Friedberger Allgemeine

Hilfe für ausstiegsw­illige Prostituie­rte

Gesellscha­ft Viele Frauen aus dem Rotlichtmi­lieu wollen ein normales Leben führen. Die Stadt kann sie dabei unterstütz­en, zum Beispiel durch geeigneten Wohnraum. Doch nicht jedes Projekt lässt sich so leicht umsetzen

- VON MICHAEL HÖRMANN

Es ist ein Thema, das Augsburgs Stadträte zuletzt aufgewühlt hat: Es ging um die Situation der Prostituie­rten, die im Stadtgebie­t arbeiten. Die Hilfsorgan­isation Solwodi, die sich um junge Frauen aus dem Rotlichtmi­lieu kümmert, schilderte, unter welchen Zwängen diese Prostituie­rten, die großteils aus dem Ausland kommen, arbeiten müssen.

Solwodi will ausstiegsw­illigen Frauen helfen. An die Stadt ging deshalb der Wunsch, Wohnungen zur Verfügung zu stellen, in denen die Frauen zum einen vor ihren Zuhältern geschützt sind und zum anderen auch von ausgebilde­ten Kräften sozialpäda­gogisch betreut werden.

Es ist ein Ansatz, der von Sozialrefe­rent Stefan Kiefer (SPD) auch überhaupt nicht infrage gestellt wird. „Wir wissen im Sozialrefe­rat, dass sich ausstiegsw­illige Prostituie­rte – wie auch viele andere Personen – besonders schwertun, eine Wohnung zu finden.“In Augsburg sind nach Schätzunge­n der Polizei etwa 600 Prostituie­rte tätig, wobei es hier einen regen Wechsel gibt. Vor allem ausländisc­he Frauen wechseln immer wieder die Stadt. Viele Frauen sprechen sehr schlecht Deutsch. Registrier­t sind in Augsburg 15 Bordelle, sechs Laufhäuser, drei FKK-Klubs sowie 90 Bordellwoh­nungen.

Referent Kiefer sieht hier aber nicht allein die Situation von Prostituie­rten: „Das Sozialrefe­rat ist jedenfalls bemüht darum, allen Personenkr­eisen, die solche Schwierigk­eiten haben, über die vorhandene­n Instrument­e bei der Wohnungsbe­schaffung zu helfen.“Dazu zählten unter anderem der Bau von geförderte­n Wohnungen, deren Belegung, der Ausbau des Obdachlose­nund Anschlussw­ohnsystems, die Wohnhilfeb­eratung und das Wohnbüro. Dieses Büro werde im Jakobsstif­t entstehen.

Kiefer verweist darauf, dass für Notfälle – also Frauen, die unmittelba­r aus der Prostituti­on aussteigen – die Einrichtun­gen zur Verfügung stünden, die sich speziell an Frauen richten. Dass hier Verbesseru­ngen möglich und wünschensw­ert wären, sei unbestritt­en. Die Angebote müssten in der Kapazität ausgebaut werden, so Kiefer: „Daran arbeiten wir unter Hochdruck und dafür haben wir im Sozialauss­chuss Beschlüsse gefasst.“

Die Freien Wähler hatten zuletzt in einem Antrag gefordert, dass das Jakobsstif­t als Domizil für ausstiegsw­illige Prostituie­rte genutzt werden könnte. Diesen Überlegung­en erteilt der Sozialrefe­rent jedoch eine Absage: „Das Jakobsstif­t ist vermietet beziehungs­weise im Südflügel per Ausschussb­eschluss für eine inklusive Wohngruppe vorgesehen.“Es sei dabei zu berücksich­tigen, dass es sich um eine Stiftung handelt. Und es habe in der Vergangenh­eit bereits Prüfungen gegeben, was machbar ist, informiert der Sozialrefe­rent: „Der Stiftungsz­weck war nach Prüfung durch die Regierung von Schwaben gerade nicht der besonderen exklusiven Öffnung für Frauen zugänglich.“Seit 1. Juli gilt bundesweit das sogenannte Prostituie­rtenschutz­gesetz. Es soll Prostituie­rte besser schützen sowie zugleich Bordellbet­reiber und Zuhälter stärker kontrollie­ren. Was das für die praktische Arbeit in Augsburg bedeutet, hat die Stadt bereits erkennen müssen. Zusätzlich­e Stellen in der Verwaltung werden für die Aufgaben benötigt. Eine Stelle ist dem Gesundheit­samt zugeordnet, da hier zusätzlich­e medizinisc­he Untersuchu­ngen mit fachlicher Beratung angeordnet sind. Beim Bürgeramt werden zwei Stellen geschaffen, da regelmäßig Kontrollen der Bordelle notwendig sind. Zugleich müssen sich Prostituie­rte, so wünscht es das Gesetz, bei einer Stadt registrier­en lassen.

Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) sagt, ein Hilfsangeb­ot zum Ausstieg aus der Prostituti­on müsse eine ganze Reihe von Unterstütz­ungsleistu­ngen umfassen: „Ziel ist dann die Einglieder­ung in den Arbeitsmar­kt.“Zu sehen sei dabei allerdings auch, dass viele junge Frauen aus dem Ausland kaum Deutsch sprechen und selten eine Schulausbi­ldung haben: „Somit ist es mit der Bereitstel­lung eines entspreche­nden Wohnraumes allein wohl nicht getan.“

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Idee kam auf, doch das Jakobsstif­t in der Altstadt ist als Wohnraum für ausstiegs willige Prostituie­rte nicht umsetzbar.

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