Genug Priester, aber immer weniger Gläubige
Kirche In Mering gehen immer weniger Katholiken in die Gottesdienste. Pfarrer Thomas Schwartz und sein Team haben sich zu einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen
Mering Die Ferienzeit ist in Pfarreien meistens mit abweichenden Gottesdienstzeiten verbunden. In der katholischen Pfarrei St. Michael kommt es jedoch über diese sechs Schulferienwochen hinaus zu Änderungen und letztendlich auch zu Einsparungen. Künftig wird es nur noch fünf statt sechs Sonntagsmessen inklusive der Vorabendmesse in Meringerzell geben. „Das Pastoralteam hat sich aufgrund des massiven Rückgangs von Kirchenbesuchern entschlossen, Messen zusammenzulegen“, erklärt Pfarrer Thomas Schwartz.
Ausdrücklich betonen will der Ortsgeistliche, dass diese Entscheidung nicht aus Gründen des viel beklagten Priestermangels vollzogen worden sei. „Wie regelmäßige Kirchgänger wissen, sind wir hier mit vier bis fünf Priestern, die das Pastoralteam verstärken, bestens versorgt.“Allein der stetige Rückgang an Kirchenbesuchern bewog Schwartz und sein Pastoralteam zu dieser Entscheidung. „In Zeiten, da die pastorale Raumplanung jeglicher Kirchhofromantik gewichen ist, müssen wir realistisch planen“, so Schwartz. „Wenn ich vorne am Altar stehe und im Laufe des Gottesdienstes mühelos Blickkontakt zu allen Besuchern aufnehmen kann, dann können Sie sich vorstellen, wie wenige das sind.“
Ab dem Ferienende am 17. September entfällt also die Sonntagsmesse um 9.30 Uhr in der Kirche Mariä Himmelfahrt, dafür findet in der Siedlerkirche in St. Afra künftig die Abendmesse am Sonntagabend statt, die bisher in der Meringer St.-Michael-Kirche gefeiert wurde. Im Zuge dieser Veränderungen wird auch die Frühmesse am Sonntag in St. Michael von 8 Uhr auf 8.30 Uhr verlegt. „Auch weiterhin werden an allen Gottesdienststandorten wie dem Theresienkloster, der St.-Michael-Kirche in Mering, der Kirche Mariä Himmelfahrt in St. Afra oder St. Johannes Baptist in Meringerzell Messen stattfinden“, versichert Pfarrer Thomas Schwartz. Zweimal jährlich findet eine Zählung der Kirchenbesucher statt. „Aber dies ist für unsere Entscheidung nicht nötig“, erklärt Thomas Schwartz. „Denn wenn ich am Sonntagvormittag in der Kirche Mariä Himmelfahrt oder abends in St. Michael den Sonntagsgottesdienst feiere, dann sehe ich mich oft weniger Kirchgängern gegenüber als bei der Hausfrauenmesse am Dienstagvormittag.“Hier müsse man einfach reagieren.
Die Vorabendmesse am Samstagabend in Meringerzell sei hingegen immer gut besucht, auch von Gläubigen aus dem gesamten Umland, die sich den Sonntag gerne für Ausflüge oder private Unternehmungen freihalten. „Der Verpflichtungscharakter des sonntäglichen Kirchgangs ist aus den Köpfen der Katholiken komplett verschwunden“, musste Schwartz feststellen.
Überhaupt sehe der geänderte Lebensrhythmus keine Sonntagsruhe und entsprechend auch nicht mehr den obligatorischen Kirchgang vor. Aufhalten könne man diese Entwicklung kaum, glaubt Schwartz, auch wenn eine Kirchengemeinde mit einer wachsenden Zahl von über 160 Ministranten durchaus einladend wirke. Immerhin sei man mit fünf Sonntagsmessen im Vergleich zu anderen Kirchengemeinden noch sehr gut bestellt.
Pure Bequemlichkeit und wachsender Glaubensverlust seien die Hauptursachen eines Rückgangs an Kirchenbesuchern, sagt Schwartz in sehr deutlichen Worten. Mit der Entscheidung, die Abendmesse nach St. Afra zu verlegen, hört der Geistliche förmlich schon das Murren der Gläubigen. Immer noch gebe es die Barriere in den Köpfen, „zu denen in der Siedlung“zu gehen. Als Ausrede lässt der Pfarrer dies jedoch nicht gelten: „Wir haben zum Beispiel mit dem Bürgernetzfahrdienst genügend Möglichkeiten, dass jeder auch nach St. Afra kommt, wenn er denn zur Messe will.“
Die neue Messregelung, die im Übrigen im Vergleich zu anderen Gemeinden immer noch sehr gut sei, bringe auch Vorteile. So habe Mesner Gregor Danek auch mal einen Sonntagabend frei. „Dazu sind wir auch tariflich verpflichtet“, erklärt Schwartz. Die neue Regelung sei für alle kirchlichen Mitarbeiter aus organisatorischer Hinsicht einfacher, so sieht er einen positiven Nebeneffekt. Auch Kirchenmusiker Christian Schwarz müsse nicht von einer Kirche zur anderen hetzen, um an der Orgel zu spielen. Zudem werde angestrebt, dass im Notfall ein Priester allein alle Sonntagsmessen bewältigen könne.
Ein eingeschränktes Gottesdienstangebot schaffe aber wieder mehr Möglichkeiten für Konzerte in der Kirche. So soll in St. Afra künftig wieder mindestens drei- bis viermal im Jahr ein Jugendgottesdienst mit Band stattfinden, erzählt Schwartz von den Plänen seiner Pfarrei. Auftakt ist am 12. November. „Wir suchen auch noch junge Musiker, die Spaß haben, in einer Jugendband mitzuspielen und diese Gottesdienste musikalisch zu begleiten.“Musikalisch soll sich nach dem Wunsch des Pfarrers einiges in St. Afra tun, schließlich biete die Siedlerkirche nach ihrer Renovierung viel Platz für Musiker, einen guten Hall und beleuchtungstechnisch viele Möglichkeiten. Nur die Situation mit der Heizung müsse man bis Oktober in den Griff kriegen. Mariä Himmelfahrt ist in den Augen von Schwartz vor allem für Gospel- und Jazzkonzerte geeignet. Auch eine Kunstinstallation wäre für ihn denkbar.
Die Michaelskirche hingegen würde der Pfarrer lieber klassischer Kirchenmusik vorbehalten. „Dass vor Kurzem die Serenade wetterbedingt vom Lippgarten in die Michaelskirche verlegt wurde, habe ich gerne genehmigt, aber das sollte die Ausnahme bleiben“, betont er. Zum einen gehöre eine Serenade schon von ihrer Wortherkunft her in die freie Natur, zum anderen sei St. Michael eher ein Ort für geistliche Konzerte wie im Oktober beim Auftritt der Domsingknaben. Der Förderkreis der Kirchenmusik sei mit seinen Konzertveranstaltungen per Satzung an die Michaelskirche gebunden, erklärte Schwartz.
Mehr Kirchgänger bei der Hausfrauenmesse als im Sonntagsgottesdienst Möglichkeiten für Konzerte in der Kirche