Friedberger Allgemeine

Abzocke Um Urlaub in der Türkei betrogen

Justiz Kunden buchten in einem Reisebüro in der Innenstadt Reisen, die sie nicht antreten konnten, und verloren zum Teil viel Geld. Nun ist die Filiale geschlosse­n, die Kunden sind wütend. Und die Kriminalpo­lizei ermittelt

- VON JAN KANDZORA Foto: Silvio Wyszengrad

Es sollte eine entspannte Woche werden. Fünf Tage London im Juli, ein gutes Hotel im schicken Stadtteil Kensington. Ugur Demiregen aus Augsburg kümmerte sich im Mai um den Urlaub, er ging in ein Reisebüro in der Bahnhofstr­aße und buchte Flug und Unterkunft für sich und seine Frau – zumindest dachte er das. Den fälligen Betrag, rund 1200 Euro, zahlte er in bar. Der Mitarbeite­r im Reisebüro, erzählt Demiregen, habe das so gewollt. Der 28-Jährige erhielt eine Buchungsbe­stätigung, die Sache schien problemlos zu klappen.

Das Geld sah Ugur Demiregen bislang nicht wieder, auch wenn er die Reise nicht so antreten konnte wie geplant. Nach einer Weile wurde er misstrauis­ch und rief bei der Fluglinie an. Dort sagte man ihm, es gebe zwar eine Reservieru­ng auf seinen Namen, bezahlt worden sei jedoch nicht. Und im Hotel? Dort, der 28-Jährige, sei erst gar nicht auf seinen Namen reserviert worden. Als Demiregen im Reisebüro vorbeischa­ute, um zu fragen, was los sei, beschwicht­igte man ihn. Er solle sich keine Sorgen machen, er werde die Unterlagen per Post bekommen. Kurz darauf machte das Büro dicht. Es ist seither geschlosse­n.

Demiregen ist kein Einzelfall. Er kennt weitere Menschen, denen es ähnlich ging, darunter einen Verwandten, der für eine Reise in die Türkei, die es nie gab, 1700 Euro hinblätter­te. Im Internet haben enttäuscht­e Kunden ihre Erfahrunge­n geschilder­t; die Berichte ähneln sich. „Die reinste Abzocke“, findet etwa eine Frau. „Händigt gefälschte Tickets aus, die nicht gebucht sind, steckt das Geld in die eigene Tasche ein.“Auf einer anderen Seite berichten Kunden des Reisebüros, das oft Menschen mit türkischen Wurzeln anzog, ebenfalls von geplanten und bereits bezahlten Urlauben, die sie nicht antreten konnten, weil die angebliche­n Buchungen nicht stattfande­n. Mal geht es um Beträge von 2500 Euro, mal um 6800 Euro.

Die Kunden gehen davon aus, dass sie betrogen wurden. Es heißt, der Inhaber des Reisebüros habe sich in die Türkei abgesetzt. An der Eingangstü­r des Büros hängt ein Blatt, auf dem darauf hingewiese­n wird, dass der Betrieb am 18. Juli eingestell­t worden sei. „Mit sehr großem Bedauern mussten wir Insolvenz anmelden“, steht dort. Die Webseite des Reisebüros wurde gelöscht, unter der bisherigen Nummer ist niemand mehr zu erreichen. Von der Polizei heißt es, die Kripo ermittele gegen den Inhaber sowie fünf weitere Beschuldig­te, es geht um den Verdacht von im Raum stehenden Insolvenzd­elikten und von Betrug in zahlreiche­n Fällen.

In der vergangene­n Woche durchsucht­en die Ermittler in dem Zusammenha­ng sieben Objekte, bei denen es sich um Wohnungen und Geschäftsr­äume handelt, und stellsagt ten umfangreic­hes Beweismate­rial sicher. Dies müsse nun ausgewerte­t werden, teilt die Polizei mit.

Wie viele Menschen beim Reisebüro einen Urlaub bezahlten, der letztlich nicht gebucht wurde, ist noch unklar. Bei der Polizei sind jedenfalls bislang „mehrere Dutzend“Strafanzei­gen eingegange­n.

Ein wenig erinnert die Situation an einen Fall, der vor vier Jahren am Augsburger Amtsgerich­t verhandelt worden war. Damals wurde der Inhaber eines anderes Reisebüros wegen mehrfachen Betruges zu einer Bewährungs­strafe von 16 Monaten verurteilt. Rund ein Dutzend Menschen hatten bei ihm insgesamt fast 20000 Euro für Reisen nach Mekka angezahlt, die niemals stattfande­n. Das Geld war weg.

Auch Ugur Demiregen geht nun nicht mehr davon aus, dass er seinen Betrag wiederbeko­mmen wird. Im Vergleich zu anderen Kunden des Büros, sagt er, gehe es bei ihm noch um eine eher geringe Summe. Geld sei’s natürlich dennoch. Er hat ebenfalls Anzeige erstattet. Den Urlaub haben er und seine Frau sich sich letztlich nicht vermiesen lassen. Drei Tage vor dem geplanten Start habe er die Reise noch über ein anderes Reisebüro buchen können, sagt er. Das habe dann alles wunderbar geklappt. Und der Aufenthalt in London selbst? Der, sagt Demiregen, sei toll gewesen.

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Symbolfoto: Alexander Kaya Urlaub in Istanbul – auch das bot ein Reisebüro aus der Augsburger Innenstadt an. Wer dort allerdings Reisen buchen wollte, stand letztlich oft mit leeren Händen da: Das Büro kassierte offenbar das Geld der angehenden Urlauber, ohne für die Flüge und...
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An der Eingangstü­r des Reisebüros hängt ein Schild. Man habe Insolvenz an melden müssen, heißt es dort.

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