Friedberger Allgemeine

Autoklau mit dem Schlüsselt­rick

Justiz Wie eine Bande teils hochwertig­e Wagen gestohlen hatte und über die Grenze schaffte

- VON KLAUS UTZNI

Unser Nachbarlan­d Polen gilt nach wie vor als Drehscheib­e im internatio­nalen Geschäft mit gestohlene­n Autos. Jedes Jahr verschwind­en in Deutschlan­d fast 20000 Autos auf Nimmerwied­ersehen. Viele davon werden auf Bestellung geklaut und in die Länder des ehemaligen Ostblocks verschoben. Es sind meist spezialisi­erte Banden, die arbeitstei­lig operieren.

Eine Gruppe polnischer Diebe beschäftig­t die Augsburger Justiz seit mehreren Jahren. Die Bande arbeitete vor allem mit dem sogenannte­n Schlüsselt­rick. In einem Prozess vor der 10. Strafkamme­r beim Landgerich­t unter Vorsitz von Wolfgang Natale muss sich jetzt neben einem 33-jährigen Polen auch einer der mutmaßlich­en Köpfe der Bande verantwort­en – ein studierter Jurist, 40. In dem Verfahren geht es um 17 gestohlene Autos im Wert von insgesamt fast einer halben Million Euro. Die Bande war im gesamten Bundesgebi­et zwischen Hamburg im Norden und Augsburg im Süden aktiv. Im Stadtgebie­t verschwand­en im August 2014 innerhalb weniger Tage ein VW-Tiguan, ein Passat CC und ein Volvo CX 60.

Der angeklagte Jurist (Verteidige­r: Moritz Bode und Maciej Lukaszewic­z) soll, so sieht es Staatsanwa­lt Andreas Tonn, bei den Diebstähle­n federführe­nd gewesen sein. Er suchte bei Autohäuser­n nachgefrag­te Marken und Modelle aus. Dann heuchelte er Kaufintere­sse, ließ sich zur „Besichtigu­ng“den Fahrzeugsc­hlüssel beziehungs­weise den elektronis­chen Transponde­r geben, startete den Motor. Am Ende verabschie­dete er sich mit einem „Dankeschön“. Doch bei dem Schüssel, den er zurückgege­ben hatte, handelte es um eine baugleiche Kopie. Den Originalsc­hlüssel hatte er ausgetausc­ht und für sich behalten.

Damit stahl ein Helfershel­fer dann in der Nacht darauf das Fahrzeug vom Firmenhof. Mittäter brachten die geklauten Wagen via Berlin auf der Autobahn über die Grenze nach Polen. Ein sogenannte­s „Pilotfahrz­eug“fuhr voraus, um den Fahrer des nachfolgen­den gestohlene­n Autos auf mögliche Polizeikon­trollen aufmerksam zu machen. In einigen Fällen drangen Bandenmitg­lieder, so auch der zweite Angeklagte, mit Gewalt in die Räume von Autohäuser­n ein, nahmen die Originalsc­hlüssel und machten sich mit der Beute aus dem Staub. Dem 33-jährigen Polen (Verteidige­r: Jasmin Tobisch und Adam Zurawel) werden zwei Fälle zur Last gelegt.

Die Ermittlung­sakten von Kripobeamt­en aus zahlreiche­n Bundesländ­ern umfassen fast 2500 Blatt Papier. Darunter sind auch etliche Bußgeldver­fahren. Denn die Autodiebe kümmerten sich auf der Autobahn nicht um Tempobesch­ränkungen und wurden deshalb etliche Male „geblitzt“.

Die 10. Strafkamme­r hat insgesich samt neun Verhandlun­gstage angesetzt. Das Urteil wird voraussich­tlich früher fallen. Denn nach einer Verfahrens­absprache hat der angeklagte Jurist über seine Anwälte bereits ein umfassende­s Geständnis abgelegt. Als Motiv nannte er „massive Geldproble­me“mit neu gegründete­n Handelsfir­men und mit seiner Spielsucht. Ihm drohen nun an die sieben Jahre Haft. Dem Mitangekla­gten wurden etwa zweieinhal­b Jahre Gefängnis in Aussicht gestellt.

In einem Prozess im Herbst 2016 sind vom Landgerich­t bereits mehrere Mitglieder der Bande bis zu fast sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Mittäter brachten die Autos nach Polen

 ?? Symbolfoto: Daniel Reinhardt, dpa ?? Eine Bande aus Polen soll für diverse Autodiebst­ähle in Deutschlan­d verantwort­lich sein. Sie soll gestohlene Autos über die Au tobahn nach Polen gebracht haben.
Symbolfoto: Daniel Reinhardt, dpa Eine Bande aus Polen soll für diverse Autodiebst­ähle in Deutschlan­d verantwort­lich sein. Sie soll gestohlene Autos über die Au tobahn nach Polen gebracht haben.

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