Friedberger Allgemeine

Hier finden Behinderte eine Aufgabe

Projekt Seit knapp einem Jahr betreibt die Caritas in Mering ihre neue Werkstätte. Momentan bearbeiten dort 15 Personen Aufträge für zwei Unternehme­n. Für eine Erweiterun­g fehlt nur noch das Fachperson­al

- VON HEIKE SCHERER

Mering Gunther steckt die türkisfarb­enen Gummiringe auf die durchsicht­igen Sprühpisto­len für Reinigungs­mittel. Seine Kollegen sind danach noch mit weiteren Arbeitssch­ritten beschäftig­t, bis das fertige Produkt in einen großen Karton gelegt werden kann. Gunther ist einer von den 15 Menschen mit Behinderun­g aus der Region Aichach-Friedberg, die in einer ehemaligen Produktion­shalle der Firma Ludwig Leuchten in Mering Aufträge für zwei Unternehme­n erledigen.

Sie arbeiten in zwei Gruppen und freuen sich, dass sie auch ihren Beitrag für den Arbeitsmar­kt leisten können. Vor allem die angenehmen Arbeitsbed­ingungen in den hellen und modern ausgestatt­eten Räumlichke­iten sowie die familiäre Atmosphäre in Mering schätzen sie. Der Bezirk Schwaben, als Träger der Einrichtun­g, überlegt sogar, hier in Kürze zwölf weitere Arbeitsplä­tze zu schaffen, wenn er das notwendige Führungspe­rsonal gefunden hat.

Auswirkung­en auf die Werkstätte durch die Verlagerun­g der Produktion bei Ludwig Leuchten zum Dezember 2017 befürchten die Verantwort­lichen nicht.

Am 4. Oktober 2016 eröffnete die Caritas Augsburg Betriebstr­äger gGmbH (CAB) die Außenstell­e Mering St. Franziskus in der Frühlingst­raße 15. Seitdem kümmern sich die Gruppenlei­ter Michaela Reincke undMoritzJ­akobi mit Unterstütz­ung durch den Bundes freiwillig­en dienst leistenden Florian Eisen mann um 15 Menschen mit Handicap, die in Wohnortnäh­e einen Arbeitspla­tz fanden.

Die Forderung des Bezirks Schwaben lautete, eine Betreuungs möglichkei­t im Bereich M er ingo der Kissing zu finden. „Von den drei bis vier Objekten, die wir uns angesehen hatten, überzeugte uns diese frühere Produktion­shalle der Firma Ludwig Leuchten durch seine Größe und Nähe zu einer Firma am meisten“, berichtet der Amtsstelle­nleiter Karl-Heinz Remmele. Au- drei großen Arbeitsräu­men sind noch zwei Büros, ein Speisesaal, ein Sozial- und Arztraum, ein Mehrzweckr­aum, ein Ruheraum, ein Lager, mehrere Umkleide- und Sanitärräu­me vorhanden. Zwischenwä­nde wurden auf eigene Kosten eingezogen sowie die Sozialräum­e, Speisesaal und Küche behinderte­ngerecht ausgebaut und eingericht­et, so Remmele. Idealfall wäre es gewesen, Direktarbe­it aus der Produktion der benachbart­en Firma zu erhalten oder Praktikant­en in diese zu entsenden beziehungs­weise später Personen in den ersten Arbeitsmar­kt zu vermitteln, fügt er hinzu. Da jedoch bisher noch keine Aufträge von Ludwig Leuchten erteilt wurden, erwarte er auch keine negativen Folgen nach der Verlagerun­g der Produktion.

Aufgabe der Beschäftig­ten in Mering besteht darin, für die Firma Kläger, mit Sitz in Neusäß, Sprühpisto­len zu produziere­n. Für die zweite Firma Maderholz, in der Nähe des Brombachse­es gelegen, werden mithilfe eines von dem Unternehme­n entwickelt­en Geräts Pfeifenfil­ter mit Aktivkohle befüllt, weil es keine Automaten für die Herstellun­g gäbe, erklärt Remmele und zeigt die einzelnen Arbeitssch­ritte. Um 8 Uhr beginnen die Menschen aus Friedberg, Kissing, Schmiechen und Mering mit ihrer Arbeit in zwei Gruppen mit jeweils sieben beziehungs­weise acht Personen. Um 16 Uhr endet ihr Arbeitstag. Die Produktion der Pfeifenfil­ter können nur die motorisch nicht eingeschrä­nkten Arbeitskrä­fte übernehmen, die Herstellun­g der Sprühßer pistolen setzt sich aus mehreren Arbeitssch­ritten zusammen, die zum Teil durch besondere Vorrichtun­gen erleichter­t werden.

70 Prozent der Einnahmen sind an die Beschäftig­ten als Lohn auszuzahle­n, die restlichen 30 Prozent gehen in die Rücklagen, erklärt der Amtsstelle­nleiter. Unternehme­n mit mehr als 20 Personen, die keine Schwerbehi­nderten beschäftig­en, müssen eine Strafabgab­e bezahlen und könnten sich durch Aufträge an Behinderte­nwerkstätt­en 50 Prozent der Lohnkosten auf diese Abgabe anrechnen lassen, weiß er. Nicht nur die Qualität und Liefertreu­e sind einzuhalte­n, auch die Preise müssen stimmen und die Abläufe zertifizie­rt sein. Das trifft auf die Außenstell­e Mering zu.

Gruppenlei­terin Michaela ReinDie cke kümmert sich neben ihrer eigentlich­en Aufgabe um die Mittagesse­nsausgabe und führte ihr Projekt „Marmeladen­aufstriche und Salze“auch in Mering ein. „Es ist viel Kreativitä­t gefragt. Jeder Tag ist aufregend und anstrengen­d, bringt aber auch immer Freude mit sich. Die Gruppenlei­terin ist für die Menschen hier der Elternersa­tz“, sagt Reincke. Neben der Arbeit werden lebensprak­tische Förderkurs­e, Nordic Walking, PC- oder Englischku­rse angeboten. Sehr wichtig für das eigene Selbstwert­gefühl der Menschen ist es, dass sie sich nach zwanzig Arbeitsjah­ren einen Anspruch auf Erwerbsunf­ähigkeitsr­ente selbst verdient haben. Viele genießen es aber, noch weitere Jahre in dieser geselligen Atmosphäre weiterzuar­beiten.

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Foto: Heike Scherer Für ein Unternehme­n in Neusäß fertigen 15 behinderte Menschen in der Außenstell­e Mering Sprühpisto­len für Reinigungs­mittel.

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