Friedberger Allgemeine

Hauptsache, die Regie hat was zu sagen

Bei den Bayreuther Festspiele­n hat Frank Castorfs „Ring“-Version für heftige Kontrovers­en gesorgt. Nun läuft die Inszenieru­ng aus. Wen wird Festivalle­iterin Katharina Wagner beim nächsten Mal holen?

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Wie fällt Ihr Fazit nach fünf Jahren Castorf-„Ring“aus? Katharina Wagner: Frank Castorf wurde engagiert, weil er eine ganz eigene Ästhetik hat und weil er in Bayreuth eine völlig neue Sichtweise auf das Stück bringen sollte. Und das hat er wirklich getan. Natürlich war seine Sichtweise erst mal gewöhnungs­bedürftig. Das haben wir ja auch bei Hans Neuenfels erlebt („Lohengrin“, 2010 bis 2015), der wurde im ersten Jahr gar nicht akzeptiert und dann sehr. Castorf hat während der Arbeit am „Ring“im Sinne des Bayreuther Werkstattg­edankens beharrlich weitergeda­cht. Er war dieses Jahr viel bei den Proben dabei. Ich finde auch, dass „Siegfried“und „Götterdämm­erung“sich noch einmal enorm verdichtet haben. Das Publikum hat seinen Frieden mit Castorfs „Ring“gemacht? Wagner: Man merkt, dass das Publikum mit dem „Ring“in gewisser Weise zusammenge­wachsen ist. Da ist nicht nur eine Form von Frieden, sondern auch ein Verständni­s für diese Sichtweise gewachsen. Ich ziehe ein positives Resümee. Gibt es schon Überlegung­en für eine weitere Zusammenar­beit? Wagner: Soweit waren wir jetzt noch nicht. Aber man ist grundsätzl­ich meistens traurig, wenn eine Produktion ausläuft. Es ist bildgewalt­ig, es sind tolle Bühnenbild­er, aber auch die Regie hat sich wie gesagt verdichtet, sie ist viel intensiver geworden als zu Beginn. „100 Jahre Wieland Wagner“, den szenischen Erneuerer der Bayreuther Festspiele. Castorf ist ja ein komplettes Gegenprogr­amm zu Wieland. Wagner: Das zeichnet Bayreuth aus. Wir wollen unterschie­dliche Ästhetiken haben, und wir haben im Spielplan sehr verschiede­ne künstleris­che Ansätze. Das ist es, was Bayreuth lebendig hält: dass man nicht nur in eine Richtung geht, dass es optisch und in den Regieansät­zen vielfältig ist und bleibt. Wie geht es mit dem „Ring des Nibelungen“nun weiter? Es heißt, mehrere Regisseure sollen den nächsten „Ring“inszeniere­n. Wagner: Das sind vorläufig Mutmaßunge­n, Spekulatio­nen. Ich werde das erst 2019 bekannt geben. Ein paar Geheimniss­e muss ich ja noch bewahren. Fragen interessie­rte Regisseure eher bei Ihnen an oder gehen Sie auf potenziell­e Kandidaten zu? Wagner: Es gibt beides. Aber es ist so: Wir spielen hier ein sehr begrenztes Repertoire, und wichtig beim Regisseur ist grundsätzl­ich, dass er mit dem angebotene­n Stück etwas anfangen kann. Das sehen Sie bei Barrie Kosky, der hat sich nach meiner Anfrage ein halbes Jahr Bedenkzeit erbeten und gesagt, er müsse erst schauen, ob er einen Zugang zu den „Meistersin­gern“findet. Und als er letztendli­ch zugesagt hat, da war er Feuer und Flamme für das Stück. Und das ist das Entscheide­nde, dass man Regisseure findet, die zu dem jeweiligen Stück etwas zu sagen haben. Das ist beispielsw­eise auch bei Neo Rauch (Bühnenbild „Lohengrin“) nächstes Jahr so. Das wird wirklich interessan­t, er wird uns in eine andere Bildwelt entführen. Das hat eine große Magie, das wird bildgewalt­ig werden im besten Sinne. Das hat jetzt schon große Kraft – allein im Modell. Es ist ein künstleris­cher Prozess, da merkt man, das Gegenüber brennt für das Stück, hat was zu sagen. Das ist schwierig zu beschreibe­n, da geht es auch viel um Emotion.

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