Wie eine Bank in Rekordzeit zur Kita wird
Die neue Kindertagesstätte St. Thomas in Rederzhausen eröffnet Anfang September in der früheren Sparkasse. Warum die Einrichtung den alten Tresor im Keller gerne behält
Rederzhausen Da möchte man noch einmal Kind sein: Es ist ein richtig heimeliges Haus geworden, die neue Kindertagesstätte St. Thomas in Rederzhausen. An der Fassade über dem Eingang wachsen Bäume empor, die Linoleumböden leuchten orangefarben. Die Kindergartengruppe liegt im Erdgeschoss, darunter die Krippengruppe. Damit diese Licht und Gartenzugang hat, wurde außen Erde abgetragen und eine Kellerwand in eine Wand aus Fenstertüren verwandelt. Das sind nur einige augenfällige Details des 620 000 Euro teuren Umbaus.
Einiges ist ungewöhnlich an dem Projekt, zunächst einmal die Örtlichkeit. Die 23 Kindergartenkinder zwischen drei und sechs Jahren und die zwölf unter-dreijährigen Krippenkinder werden ab September in der ehemaligen Sparkassenfiliale betreut. Es sind etwas weniger Kinder als in normalen Gruppen, damit das Raumprogramm eingehalten wird. Die FDP-Stadträtin und Mutter Cornelia Böhm hatte die Idee für die Umnutzung der Bank. Der Umbau lief in Rekordzeit: Die Entscheidung des Stadtrates fiel im Oktober. Nur wenige Monate dauerte die Planungsund Genehmigungsphase. Das Projekt habe Priorität eins gehabt, erklären Finanzreferent Wolfgang Schuß und sein Mitarbeiter Martin Behr. Die Bauphase begann im April. Jetzt läuft der Innenausbau. WCs und Waschbecken sowie Küchenzeilen sind bereits fertig; dieser Tage kommen die Möbel. Ende des Monats wird alles fertig sein. Nur draußen auf dem Freigelände, wo ebenfalls viel verändert wird, sind gerade noch Bagger zugange. Hier werden die letzten Pflanzungen im Herbst getätigt.
Wegen des Zeitdrucks habe sich die Stadt entschieden, die Planung und Betreuung des Projekts ausnahmsweise zu vergeben, sagt Schuß. Das beauftragte Büro 6/7/8 Augsburg ist spezialisiert auf Umbauten und arbeitet immer wieder für den Träger der neuen Kita, den Kinderheimverein. Die Absprache zwischen der Stadt als Bauherr, dem Kinderheimverein als Nutzer und dem Büro war eng. Daher und wegen der ungewöhnlichen Ausgangslage, aus einem Bank-Zweckbau der 70er eine moderne Betreuungseinrichtung zu machen, fanden sich ungewöhnliche Lösungen.
Unter anderem wird der alte Personaleingang zum Nebeneingang für die Kinderkrippe, Abstellplatz für Kinderwagen inklusive. Die Heizung wurde in eine Pelletheizung umgewandelt, um ökologisch auf einen zeitgemäßen Standard zu kommen, wie Schuß erläutert. Der Wunsch der Grünen nach einer energetischen Grundsanierung konnte man unter anderem aus Zeitgründen nicht nachkommen; Fenster, hochwertige Fassadenteile und eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung führen trotzdem zu einem hohen energetischen Standard. Sevket Dalyanoglu, Leiter des Büros 6/7/8, sieht in der Umnutzung bestehender Immobilien eine große Chance für Kommunen angesichts des Baudrucks im Großraum Augsburg. Er ist Vater zweier Kinder, die Betreuung von Projekten wie der Kita St. Thomas – die nach der Kapelle nebenan benannt wurde – macht ihm daher besondere Freude. Und wann hat man schon einmal die Chance, einen Tresorraum für einen Kindergarten umzunutzen? Der alte Tresor bleibt erhalten, wird jedoch nicht genutzt – bis auf 24 Fächer, aus denen im Winter ein Adventskalender werden soll. Auch die Stahltür in die Kammer bleibt, wird allerdings aus Sicherheitsgründen fixiert – Details, welche die frühere Nutzung sichtbar machen.
Gudrun Keller-Buchheit, Geschäftsführerin des Kinderheimvereins, spricht denn auch von einer ganz besonderen Einrichtung. Es ist die 24. Kinderbetreuungseinrichaus tung im Friedberger Stadtgebiet – anfang der 80er Jahre waren es noch acht. Die Expertin weiß aber auch: Mit den Gebäuden allein ist es nicht getan. Sie sieht sich immer stärker mit dem Mangel an Erzieherinnen konfrontiert. Für die neue Kita auf dem Dorf interessierten sich zwar viele Fachkräfte, doch ansonsten werde es immer schwieriger, Personal zu finden. Der Verein sucht schon auf Facebook nach Mitarbeitern und sieht sich mit Mitbewerbern konfrontiert, die zum Job gleich einen Kinderbetreuungsplatz anbieten. In Augsburg können Kindergärten bereits wegen Personalmangels weniger Plätze anbieten, als möglich wäre. Das könnte auch im Landkreis ein Problem werden, befürchtet Keller-Buchheit. „Ohne Personal geht es nicht.“
Bei uns im Internet Der erste Einblick in die neue Kindertagesstätte unter friedberger allgemeine.de/bilder