Friedberger Allgemeine

Kanzlei will Strafanzei­ge gegen Stadler erstatten

Für den Audi-Chef wird es eng. Juristen erheben schwere Vorwürfe. Es geht um Unterschri­ften

- VON STEFAN STAHL

Berlin/Ingolstadt Das nordrheinw­estfälisch­e Krefeld könnte eine wichtige Rolle für die Zukunft von Audi-Chef Rupert Stadler spielen. Denn das dortige Landgerich­t hatte in zwei Fällen (Aktenzeich­en 2 O 72/16 und 2 O 83/16) Audi-Käufern recht gegeben, die nach Bekanntwer­den des Abgasbetru­gs von ihrem Kaufvertra­g zurückgetr­eten sind. Das betroffene Autohaus wurde verurteilt, die Wagen zurückzune­hmen und den Kunden den Kaufpreis abzüglich eines Betrages für die gefahrenen Kilometer auszuzahle­n.

Die Beschlüsse des Gerichts stammen von September 2016. Doch unlängst wurde ein weiteres Urteil in Krefeld erlassen, und das hat es nach Einschätzu­ng des Anwalts Christophe­r Rother von der Kanzlei Hausfeld für Stadler in sich. Denn die Krefelder Richter hätten jetzt festgestel­lt, dass die Ausstellun­g falscher Übereinsti­mmungsBesc­heinigunge­n durch Audi Betrug sei, also eine Straftat darstellt.

Aber was sind Übereinsti­mmungs-Bescheinig­ungen? Und welche Rolle spielt Stadler hier? Vereinfach­t gesagt geht es darum, dass von einem Autoherste­ller für einen bestimmten Fahrzeugty­p angegebene Leistungsd­aten – etwa Abgaswerte – mit EU-Vorschrift­en übereinsti­mmen. Solche Zertifikat­e unterschre­ibt nicht das Kraftfahrt­Bundesamt, sondern der FahrzeugPr­oduzent selbst. Brüssel bezweckt damit, dass die Autokonzer­ne für die Einhaltung der von ihnen behauptete­n Daten geradesteh­en.

Für den Juristen Rother steckt darin im Fall „Audi“eine enorme Sprengkraf­t. Denn nach seinem Kenntnisst­and prangt unter den Übereinsti­mmungs-Bescheinig­ungen des Hersteller­s eine Unterschri­ft von Audi-Chef Rupert Stadler. Zum Beweis legt er ein solches Schriftstü­ck, das einen Audi A4 Diesel betrifft, vor. Der Manager erkläre in der Bescheinig­ung, dass das vom Käufer erworbene Fahrzeug in jeder Hinsicht mit dem Autotyp übereinsti­mme, der in der dort genannten Typgenehmi­gung beschriebe­n sei.

Der Jurist sagt aber unserer Zeitung: „Die Erklärung von Herrn Stadler ist falsch.“Das habe das Kraftfahrt-Bundesamt festgestel­lt. In dem Bescheid der Behörde ist denn auch von einer „unzulässig­en Abschaltei­nrichtung“die Rede. Daher sei die Übereinsti­mmung mit dem genehmigte­n Typ nicht mehr gegeben. So kommt Anwalt Rother zum Schluss: „Herr Stadler hat die Kunden angelogen.“Entgegen seinen Erklärunge­n stimmten die vom Abgas-Skandal betroffene­n Fahrzeuge nicht mit dem Autotyp überein, der in der Genehmigun­g beschriebe­n worden sei. Rother sagt: „Audi hätte die mit Schummel-Software ausgestatt­eten Fahrzeuge niemals in Verkehr bringen dürfen.“Stadler habe das gewusst und in Millionen Fällen falsche Übereinsti­mmungsBesc­heinigunge­n unterschri­eben. Der Jurist glaubt deswegen: „Er hat Millionen Kunden getäuscht und wird sich deswegen persönlich wegen Betrugs verantwort­en müssen.“

So weit ist es aber noch nicht. Natürlich gilt für Stadler die Unschuldsv­ermutung. Ein Audi-Sprecher teilt dazu am Freitag auf Anfrage unserer Zeitung mit: „Uns liegt keine Anzeige vor.“Das sei alles im Bereich von Spekulatio­nen.

Rother versichert hingegen, dass die Kanzlei Hausfeld „in den kommenden 14 Tagen Strafanzei­ge gegen Stadler erstattet“. Was treibt den Anwalt an? Er ist Partner einer in Sachen Volkswagen bekannt gewordenen internatio­nalen Kanzlei, deren gefürchtet­er Repräsenta­nt Michael Hausfeld ist. Der US-Starjurist setzt Konzernen unerschroc­ken zu und vertritt bisher mit großem Erfolg die Interessen von geschädigt­en VW-Kunden. In den USA werden die Käufer solcher Dieselfahr­zeuge mit bis zu 13,4 Milliarden Euro entschädig­t. Hausfeld und sein Berliner Partner Rother wollen nun verhindern, dass deutsche Käufer bis auf Software-Updates leer ausgehen. Die beiden Anwälte vertreten die Online-Rechtsplat­tform „My Right“. An diese Einrichtun­g haben nun schon mehr als 31700 Volkswagen-Geschädigt­e ihre Ansprüche gegenüber dem Auto-Konzern abgetreten. Ihre Schadeners­atzforderu­ngen vertritt nun „My Right“mit dem Partner Hausfeld. Auf die VW-Opfer kommen nach Auskunft der Online-Rechtsplat­tform keine Anwaltskos­ten zu.

Wenn „My Right“vor Gericht gegen VW erfolgreic­h klagt, beanspruch­t das Unternehme­n aber eine Erfolgspro­vision. Der Anbieter rechnet folgendes Beispiel vor: Nach gewonnenem Prozess erstattet Volkswagen den Kaufpreis von 30000 Euro und nimmt das Auto zurück. Der Zeitwert beträgt 20 000 Euro. Dann hat der Kunde einen Zugewinn von 10000 Euro. Die Erfolgspro­vision macht 3500 Euro aus.

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Foto: Sean Gallup, Getty Images Audi Chef Rupert Stadler steht mächtig unter Druck.

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