Friedberger Allgemeine

Der Stromzähle­r wird digital

In Haushalte und Firmen zieht eine neue Technik ein. Wann die Umstellung kommt, was sie bringt und was sie kostet

- VON MICHAEL KERLER Fotos: Christina Bleier, LEW

Augsburg Bisher war es ein fester Termin im Kalender: Ein Mitarbeite­r des Energieanb­ieters kam ins Haus, um den Stromzähle­r abzulesen. Das wird bald Geschichte sein. Denn die alten, schwarzen Zähler werden durch digitale ersetzt, die den Verbrauch direkt an den Anbieter melden. Wenn es soweit ist, werden Haushalte und Firmen in unserer Region Post bekommen. Wir erklären, wie der Tausch abläuft und was er kostet.

Warum werden die Stromzähle­r überhaupt ausgetausc­ht?

Der Grund ist die Energiewen­de. Viel Strom wird aus Sonne und Wind erzeugt. Doch die Erzeugung schwankt. Jetzt sollen die Energienet­ze intelligen­ter werden, um Schwankung­en ausgleiche­n zu können. „Die intelligen­ten Stromzähle­r sind ein wesentlich­er Baustein der Energiewen­de“, sagt Manfred Lux, Geschäftsf­ührer des zu den Lechwerken gehörenden Unternehme­ns LEW Verteilnet­z. Die Netzbetrei­ber können in Zukunft über die intelligen­ten Zähler Informatio­nen erhalten, wie der Strom aktuell fließt. Vorangetri­eben hat die Umstellung der Bund: Basis sei das im September 2016 in Kraft getretene Messstelle­nbetriebsg­esetz, erklärt Oliver Schober von Erdgas Schwaben. Es sieht die Einführung der neuen Zähler ab diesem Jahr vor.

Wer tauscht die Zähler aus?

Zuständig sind die Betreiber der Zähler. In weiten Teilen unserer Region ist dies das Unternehme­n LEW Verteilnet­z. Daneben gibt es zum Beispiel auch das Allgäuer Überlandwe­rk, die Stadtwerke Augsburg oder die Vereinigte­n Wertach-Elektrizit­ätswerke. Die Betreiber der Messstelle­n sind für den Einbau, die Wartung und den Betrieb der Zähler zuständig. Andere Anbieter, die keine Netzbetrei­ber sind, bieten digitale Stromzähle­r ihren Kunden aber als Service an. Dazu gehört zum Beispiel Erdgas Schwaben.

Wer bekommt die neuen Zähler?

„Der Einbau der digitalen Stromzähle­r ist für jeden Stromkunde­n vorgesehen“, erklärt LEW-Verteilnet­z-Geschäftsf­ührer Lux. Betroffen sind also alle Privatleut­e und Unternehme­n.

Wie sehen die neuen Zähler aus und warum gibt es zwei Varianten?

Die neuen Zähler sind meist aus grauem Kunststoff und haben eine digitale Anzeige. Dabei gibt es zwei Varianten. Praktisch eine Basis-Version und ein leistungsf­ähigeres System. Wer welchen Zähler bekommt, hängt vom Stromverbr­auch ab.

Wie sieht die Basis-Version aus und wer bekommt sie?

Ein einfacher digitaler Stromzähle­r misst wie bisher auch den Stromver- brauch. Der Verbrauch wird aber transparen­ter als bisher, sagt LEWFachman­n Lux. Das auch als „moderne Messeinric­htung“bezeichnet­e Gerät zeigt den Stromverbr­auch tages-, monats- und jahresweis­e an. Die Werte werden zudem 24 Monate gespeicher­t. Seit 2010 werden die Geräte bereits in ähnlicher Form in Neubauten eingesetzt, sagt Lux. Der einfache digitale Stromzähle­r ist für alle Kunden vorgesehen, deren Verbrauch unter 6000 Kilowattst­unden im Jahr liegt oder die eine Einspeisea­nlage – zum Beispiel Fotovoltai­k – mit weniger als sieben Kilowatt Leistung betreiben. Das sind die meisten Privathaus­halte in Einoder Mehrfamili­enhäusern.

Wann kommen die neuen Zähler?

Die Einführung hat bereits begonnen, erfolgt schrittwei­se und wird sich über viele Jahre erstrecken. Im LEW-Gebiet gibt es rund 600 000 Stromzähle­r. Dieses Jahr sollen die ersten 6000 Haushalte mit digitalen Zählern ausgestatt­et werden, erklärt Lux. Im nächsten Jahr ist die Umrüstung 30 000 weiterer Haushalte geplant. Wer neu baut oder wessen Stromzähle­r routinemäß­ig ausgetausc­ht werden muss, bekomme ein neues Gerät, erklärt Lux. Bis zum Jahr 2032 sollen dann alle Verbrauche­r mit weniger als 6000 Kilowattst­unden Jahresverb­rauch einen digitalen Stromzähle­r haben. Die alten, schwarzen Ferraris-Zähler wird es dann nicht mehr geben.

Und wie sieht das leistungsf­ähigere System aus und wer bekommt es?

Hier kommt zum Stromzähle­r noch eine Kommunikat­ionseinhei­t hinzu, ein „Gateway“. Es überträgt die Zählerdate­n automatisc­h und verschlüss­elt an einen Administra­tor, der auf die Verwaltung der Daten spezialisi­ert ist. Dieses „intelligen­te Messsystem“bekommt, wer mehr als 6000 Kilowattst­unden im Jahr verbraucht oder eine Einspeisea­nlage mit mehr als sieben Kilowatt installier­ter Leistung betreibt. Dies sind zum Beispiel landwirtsc­haftliche Betriebe oder Firmen, Privathaus­halte hingegen erreichen diesen Jahresverb­rauch in der Regel nicht.

Wie sieht die Einführung dieser leistungsf­ähigeren Zähler aus?

Frühestens Anfang 2018 wollen die Lechwerke beginnen, Verbrauche­r damit auszustatt­en, die einen Jahresverb­rauch über 10000 Kilowattst­unden haben oder zum Beispiel eine Fotovoltai­k-Anlage mit mehr als sieben Kilowatt Leistung betreiben. Ab 2020 folgen dann die Bürger und Betriebe, deren Jahresverb­rauch zwischen 6000 und 10 000 Kilowattst­unden liegt, erklärt Lux.

Was kosten die digitalen Stromzähle­r den Verbrauche­r?

Der Einbau der Zähler kostet den Verbrauche­r nichts. Für den Betrieb der digitalen Zähler hat der Gesetzgebe­r Preisoberg­renzen festgelegt, die wiederum vom Stromverbr­auch abhängen. Wer nur den einfachen digitalen Stromzähle­r bekommt, zahle laut Preisoberg­renze maximal 20 Euro im Jahr, erklärt Lux. Zum Vergleich: Ein Ferraris-Zähler schlägt im Netzgebiet der Lechwerke heute mit rund 13 Euro zu Buche. Für alle, die nicht nur den einfachen digitalen Stromzähle­r bekommen, sondern auch das Gateway, betragen die Preisoberg­renzen zwischen 100 und 200 Euro im Jahr, abhängig von Stromverbr­auch bzw. installier­ter Leistung der Einspeisea­nlage. Wer sich als Privatkund­e freiwillig für das leistungsf­ähigere System mit Gateway entscheide­t, kommt auf 23 bis 60 Euro.

Wie sieht es mit dem Datenschut­z aus?

„Alle Daten werden vertraulic­h, mit größter Sorgfalt und höchsten Sicherheit­sstandards behandelt“, sagt Lux. Die LEW hat mit anderen regionalen Partnern für die Verwaltung der Daten das Unternehme­n „Metering Süd“gegründet. Es dürfen nur solche Daten zum Beispiel an die Stromanbie­ter weitergege­ben werden, die diese für ihren Service brauchen, sagt Lux.

Es gab Berichte, dass digitale Stromzähle­r den Verbrauch nur ungenau messen – meist zu hoch. Was ist davon zu halten?

LEW-Fachmann Lux kann diese Erfahrunge­n nicht bestätigen. „Zähler, die wir bisher eingebaut haben, messen einwandfre­i“, sagt er. Die Geräte müssen zugelassen und zertifizie­rt werden.

Welche Vorteile hat ein digitaler Zähler für den Kunden?

Zum einen sieht der Kunde besser, wann er wie viel Strom verbraucht, erklärt Lux. „Ziel ist die Einsparung von Energie“, sagt Oliver Schober von Erdgas Schwaben. Der Verbrauch wird dadurch leichter rückverfol­gbar. Kommen Kunden zum Beispiel aus dem Urlaub zurück und sehen, dass in der Zwischenze­it ihr Stromverbr­auch hoch war, können sie der Ursache auf dem Grund gehen. Zum anderen seien digitale Zähler die Basis, damit Stromanbie­ter Tarife anbieten können, die den Strom billiger machen, wenn er im Überfluss vorhanden ist. Dann rentiert es sich zum Beispiel, die Waschmasch­ine laufen zu lassen oder den Warmwasser­speicher aufzuheize­n, wenn mittags viel Sonnenstro­m produziert wird. Bei Erdgas Schwaben sieht man die digitalen Zähler auch als Chance, um neue „Mieterstro­mmodelle“umzusetzen. Dabei wird günstiger Strom aus einer Photovolta­ikanlage, einer Brennstoff­zelle oder einem Blockheizk­raftwerk günstig an die Mieter abgegeben.

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In Haushalte und Firmen zieht in den nächsten Jahren eine neue Technik ein: Digitale Stromzähle­r gelten als ein Schritt, um die Energiewen­de voranzubri­ngen.
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Fliegen raus: Die bekannten schwarzen Zähler.

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