Friedberger Allgemeine

Ein Fehlschuss kostet sie das Finale

Die Kissinger Schützin Sabrina Eckert wird bei den Olympische­n Spielen der Gehörlosen in der Türkei am Ende Neunte. Dennoch ist sie von dem Großereign­is begeistert. Woran das liegt und was sie sich vorgenomme­n hat

- VON PETER KLEIST

Kissing/Samsun Erschöpft und müde, aber mit vielen neuen Eindrücken und tollen Erfahrunge­n im Gepäck kehrte Sabrina Eckert am Montag aus der Türkei nach Deutschlan­d zurück. Die 20 Jahre alte Kissingeri­n war bei den Deaflympic­s, den Olympische­n Spielen der Gehörlosen und der Menschen mit Hörbehinde­rung im türkischen Samsun dabei – und bestritt dort den Wettkampf im Luftgewehr­schießen. Und auch wenn sie ihr großes, selbst gestecktes Ziel – den Einzug ins Finale der besten Acht – knapp verpasste, überwogen doch die positiven Aspekte. „Es war der Wahnsinn, ein unvergessl­iches Erlebnis“, sagte die Schützin. Am Ende ihres Wettkampfe­s sprang der neunte Platz heraus, also die gleiche Platzierun­g wie im vergangene­n Jahr bei der Weltmeiste­rschaft.

Und doch seien diese beiden Platzierun­gen nicht miteinande­r zu vergleiche­n, meinte die 20-Jährige. „Das Niveau, das hier bei den Deaflympic­s geschossen wurde, war extrem hoch, noch einmal eine ganze Stufe höher als bei der WM – aber das hatte man uns schon vorher gesagt“, erklärte Eckert. 40 Schuss musste sie auf der Zehn-Meter-Distanz abgeben, und bis zum 35. Schuss lief alles nach Plan. „Doch der 36. ging in die Hose, und das war’s dann mit dem Finale“, erzählte die Kissingeri­n. Auch wenn die letzten vier Schuss wieder besser waren, die „7“kostete Sabrina Eckert den Einzug ins Finale der besten Acht. Die Ergebnisse ihrer vier Zehnerseri­en waren 100,9, 100,6, 100,4 und 94,4 Ringe. „Natürlich war die Enttäuschu­ng über den verpassten Finaleinzu­g anfangs riesig, aber ich habe mit 396,3 Ringen besser geschossen als letztes Jahr bei der WM“, so Eckert.

Allerdings gab es rund um den Fehlschuss auch einige Unruhe, die auch Sabrina Eckert nicht einfach so wegstecken konnte. Eine Russin wurde nämlich disqualifi­ziert, als sie noch im Schießstan­d ihr Hörgerät wieder anlegte – was nach dem Reglement verboten ist. „Ich hab’ auch gesehen, dass die einmal mit dem Hörgerät in den Schießstan­d gegangen ist“, so Sabrina Eckert. Auf jeden Fall hätten die Schiedsric­hter dann in ihre Richtung gedeutet als sie wieder mit dem Schießen dran war, und das störte die Kissingeri­n letztlich doch etwas in der nötigen Konzentrat­ion. „Der entscheide­nde schlechte Schuss war zwar schon vorher raus, doch bei den letzten vier lief es auch nicht mehr ganz so optimal“, meinte die Schützin. Die Russen hätten es mit den Regeln insgesamt nicht so streng genommen, erzählte Sabrina Eckert. Schon vor dem Wettkampf wurde eine Russin disqualifi­ziert, weil sich herausstel­lte, dass sie auf einem Ohr hörte und nur auf einem Ohr hörbehinde­rt war. Für das deut- Team aber endeten die Luftgewehr­wettkämpfe mit einem Triumph, da sich Melanie Stabel die Goldmedail­le sicherte. Stabel gewann im Kleinkalib­er und im 3 x 20-Wettbewerb jeweils noch Silber.

Da ihre Konkurrenz erst gegen Ende der Wettbewerb­e anstand, konnte Sabrina Eckert die Spiele in vollen Zügen genießen. Und sie war begeistert von dem, was sie in der Stadt an der türkischen Schwarzmee­rküste erlebte. „Allein schon die Eröffnungs­feier war der Wahnsinn. 33000 Zuschauer waren im Stadion und haben uns mit frenetisch­em Applaus empfangen, als wir durch den Bühnennebe­l die Treppen hinterkame­n – die haben getanzt und gefeiert und ein Feuerwerk abge- brannt, das glaubt man nicht“, beschrieb die 20-Jährige diese Gänsehautm­omente, als das olympische Feuer entfacht wurde. Das deutsche Team war eine Autostunde entfernt von Samsun in einem Hotel untergebra­cht. Jeden Tag fuhren die Schützen zu den Wettkampfs­tätten, um die Mannschaft­skollegen anzufeuern und zu unterstütz­en. „Und man hat gesehen, mit welcher Begeisteru­ng die Türken diese Spiele aufgenomme­n haben. Die Stadt war mit vielen Blumenbeet­en in Form der Symbole der Deaflympic­s und mit vielen Fahnen geschmückt“, erzählte Eckert. Auch das Hotel war sehr schön, das Essen gut – es habe alles gepasst.

Zurück in der Heimat wurde die erfolgreic­he Schützin von einer kleische nen Willkommen­sfeier überrascht, die von ihren Eltern und ihrem Freund Christian organisier­t worden war. „Darüber habe ich mich riesig gefreut“, verriet sie. „Und natürlich hat mir auch die Unterstütz­ung durch die Familie, die Freunde, den Verein und den Schützenga­u viel bedeutet“, meinte sie.

Auch wenn sportlich nicht alles nach Wunsch verlief: Die 14 Tage im türkischen Samsun haben einen bleibenden Eindruck bei Sabrina Eckert hinterlass­en. „Das war ein so tolles Erlebnis, das will ich in vier Jahren noch einmal erleben. Ich will mich unbedingt noch einmal dafür qualifizie­ren“, so Eckert. Und dass das gelingen kann, das darf man der sympathisc­hen Sportlerin ganz sicher zutrauen.

 ??  ?? Gänsehaut beim Entzünden des Feuers und dann beste Laune im Kreis der Mannschaft. Sabrina Eckert (links) erlebte mit ihren Teamkolleg­en 14 beeindruck­ende Tage in der Türkei.
Gänsehaut beim Entzünden des Feuers und dann beste Laune im Kreis der Mannschaft. Sabrina Eckert (links) erlebte mit ihren Teamkolleg­en 14 beeindruck­ende Tage in der Türkei.
 ??  ?? Sabrina Eckert mit dem Glücksbrin ger, den sie von ihrem Verein mitbe kommen hatte.
Sabrina Eckert mit dem Glücksbrin ger, den sie von ihrem Verein mitbe kommen hatte.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany