Ein klares Nein zu Pyros beim Fußball
Diskussion Im Landkreis begrüßen die Fußball-Verantwortlichen die Entscheidung des DFB gegen Kollektivstrafen bei Ausschreitungen in den Stadien. Auch in einem anderen Punkt sind sie einer Meinung
Friedberg Heute beginnt sie, die 55. Saison der Fußall-Bundesliga. Des Deutschen liebstes Sportkind wird wieder jeden Spieltag Hunderttausende in die Stadien und Millionen vor die Fernsehschirme locken – doch schon vor dem Start drohen dunkle Wolken. Die Randale-Bilder vom Pokalspiel in Rostock sind noch frisch im Gedächtnis und auch die Entscheidung des DFB, bei solchen Vorkommnissen auf Kollektivstrafen verzichten zu wollen, ist noch jung. Ebenso neu ist der Vorschlag des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius, in bestimmten Stadionbereichen Pyros zu erlauben.
Wir wollten von Fußball-Verantwortlichen aus der Region wissen, was sie von den DFB-Plänen und dem Vorschlag des Politikers halten und ob sie Auswirkungen auf die nun beginnende Saison fürchten.
Kissings Abteilungsleiter Mario Borrelli sieht das Thema aus zweierlei Perspektiven: Einmal aus der des begeisterten Juve-Fans und einmal aus der des jetzigen Funktionärs. „Ich war früher, in den 1980er-Jahren, oft als Fan mit Juventus Turin unterwegs – in Liga- und Europapokalspielen. Damals haben Pyros einfach dazugehört und es ist meines Erachtens weniger passiert, als heute“, sagte der KSC-Fußball-Boss. Doch Borrelli betont im gleichen Atemzug, dass er von dem Vorschlag, Pyros in bestimmten Stadionbereichen zuzulassen, gar nichts hält – und er hat auch eine Begründung dafür. „Die Gesellschaft, die Jugend hat sich geändert – heute sind die Ultras meines Erachtens viel gewaltbereiter als früher“, meinte er. Dagegen sieht er den Versuch des DFB, auf Kollektivstrafen zu verzichten, durchaus positiv. „Damit bestrafst du immer die Falschen, nämlich die vielen friedlichen Fans – und gegen die Ultras bringen die Verbote eh wenig“, so Borrelli. Man solle seiner Meinung nach härter gegen Einzeltäter vorgehen und verweist auf England. Dort habe man das Hooligan-Problem in den Griff bekommen. „Ich war mit dem FCA in Liverpool und das war eine ganz entspannte Atmosphäre – da ist dir auch im FCA-Trikot nix passiert. Das funktioniert leider nicht überall“, erläuterte Borrelli. Der Kissinger Abteilungsleiter hält aber nichts von personalisierten Eintrittskarten und verweist in dieser Angelegenheit wieder auf Italien:
„Das hat den italienischen Fußball kaputtgemacht und für Zuschauerschwund gesorgt.“Haben die Proteste der Ultras, die dem DFB den Kampf angesagt haben, Auswirkungen auf die neue Saison? „Ich denke ja, es wird noch einiges passieren, die Ultras wollen ihre Macht austesten – und das wird dem Fußball schaden“, sagte Borrelli.
Marcus Mendel ist einerseits Abteilungsleiter des TSV Friedberg, andererseits als Sportrichter auch Mitarbeiter des Bayerischen Fußballverbandes (BFV) und blickt auch aus zweierlei Sicht auf die Problematik. „Dass man von den Kollektivstrafen abrücken will, halte ich für sinnvoll. Wir haben das Problem bei den Amateuren ja auch – da führen sich ein paar Holzköpfe auf und der Verein muss dann dafür bluten“, so Mendel. Doch Mendel sieht gerade bei den Profispielen ein Problem: „Wie soll man die Einzeltäter dingfest machen? Wollen wir die totale Überwachung und wir haben auch noch den Datenschutz als hohes Gut. Es ist schwierig, diese Probleme zu lösen“, sagte er. Für geradezu abwegig hält er den Vorschlag, eine „Teilerlaubnis für Pyros“zu erteilen. „Das ist völlig daneben, dann zünden die Chaoten halt nur mehr das halbe Stadion an. Nein, Pyros haben im Fußball nichts verloren – auf andere abgefeuert sind die Dinger nichts anderes als eine Waffe“, bezog Mendel klar Stellung.
Glaubt der Friedberger Funktionär, dass der Streit zwischen Ultras und DFB Auswirkungen auf die Saison hat? „Schwer zu sagen, mit der Ultraszene kann ich wenig anfangen. Die Probleme mit diesen Fans müssen in den Vereinen gelöst, da sind auch die Clubs gefordert“, so Mendel. Der TSV-Abteilungsleiter hat auch wenig Verständnis für den Hass der Ultras gegen den DFB und die Kommerzialisierung des Sports. „Teile der Szene leben in der Vergangenheit und ohne den Kommerz wird der deutsche Fußball international abgehängt. Fußball ist halt ,Brot und Spiele’ auf modern“, so Mendel.
Überhaupt kein Verständnis für die Ultras bringt Georg Resch, der Präsident des SV Mering und CSUGemeinderat in Mering auf. „Die erklären dem DFB den Krieg, gehen vermummt ins Stadion und begehen Straftaten – wie will ich mit solchen Leuten vernünftig reden?“, so Resch. „Wenn ich ins Stadion gehe, will ich Fußball sehen und nicht Silvester feiern“, meinte er weiter. Die Entscheidung des DFB, von Kollektivstrafen abzusehen, begrüßte der Meringer Funktionär. „Das ist ja auch eine rechtliche Sache, ich kann nicht alle bestrafen, um einzelne zu erziehen“, erklärte er. Man müsse die Einzeltäter herausfiltern und hart bestrafen – nur wie man das schaffen will, dafür hat auch der Meringer Politiker keine Patentlösung parat. „Vielleicht ist der personenbezogene Eintrittskate ein Weg“, so der MSV-Präsident, der auch gegen die eigene „Fan-Szene“schon Stadionverbote aussprechen musste. Absolut nicht einverstanden ist er mit dem Vorschlag von Boris Pistorius in Sachen Legalisierung von Pyros. „Das ist ein totaler Krampf. Die Bundesliga sollte ja ein Vorbild für die unteren Ligen sein und wenn das oben erlaubt wird, kommen die Chaoten auch zu uns und wollen zündeln – das geht gar nicht“, echauffierte sich Resch. Befürchtet er Auswirkungen auf die neue Saison? „Ich sehe schon eine Gefahr, zumal es Teilen der Ultras ja auch nicht um den Fußball, sondern einfach um die Randale geht“, sagte Resch.
Fotos: Kleist(2), B. Weizenegger