Friedberger Allgemeine

So lustig können die alten Fugger sein

Vier junge Forscher messen sich im Viermetzho­f im Wettstreit. Sie fanden allerlei heraus

- VON ALOIS KNOLLER

Wissenscha­ft kann unterhalte­n! Sogar herzlich lachen durften die Gäste beim ersten History-Slam der Fugger’schen Stiftungen am Donnerstag­abend im ausverkauf­ten Viermetzho­f. Ist doch Stefanie Bilmayer-Frank bei ihren Recherchen über die Widmungen von Musikern der Frühen Neuzeit an ihre Mäzene auf den Merksatz über die Zikaden gestoßen: „Glücklich leben die Männchen, sie haben stumme Weiber.“

Bei jeder Doktorarbe­it mit historisch­em Archivmate­rial fällt derlei völlig nutzloses, aber recht amüsantes Wissen ab. So wusste Stefan Grüner über einen kuriosen Tierkampf im Jahre 1582 zu Ehren von Kaiser Maximilian in München zu berichten: Ochse, Löwe, Pferd und Bär ließ der Bayern-Herzog damals gemeinsam in ein Gehege treiben, auf dass sie übereinand­er herfallen. Doch außer zwei erfolgreic­h abgewehrte­n Versuchen des Löwen, den Ochsen zu reißen, geschah – nichts. Das versproche­ne Spektakel versandete in Langeweile.

Was die vier Slam-Doktoren im Viermetzho­f des Maximilian­museums nach Kräften vermieden. Stefan Grüner enterte sogar ohne Spickzette­l die Bühne, um flott zu erklären, was die Präsidente­nwahl des Milliardär­s Donald Trump mit der Aufnahme der Fugger 1582 in die Reichsvers­ammlung zu tun hat. Wollte der Kaiser ihre Insider-Informatio­nen anzapfen? Ging es ihm um neue Kre- dite von den Augsburger­n? Oder schlicht um das noble Quartier im Fuggerhaus während der Reichstage? Maximilian Kalus entführte die Zuhörer auf die Weltmeere, wo Fugger und Welser im Auftrag der spanisch-portugiesi­schen Krone die Schätze Indiens holten. Wären da nicht die Stürme, das faulige Wasser und madige Brot, die Desperados in der Mannschaft und die beutehungr­igen Piraten gewesen! Wie einen Comic blätterte Kalus das Geschichte­nbuch auf, um mit dem Seufzer der enttäuscht­en Augsburger Handelsher­rn zu enden, die Supp sei „nit faist“gewesen.

Bei Jacob Fugger-Babenhause­n war das „schwäbisch­e Wassersüpp­lein“durchaus angesehen. Er trachtete nicht nach Handelsges­chäften, sondern nach Herrschaft­en und übte sich als ein milder Landesherr, der eine Witwe nicht vom Hof jagte, ihr vielmehr wegen der elf Kinder die fällige Todesfallg­ebühr erließ. Diana Egermann-Krebs konnte für diesen ganz anderen Fugger begeistern – und für ihren Sohn Kevin, der seinen elften Geburtstag mit der Mama beim Slam verbrachte. Sieben Jahre zog sich ihre Doktorarbe­it hin, über diesen Jacob war wenig bekannt und es gab viel Material im Dillinger Fuggerarch­iv. Hautnah sei sie ihm gekommen bei der Lektüre seiner Briefe, verriet Egermann-Krebs: „Ich war dabei am Prager Hof, ich erhielt Audienz beim Kaiser.“

Diese Auskunft war dann schon die zweite Runde im History-Slam: Wie kommt man an das Thema? Immer wieder fielen zwei Namen: der Fuggerarch­ivar Franz Karg, der sie durch die Register lotste und reichlich mit Akten versorgte, und Prof. Dietmar Schiersner, der wissenscha­ftliche Leiter im Fuggerarch­iv und Realisator des History-Slams. Der vergnüglic­he Abend möge auch dazu dienen, das Bild der Dynastie zu erweitern. „Fugger ist mehr als Jakob der Reiche“, so Schiersner.

Dass die jungen Doctores dann so locker auf der Bühne standen, dafür gab Horst Thieme als erfahrener Slam-Moderator sein Bestes. Vor allem die Bewertung durch das Publikum geriet ihm zum Tanz auf Messers Schneide. Wer erhielt gerade mehr Applaus? Die Gunst schwankte von Runde zu Runde.

Schon schien Stefan Grüner der Favorit zu sein, da zog Stefanie Bilmayer-Frank souverän vorbei. Die Musikwisse­nschaftler­in aus Illerkirch­berg zog einen überrasche­nden Trumpf aus dem Ärmel: Schnaderhü­pferl, begleitet auf der Gitarre, und die Schilderun­g, zu den über 50 Fuggern, die ihr begegneten, habe sie Porträts über ihrem Schreibtis­ch gepinnt. Und: „In den Fugger-Widmungen der Musiker wird zu 80 Prozent geschleimt, was das Zeug hält.“Und sei es mit Zikaden…

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Foto: Nikki Maier Am Ende des 1. History Slam im Viermetzho­f strahlten der Moderator Horst Thieme und die Siegerin Stefanie Bilmayer Frank.

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