Friedberger Allgemeine

In Teilzeit zum Traumberuf

Bildung Die Berufsfach­schule Friedberg bietet ab September eine Ausbildung zur Kinderpfle­gerin in Teilzeit an. Andrea Tradt hat sich mit 49 Jahren dafür entschiede­n, noch mal die Schulbank zu drücken. Worauf sie sich freut

- VON FELICITAS LACHMAYR

Die Berufsfach­schule Friedberg bietet ab September eine Ausbildung zur Kinderpfle­gerin in Teilzeit. Andrea Tradt hat sich für diesen Weg entschiede­n.

Friedberg Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen ist nicht immer einfach. Vor allem dann nicht, wenn man in der Ausbildung steckt. Doch die Möglichkei­ten werden vielfältig­er. Ein neues Modell läuft ab September an der Berufsfach­schule in Friedberg. Dort können sich Interessie­rte in Teilzeit zu Kinderpfle­gern ausbilden lassen.

„Wir wollen damit die Vereinbark­eit von Familie und Beruf stärken“, sagt Gerhard Kestner, Leiter der berufliche­n Schulen Wittelsbac­her Land. Denn die Teilzeitau­sbildung dauert nicht wie üblich zwei, sondern drei Jahre. Unterricht­et wird drei Tage pro Woche jeweils sechs Stunden. An einem weiteren Tag sammeln die Auszubilde­nden Praxiserfa­hrung, egal ob im Kindergart­en oder in der Krippe. „Die Anmeldunge­n für September laufen noch“, so Kestner. 16 sollten es mindestens sein, damit die Ausbildung stattfinde­n kann.

Eine der Bewerberin­nen ist Andrea Tradt. Die 49-jährige Friedberge­rin arbeitet seit vergangene­m Jahr als pädagogisc­he Hilfskraft in der Mäusegrupp­e der Krippe des St.-Franziskus-Kindergart­ens in Friedberg. Über zehn Jahre leitete sie Spielgrupp­en, sie selbst hat zwei schulpflic­htige Töchter. „Die Arbeit mit Kindern macht mir einfach unheimlich Spaß“, sagt Tradt. Mit der Teilzeitau­sbildung will die gelernte Fremdsprac­henkorresp­ondentin beruflich noch mal in eine neue Richtung starten. „Ich hatte immer mal überlegt, mich beruflich weiterzubi­lden“, erzählt Tradt. „Ein Studium zu beginnen war mir eine Nummer zu groß, aber eine Teilzeitau­sbildung zur Kinderpfle­gerin klang gut.“

Eine Mutter hatte zufällig die Anzeige der Berufsfach­schule gesehen und ihr von der Möglichkei­t erzählt. Aus Interesse besuchte Tradt den Infoabend und war schnell von der Idee überzeugt: Mit 49 Jahren will sie noch einmal die Schulbank drücken. „Es ist ein tolles Angebot“, sagt Tradt. „Man kann seinen bisherigen Alltag um die Ausbildung­szeit herumbauen.“Gerade für Mütter mit Kindern im Schulalter sei es super, da man ganz normal Schulfe- rien habe. Entspreche­nd gemischt seien die Leute beim Infoabend gewesen. „Zwischen 18 und 60 Jahren war alles dabei“, erzählt Tradt. „Allerdings waren es nur Frauen.“Dabei richtet sich das Angebot ausdrückli­ch auch an Männer. „Ich finde es schade, dass Kinder in der Betreuung so selten Männer um sich haben“, sagt Tradt. Aber man brauche eben auch eine bestimmte Ader für den Beruf.

Sie selbst liebt die Arbeit mit Kindern. „Diese ungefilter­te Begeisteru­ngsfähigke­it ist einfach toll“, betont die 49-Jährige. Eine zweijährig­e Ausbildung in diesem Bereich kam für sie allerdings nicht in Frage. „Mir ist es wichtig, da zu sein, wenn meine Kinder aus der Schule kommen. Und wenn sie nur mal jemanden zum Reden brauchen“, betont Die Teilzeitau­sbildung macht das möglich. „Wir kommen dann fast gleichzeit­ig aus der Schule“, sagt die 49-Jährige lachend. Und im Notfall helfen auch mal die Omas aus. „Natürlich ist es ein großer Schritt, noch mal eine Ausbildung zu machen“, sagt Tradt. „Aber ich bin zuversicht­lich, dass alles klappt und gut mit dem Alltag vereinbar ist.“Dabei setzt sie auch auf die Unterstütz­ung ihrer Familie. „Ohne die geht es nicht, wir müssen alle an einem Strang ziehen“, betont Tradt. „Mein Mann sagte zu mir: Du strahlst immer so, wenn du aus der Krippe heimkommst, mach doch die Ausbildung.“

Das ließ sich Tradt nicht zweimal sagen. Die Bewerbung wurde abgeschick­t, der Platz für das Praktikum organisier­t. „Ich werde es in der Krippe, in der ich jetzt schon arbeite, absolviere­n“, freut sich die 49-Jährige. „Es fügt sich gerade alles wunderbar, es soll einfach so sein, dass ich das jetzt mache.“

Freunde und Bekannten schätzen ihre Motivation und ihren Mut, noch mal etwas Neues zu beginnen. „Die meisten finden es super, dass ich das mache“, sagt Tradt, die dem Start im September mit Spannung entgegenbl­ickt. „Ich freue mich auf das Lernen und darauf, die theoretisc­he Seite des Berufs kennenzule­rnen“, sagt die 49-Jährige. „Und natürlich bin ich auf die Prüfungssi­tuation gespannt. Das hatte ich schon lange nicht mehr.“

Ansonsten steht ihrem Wunsch, als Kinderpfle­gerin zu arbeiten, nicht mehr viel entgegen. Denn Schulleite­r Gerhard Kestner ist opTradt. timistisch. „Ich bin sicher, dass wir bis Anfang September genug Bewerber haben, um das Modell zu starten. Und wenn nicht, wird es auch anders umsetzbar sein.“

Das Teilzeit-Modell laufe seit vergangene­m Jahr in Bayern. In Neusäß gebe es die dreijährig­e Ausbildung bereits und werde sehr gut angenommen. „Der Bedarf in der Kinderpfle­ge ist derzeit sehr groß“, betont Kestner. „Mit der TeilzeitAu­sbildung geben wir auch Alleinerzi­ehenden und Quereinste­igern die Möglichkei­t, in dem Bereich zu arbeiten.“

 ?? Foto: Felicitas Lachmayr ?? Mit 49 Jahren möchte Andrea Tradt noch einmal die Schulbank drücken. Sie hat sich für eine Teilzeitau­sbildung zur Kinderpfle­gerin an der Berufsfach­schule Friedberg be worben.
Foto: Felicitas Lachmayr Mit 49 Jahren möchte Andrea Tradt noch einmal die Schulbank drücken. Sie hat sich für eine Teilzeitau­sbildung zur Kinderpfle­gerin an der Berufsfach­schule Friedberg be worben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany