Altes Malerteam, neue Farbe
Für den Friedberger Betrieb Wolf ist der Auftrag an der Kissinger Burgstallkapelle etwas besonderes. Genau dieselben Arbeiter waren bereits vor 33 Jahren am Werk
Kissing In diesen Tagen schauen viele Kissinger zwischen den Bäumen hindurch zum Burgstall hinauf, um zu sehen, ob die Kapelle schon vom Baugerüst befreit wurde. Denn erst dann entfaltet der neue ockerfarbene Anstrich des Kissinger Wahrzeichens seine volle Wirkung.
Nach zwei Wochen intensiver Streicharbeit haben die Maler vom Friedberger Fachbetrieb Wolf ihre Arbeit beendet. Der Auftrag war für Firmenchef Jürgen Wolf und sein Team nicht alltäglich. Denn exakt in der gleichen Besetzung, zusammen mit Manuela Dambor und Johann Gabriel, stand er bereits vor 33 Jahren mit dem Pinsel in der Hand auf dem Gerüst am Burgstall. „Damals 1984 war noch mein Vater Rudolf Wolf Geschäftsführer und wir strichen die Fassade in weiß-blau“, erinnert er sich. Auf Empfehlung des Landesdenkmalamts entschied man sich nun für einen ockergelben Anstrich. Maßgeblich an der Farbänderung beteiligt war Restaurator und Kirchenmaler Hans Pfister aus Egling. Er entnahm an versteckten Stellen, wie etwa im oberen Simsbereich der Kuppel, Farbproben, und stellte fest, dass die historische Farbgebung ins Ocker ging. An der Südseite wurde die Bemusterung vorgenommen und auch vom Landesdenkmalamt für gut geheißen. „Den extremen Kontrast wie mit der weiß-blauen Farbgebung haben wir nun nicht mehr“, erklärt Jürgen Wolf. War man damals in der Gestaltung der Pfeilervorlagen und Gesimse für ein Madonnenblau, das sich sehr stark von den weißen Flächen abhob, sind nun die Farbkontraste moderat.
Die Pfeilervorlagen und Gesimse wurden gemäß der klassischen Ausführung in einer etwas helleren Ockerfarbe als die großen Flächen gestrichen. Je nach Lichtspiegelung treten die Farbunterschiede mal kaum, mal stärker hervor. Regelmäßig kam auch Diplom-Ingenieur Anton Kriesch als verantwortlicher Architekt auf die Baustelle, um die Fortschritte und die neue farbliche Wirkung zu begutachten. Aufgrund von Regenfällen musste auch mal ein Arbeitstag ausgesetzt werden, aber mit den Renovierungsarbeiten liegt man gut im Zeitplan. Ende Juli war für die Fertigstellung anvisiert worden und so könnte die Gelübdeprozession vom 17. August bereits zu einem komplett gerüstfreien Gotteshaus hinaufführen. „Damals haben wir das Gerüst noch selber aufgebaut“, erinnert sich Jürgen Wolf. „Heute macht das alles längst eine eigene Firma“.
Manuela Dambor war vor 33 Jahren im ersten Ausbildungsjahr und erinnert sich noch gut daran, wie frisch es bei der Arbeit oben auf dem Baugerüst war. „Wir hatten ja auch Oktober und der Wind pfiff uns schon gelegentlich um die Ohren.“Ihr Kollege Johann Gabriel hingegen weiß noch genau die Anzahl der Stufen zum Burgstall hinauf. „Wer mehrmals täglich mit dem Farbeimer in der Hand hinaufsteigt, vergisst das nicht mehr so schnell“, erklärt er.
Ein sportliches Unterfangen war der Überholungsanstrich so gesehen auf jeden Fall. Höhere Kosten kommen durch den Farbwechsel aber nicht auf die Kirchengemeinde zu. „Ich muss eine bestimmte Anstrichfolge und Materialstärke aufbringen, damit die Lebensdauer auch bei extremer Witterung gegeben ist“, erklärt Jürgen Wolf. „Da spielt es keine Rolle, ob der Untergrund gelb oder blau ist.
Kostenintensiv könnte der Farbwechsel jedoch für die Ortsvereine werden, denn viele von ihnen haben den blau-weißen Burgstall als Emblem auf ihren bestickten Fahnen. Auch in der Touristikwerbung müssen langfristig die Prospektabbildungen des Kissinger Wahrzeichens aktualisiert werden. Große Debatten wird der Farbwechsel auf „Kissings Heiligem Berg“aber vermutlich nicht auslösen.
Malermeister Jürgen Wolf fällt als Beispiel dazu der historisch bedingte Farbwechsel bei der Restaurierung der Meringer Pfarrkirche an. „Auch dort gab es viele kritische Stimmen, als von rot auf grün gewechselt wurde. Doch inzwischen spricht keiner mehr davon. So wird es auch hier am Burgstall sein“, zeigt er sich überzeugt.
Kissing Wahrzeichens erstrahlt im neuen ockerfarbenen Anstrich