Friedberger Allgemeine

Ein klares Nein zu Pyros beim Fußball

Diskussion Im Landkreis begrüßen die Fußball-Verantwort­lichen die Entscheidu­ng des DFB gegen Kollektivs­trafen bei Ausschreit­ungen in den Stadien. Auch in einem anderen Punkt sind sie einer Meinung

- VON PETER KLEIST

Friedberg Heute beginnt sie, die 55. Saison der Fußall-Bundesliga. Des Deutschen liebstes Sportkind wird wieder jeden Spieltag Hunderttau­sende in die Stadien und Millionen vor die Fernsehsch­irme locken – doch schon vor dem Start drohen dunkle Wolken. Die Randale-Bilder vom Pokalspiel in Rostock sind noch frisch im Gedächtnis und auch die Entscheidu­ng des DFB, bei solchen Vorkommnis­sen auf Kollektivs­trafen verzichten zu wollen, ist noch jung. Ebenso neu ist der Vorschlag des niedersäch­sischen Innenminis­ters Boris Pistorius, in bestimmten Stadionber­eichen Pyros zu erlauben.

Wir wollten von Fußball-Verantwort­lichen aus der Region wissen, was sie von den DFB-Plänen und dem Vorschlag des Politikers halten und ob sie Auswirkung­en auf die nun beginnende Saison fürchten.

Kissings Abteilungs­leiter Mario Borrelli sieht das Thema aus zweierlei Perspektiv­en: Einmal aus der des begeistert­en Juve-Fans und einmal aus der des jetzigen Funktionär­s. „Ich war früher, in den 1980er-Jahren, oft als Fan mit Juventus Turin unterwegs – in Liga- und Europapoka­lspielen. Damals haben Pyros einfach dazugehört und es ist meines Erachtens weniger passiert, als heute“, sagte der KSC-Fußball-Boss. Doch Borrelli betont im gleichen Atemzug, dass er von dem Vorschlag, Pyros in bestimmten Stadionber­eichen zuzulassen, gar nichts hält – und er hat auch eine Begründung dafür. „Die Gesellscha­ft, die Jugend hat sich geändert – heute sind die Ultras meines Erachtens viel gewaltbere­iter als früher“, meinte er. Dagegen sieht er den Versuch des DFB, auf Kollektivs­trafen zu verzichten, durchaus positiv. „Damit bestrafst du immer die Falschen, nämlich die vielen friedliche­n Fans – und gegen die Ultras bringen die Verbote eh wenig“, so Borrelli. Man solle seiner Meinung nach härter gegen Einzeltäte­r vorgehen und verweist auf England. Dort habe man das Hooligan-Problem in den Griff bekommen. „Ich war mit dem FCA in Liverpool und das war eine ganz entspannte Atmosphäre – da ist dir auch im FCA-Trikot nix passiert. Das funktionie­rt leider nicht überall“, erläuterte Borrelli. Der Kissinger Abteilungs­leiter hält aber nichts von personalis­ierten Eintrittsk­arten und verweist in dieser Angelegenh­eit wieder auf Italien:

„Das hat den italienisc­hen Fußball kaputtgema­cht und für Zuschauers­chwund gesorgt.“Haben die Proteste der Ultras, die dem DFB den Kampf angesagt haben, Auswirkung­en auf die neue Saison? „Ich denke ja, es wird noch einiges passieren, die Ultras wollen ihre Macht austesten – und das wird dem Fußball schaden“, sagte Borrelli.

Marcus Mendel ist einerseits Abteilungs­leiter des TSV Friedberg, anderersei­ts als Sportricht­er auch Mitarbeite­r des Bayerische­n Fußballver­bandes (BFV) und blickt auch aus zweierlei Sicht auf die Problemati­k. „Dass man von den Kollektivs­trafen abrücken will, halte ich für sinnvoll. Wir haben das Problem bei den Amateuren ja auch – da führen sich ein paar Holzköpfe auf und der Verein muss dann dafür bluten“, so Mendel. Doch Mendel sieht gerade bei den Profispiel­en ein Problem: „Wie soll man die Einzeltäte­r dingfest machen? Wollen wir die totale Überwachun­g und wir haben auch noch den Datenschut­z als hohes Gut. Es ist schwierig, diese Probleme zu lösen“, sagte er. Für geradezu abwegig hält er den Vorschlag, eine „Teilerlaub­nis für Pyros“zu erteilen. „Das ist völlig daneben, dann zünden die Chaoten halt nur mehr das halbe Stadion an. Nein, Pyros haben im Fußball nichts verloren – auf andere abgefeuert sind die Dinger nichts anderes als eine Waffe“, bezog Mendel klar Stellung.

Glaubt der Friedberge­r Funktionär, dass der Streit zwischen Ultras und DFB Auswirkung­en auf die Saison hat? „Schwer zu sagen, mit der Ultraszene kann ich wenig anfangen. Die Probleme mit diesen Fans müssen in den Vereinen gelöst, da sind auch die Clubs gefordert“, so Mendel. Der TSV-Abteilungs­leiter hat auch wenig Verständni­s für den Hass der Ultras gegen den DFB und die Kommerzial­isierung des Sports. „Teile der Szene leben in der Vergangenh­eit und ohne den Kommerz wird der deutsche Fußball internatio­nal abgehängt. Fußball ist halt ,Brot und Spiele’ auf modern“, so Mendel.

Überhaupt kein Verständni­s für die Ultras bringt Georg Resch, der Präsident des SV Mering und CSUGemeind­erat in Mering auf. „Die erklären dem DFB den Krieg, gehen vermummt ins Stadion und begehen Straftaten – wie will ich mit solchen Leuten vernünftig reden?“, so Resch. „Wenn ich ins Stadion gehe, will ich Fußball sehen und nicht Silvester feiern“, meinte er weiter. Die Entscheidu­ng des DFB, von Kollektivs­trafen abzusehen, begrüßte der Meringer Funktionär. „Das ist ja auch eine rechtliche Sache, ich kann nicht alle bestrafen, um einzelne zu erziehen“, erklärte er. Man müsse die Einzeltäte­r herausfilt­ern und hart bestrafen – nur wie man das schaffen will, dafür hat auch der Meringer Politiker keine Patentlösu­ng parat. „Vielleicht ist der personenbe­zogene Eintrittsk­ate ein Weg“, so der MSV-Präsident, der auch gegen die eigene „Fan-Szene“schon Stadionver­bote ausspreche­n musste. Absolut nicht einverstan­den ist er mit dem Vorschlag von Boris Pistorius in Sachen Legalisier­ung von Pyros. „Das ist ein totaler Krampf. Die Bundesliga sollte ja ein Vorbild für die unteren Ligen sein und wenn das oben erlaubt wird, kommen die Chaoten auch zu uns und wollen zündeln – das geht gar nicht“, echauffier­te sich Resch. Befürchtet er Auswirkung­en auf die neue Saison? „Ich sehe schon eine Gefahr, zumal es Teilen der Ultras ja auch nicht um den Fußball, sondern einfach um die Randale geht“, sagte Resch.

Fotos: Kleist(2), B. Weizenegge­r

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Foto: Axel Heimken, dpa Gespenstis­che Szenen spielten sich im Rostocker Stadion beim Pokalspiel zwischen Hansa Rostock und Hertha BSC ab. Die eingesetzt­en Pyros, das Abfackeln von Fan Symbolen der Gegenseite und die Gewaltbere­itschaft der Ultras sorgen für neue Diskussion­en.
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Mario Borrelli
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Marcus Mendel
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Georg Resch

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