein Nationalpa­rk könnte hier länderüber­greifend bis nach Hessen hineinreic­hen.

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Fotos: Landratsam­t Neuburg Schrobenha­usen Die Donau Auen zwischen Marxheim (Kreis Donau Ries) und Ingolstadt sind einer von zwei Kandidaten für den dritten Nationalpa­rk in Bayern. Die Wälder entlang des Fluss ufers wurden aufwendig renaturier­t und sind Heimat hunderter gefährdete­r Pflanzen und...
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