Miaauuu!
Katzen schmusen gerne, können aber auch aggressiv werden. Wer gebissen wird, muss schnell sein
Ihr Speichel enthält eine Mischung aus über 60 verschiedenen Erregern. Und das ist nur ein Grund, warum es so gefährlich ist, wenn eine Katze zubeißt. Geht es um Bissverletzungen, denken die meisten eher nicht an Katzen. Meine Freundin Gundi bis vor wenigen Wochen übrigens auch nicht. Damals besuchte sie eine Alm in Tirol. Dort trieb sich eine hübsche Katze herum. Sie schnurrte, rieb ihr Gesicht chen sich Verhaltensforscher und Tierpsychologen bis heute die Köpfe. Die Reaktion einer Katze vorauszusagen, ist um ein Vielfaches schwieriger als bei einem Hund. Sie gibt nicht immer eindeutige Warnsignale, und ein klassisches Fehlverhalten des Menschen wie „in die Enge treiben“oder „Festhalten gegen ihren Willen“hat es in Gundis Fall nicht gegeben. Nur Mühe konnte sie die Katze abschütteln.
Damit war für sie die Sache zunächst abgehakt. Geblutet hat die Wunde kaum, allerdings war sie schmerzhaft und die Hand geschwollen. Ein typisches Bild nach einem Katzenbiss. Deshalb denken sich in dieser Situation die meisten Opfer: Reinigen, kühlen, dann passt die Sache wieder. Weit gefehlt. Mehr als die Hälfte aller Katzenbisse infiziert sich und kann damit schwerwiegende Folgen haben – von Blutvergiftung über lebenslange Einschränkungen der Beweglichkeit der Finger bis hin zu Amputationen. Zum Vergleich: Hundebisse infizieren sich höchstens in 20 Prozent der Fälle.
Zwei Faktoren machen Katzenbisse so gefährlich: Zum einen beißen Katzen in den allermeisten Fällen in die Hand. Hier liegen Sehnen, Bänder und Knorpel, lauter Strukturen mit schlechter Immunabwehr, nur knapp unter der Haut. Zum anderen bohren sich die spitzen Zähne tief in die Hand hinein. Im Speichel von Katzen wurden über 60 verschiedene Erreger gefunden, die das Tier mit den Zähnen in das Gewebe bringt.
Beim Herausziehen der Zähne verschließt sich die Haut über dem recht kleinen Loch fast vollständig, weshalb die Verletzung wenig blutet. Aber im Untergrund brodelt es. Wenn Katzen miteinander raufen, ist es ganz ähnlich. Nach dem Biss eines Artgenossen ist äußerlich beim Opfer oftmals nichts zu erkenmit nen, doch dann bildet sich nach und nach ein Abszess unter der Haut.
Auch Gundi hatte ihre Sorgen, ob sie sich mit einem Katzenbiss dem Spott des Arztes aussetzen würde. Doch Schwellung und Schmerzen ließen sie das Spital aufsuchen. Eine kluge Entscheidung. Die Ärzte versorgten sie sofort mit Antibiotika und Wundspülungen und stellten den Arm mit einem Gips ruhig. Es folgten tägliche Kontrollen, um eine mögliche Ausbreitung der Infektion zu unterbinden. Studien zufolge wird jedes dritte Opfer eines Katzenbisses zu einem medizinischen Notfall. Daher auch der Spruch: „Über einem Katzenbiss darf die Sonne nicht auf- oder untergehen.“Beißt der Stubentiger, sollte man also keinesfalls bis zum nächsten Tag warten, sondern sofort zum Arzt gehen.
Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren ver knüpft sie die Leidenschaft für die Tiermedizin mit dem Spaß am Schreiben.