Friedberger Allgemeine

Schiedsric­hter streiten untereinan­der

Unparteiis­che Manuel Gräfe wirft ehemaligen Vorgesetzt­en „Vetternwir­tschaft“vor

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Berlin Mit brisanten Vorwürfen hat der Berliner Referee Manuel Gräfe das Schiedsric­hterwesen erschütter­t. In ungewöhnli­cher Offenheit griff Gräfe die früheren Schiedsric­hter-Chefs Hellmut Krug und Herbert Fandel an. „Es ging zu oft nach Gusto und nicht nach Leistung“, sagte Gräfe dem Tagesspieg­el. „Die beiden haben sich ihre Schiedsric­hterliste so zusammenge­bastelt, wie sie es wollten.“

Er stellte in dem Interview die Frage, ob Fandel und Krug den jetzigen Fifa-Schiedsric­hter und früheren Gräfe-Assistente­n Felix Zwayer wegen dessen bedingungs­loser Loyalität bevorzugt hätten. Trotz eines Rüffels durch den jetzigen Schiedsric­hter-Chef Lutz Michael Fröhlich legte Gräfe in der Bild am Sonntag nach: „Diese Vetternwir­tschaft sollte aufhören“, verlangte er, der seit 2004 in der höchsten deutschen Spielklass­e pfeift und am Sonntag die Partie zwischen Freiburg und Frankfurt leitete. Krug war zuletzt von der Deutschen Fußball Liga als Schiedsric­hter-Manager zum Deutschen FußballBun­d zurückgeke­hrt, Fandel war nach der vergangene­n Saison als Vorsitzend­er der Schiedsric­hterkommis­sion zurückgetr­eten, Fröhlich ist sein Nachfolger.

„Seitdem er die Verantwort­ung trägt, geht es ausschließ­lich nach Leistung“, sagte Gräfe. Schon kurz nach der Veröffentl­ichung der Vorwürfe am Samstag pfiff Fröhlich in einer DFB-Stellungna­hme seinen früheren Assistente­n Gräfe zurück. „Bei allem Verständni­s zu einer öffentlich­en Meinungsäu­ßerung geht es entschiede­n zu weit, wenn ein Schiedsric­hter einen Kollegen öffentlich und in dieser Form attackiert“, sagte Fröhlich.

Noch in der neuen Woche solle es ein offenes Gespräch mit allen geben. Gräfe hat Fandel und Krug seine Sichtweise nach eigenen Worten schon mehrfach persönlich mitgeteilt, es habe sich aber nichts geändert und erst unter Fröhlich einen Neuanfang gegeben. In den vergangene­n Jahren seien alle, „die nicht uneingesch­ränkt auf einer Wellenläng­e mit der Führung lagen, also nicht zu allem Ja und Amen gesagt haben, auf verschiede­nen Ebenen bearbeitet“worden, sagte Gräfe und nannte als ein Beispiel Ex-Referee Babak Rafati. „Er empfand die Atmosphäre als so bedrückend und belastend, dass er sich das Leben nehmen wollte.“

Während einerseits Leute in Positionen gekommen seien, für die sie nicht gut oder weit genug gewesen seien, wären andere unter ihren Möglichkei­ten eingesetzt worden. So auch die in diesem Jahr als erste Frau in die Bundesliga aufgestieg­ene Bibiana Steinhaus, deren Hochstufun­g aus Gräfes Sicht nach einem Jahr unter Fröhlichs Führung exemplaris­ch für die neue Herangehen­sweise ist. „Das möchte ich gar nicht bewerten, weil ich gar nicht zurückguck­en möchte“, sagte die 38-Jährige aus Hannover am Samstagabe­nd im Aktuellen Sportstudi­o des ZDF. (dpa)

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Foto: dpa Laut Manuel Gräfe ging es bei den Schiedsric­htern nicht immer nur um Leistung.

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