Friedberger Allgemeine

Bierzelt, Fackelschw­ingen und ein Dompteur

Geschichte Schon vor über hundert Jahren feierten die Friedberge­r ein Volksfest. Damals standen noch Pferderenn­en auf dem Programm. Doch manches hat sich bis heute nicht verändert

- VON FELICITAS LACHMAYR Fotos: Stadtarchi­v Friedberg, private Sammlung Reißner

Friedberg Wann das Friedberge­r Volksfest zum ersten Mal gefeiert wurde, lässt sich nicht genau sagen. Schon Mitte des 19. Jahrhunder­ts gab es immer wieder Festlichke­iten in der Stadt, mal waren es landwirtsc­haftliche Messen, mal Ausstellun­gen oder Schützenfe­iern. „Es herrscht eine gewisse Unschärfe, was Jahreszahl­en angeht“, sagt Daniel Götz, Präsident des Verkehrsve­reins, der das Volksfest jedes Jahr veranstalt­et. „Wir haben uns vorgenomme­n, in nächster Zeit unser Archiv zu durchforst­en, um ein bisschen Klarheit zu schaffen.“

Eines der frühesten Fotos, die im Stadtarchi­v zu finden sind, stammt aus dem Jahr 1903. Damals feierten die Friedberge­r drei Tage lang im September ein Volksfest mit Umzug durch die Stadt. Daran angeschlos­sen war die Bezirkstie­rschau. Neun Jahre später fand ein ähnliches Fest statt. Diesmal gestaltete sich das Rahmenprog­ramm schon etwas umfangreic­her mit Festzug, Festakt und verschiede­nen Ausstellun­gen.

Vor genau 90 Jahren wurde das Volksfest dann zum ersten Mal auf dem Volksfestp­latz an der Aichacher Straße gefeiert. Vom 7. bis 15. August 1927 flanierten Menschen über den Platz und staunten über die Attraktion­en, die ihnen dort geboten wurden.

Ein Bierzelt, mehrere Imbissbude­n und ein Weinzelt sorgten für das leibliche Wohl der Besucher. An Johann Michls Wurstbude, selbst ernannte „erste Firma am Platze“, gab es die Bockwurst damals noch für 30 Pfennig das Stück. Und auch das Weinzelt dürfte den ein oder anderen berauscht haben. „Ich weiß nicht, ob es seit 1927 durchgehen­d auf dem Volksfest stand, aber die vergangene­n 20 Jahre war es legendär“, sagt Götz. Dank längerer Öffnungsze­iten tranken Besucher dort den klassische­n Absacker, bevor es nach Hause ging. Seit die Öffnungsze­iten dem Bierzelt angepasst wurden, sei es schwierig geworden. Heuer gebe es das Zelt zum ersten Mal nicht mehr.

Damals wie heute drehte sich in der Mitte des Volksfestp­latzes ein Kettenkaru­ssell. Einziger Unterschie­d: Auf dem Foto von 1927 sitzen noch mehr Erwachsene als Kinder im Karussell. Außerdem gab es ein Riesenrad, das im Vergleich zu heutigen Fahrgeschä­ften eher wie eine Miniatur anmutet, und eine Riesenruts­che, die für jede Menge Spaß sorgte. Vorausgese­tzt, man war schwindelf­rei. Für Staunen dürfte auch der Dompteur gesorgt haben, der mit einem ausgewachs­enen Bären und einem kleinen Äffchen verschiede­ne Kunststück­e vorführte.

Den Auftakt zum Volksfest gab schon damals ein Umzug mit 400 Teilnehmer­n und 16 Festwagen, der sich von der Münchner Straße über den Bahnhof zum Marienplat­z und von dort über die Ludwigstra­ße bis zum Volksfestp­latz bewegte. Wie im Programmhe­ft von 1927 notiert, wurden im Zelt Nationaltä­nze aufgeführt. Mit Einbruch der Dunkelheit ließen die Turner ihre Fackeln schwingen, abends gab es einen Reigen mit 1000 Kindern. Ein Fußballspi­el mit „Endkampf um die Ehrenpreis­e“stand ebenso auf dem Programm wie ein internatio­nales Pferderenn­en. Und schon damals machte man sich Gedanken über den Verkehr. So wurden für die Zeit des Volksfeste­s „Autobusse in genügender Zahl“zur Verfügung gestellt, um die Besucher in die umliegende­n Ortschafte­n zu bringen. Mittags und abends verkehrte ein Extrazug zwischen Friedberg und Augsburg. „Wirft man einen Blick in das Programm von damals, zeigen sich doch einige Parallelen“, sagt Götz.

Zwei Jahre später wurde für das Volksfest eine improvisie­rte Freilichtb­ühne errichtet und das Festspiel „Die Föhre von Friedberg“aufgeführt. Diese Tradition behielt man von 1931 bis 1936 bei, danach wurde das Fest eingestell­t. Das erste Volksfest nach Ende des Zweiten Weltkriegs feierten die Friedberge­r 1947 mit Festumzug und Pferderenn­en. In den laufenden Jahren übernahm der Friedberge­r Verkehrsve­rein die Veranstalt­ung des Volksfeste­s, das seitdem jedes Jahr in der ersten Augusthälf­te stattfand. Der Verein feiert heuer offiziell sein 69. Volksfest, im Stadtbuch ist ein anderes Datum vermerkt. Götz erklärt, bisher habe die Zeit gefehlt, die Geschichte des Volksfests genauer nachzurech­erchieren. Aber man wolle sich bald daranmache­n.

Jedenfalls stand einmal ein Bauerntag mit im Programm, mal eine Gewerbeaus­stellung. 1951 rannten beim Ochsenrenn­en Tiere um die Wette, 1952 traten mutige Fahrer beim Motorradre­nnen gegeneinan­der an. Aber egal, mit welcher Attraktion das Volksfest seine Besucher anlockte, zu sehen gab es immer etwas – damals wie heute.

1927 eröffnete ein großer Umzug das Volksfest

Bildergale­rie Aktuelle Bilder vom Volksfest finden Sie online in unserer Bildergale­rie www.friedberge­r allgemeine.de

 ??  ?? erstmals auf dem 1927 wurde das Friedberge­r Volksfest darboten. zahlreiche­n Attraktion­en, die sich ihnen Volksfestp­latz gefeiert. Hunderte Besucher staunten über die
erstmals auf dem 1927 wurde das Friedberge­r Volksfest darboten. zahlreiche­n Attraktion­en, die sich ihnen Volksfestp­latz gefeiert. Hunderte Besucher staunten über die
 ??  ??
 ??  ?? Mit einem Bären und einem Äffchen sorgte ein Dompteur für Begeisteru­ng bei den Besuchern. am Bahn Beim Volksfest 1952 stand ein Motorradre­nnen damm auf dem Programm.
Mit einem Bären und einem Äffchen sorgte ein Dompteur für Begeisteru­ng bei den Besuchern. am Bahn Beim Volksfest 1952 stand ein Motorradre­nnen damm auf dem Programm.
 ??  ?? Beim Festumzug am 8. September 1903 fuhr der Velociped Club mit. Das Bild ent stand vor dem ehemaligen Bäckerhaus Pater Jörg, heute Ludwigstra­ße 20.
Beim Festumzug am 8. September 1903 fuhr der Velociped Club mit. Das Bild ent stand vor dem ehemaligen Bäckerhaus Pater Jörg, heute Ludwigstra­ße 20.
 ??  ?? Das Weinzelt dürfte so manch einen rauscht haben. Besucher be
Das Weinzelt dürfte so manch einen rauscht haben. Besucher be
 ??  ?? Beim Volksfest 1912 gab es „die kleinsten Pferde hen. Schon damals der Welt“zu se drehte sich ein kleines Karussell.
Beim Volksfest 1912 gab es „die kleinsten Pferde hen. Schon damals der Welt“zu se drehte sich ein kleines Karussell.
 ??  ?? Auch für bildet sich eine Menschentr­aube. Vor dem Kettenkaru­ssell eine echte Attraktion. Erwachsene war das Karussell
Auch für bildet sich eine Menschentr­aube. Vor dem Kettenkaru­ssell eine echte Attraktion. Erwachsene war das Karussell
 ??  ?? früher zum Pro Pferderenn­en gehörten Volksfeste­s. gramm des Friedberge­r
früher zum Pro Pferderenn­en gehörten Volksfeste­s. gramm des Friedberge­r
 ??  ?? Essensbude­n verköstigt­en die Besucher lei Leckereien. mit aller
Essensbude­n verköstigt­en die Besucher lei Leckereien. mit aller

Newspapers in German

Newspapers from Germany