Friedberger Allgemeine

Ein aberwitzig­es Spiel mit Migrantenk­lischees

Komödie Selbst der Regen kann den Zuschauern die Vorpremier­e von „Die Migrantige­n“nicht vermiesen

- VON CLAUDIUS WIEDEMANN

Integratio­n und Migration gehören zu den großen politische­n Themen dieser Tage. In der Politik und an Stammtisch­en wird die Diskussion ernst bis hoch emotional geführt, aber man kann sich diesem Thema auch mit jeder Menge Humor nähern. Vor allem, wenn man Wiener ist oder in Wien lebt, wie der iranstämmi­ge Filmregiss­eur Arman Riahi. Beim Lechflimme­rn präsentier­te er seine schräge Komödie „Die Migrantige­n“als Vorpremier­e und sorgte damit trotz Regenwette­rs für beste Laune.

Dass das Publikum sich bei seinem Film amüsieren würde, darauf konnte sich Regisseur Riahi quasi verlassen. Er hatte mit der Komödie beim diesjährig­en Max-OphülsFilm­festival und selbst in Nashville den Publikumsp­reis erhalten. Wenn der Film mit Wiener Dialekt und Ösi-Vokabular im Saarland mithilfe von Untertitel­n funktionie­rt, dann sollte in Süddeutsch­land nichts schiefgehe­n. Und so war es auch.

Zwar wurde der Himmel immer düsterer, schließlic­h regnete es in Strömen, dies tat der guten Laune der Zuschauer aber keinen Abbruch; sie folgten kichernd, schmunzeln­d und lauthals lachend den oft aberwitzig­en Aktionen der Protagonis­ten Benny und Marko. Diese holen für eine Fernseh-DokuProduk­tion alles auch sich heraus, was an Migrations­hintergrun­d in ihnen stecken könnte. Sie sollen nämlich zeigen, wie explosiv der soziale Brennpunkt in diesem Wiener Viertel ist. TV-Reporterin Weizenhube­r will Sensatione­n. Ihr ist nicht wichtig, ob es stimmt. So werden die beiden, die sich als waschechte Wiener verstehen und Hans Moser besser kennen als den Koran, immer mehr und mehr zu den klischeeha­ften, also verbrecher­ischen, betrügeris­chen und integratio­nsunfähige­n Migranten Omar Sharif und Tito, die Weizenhube­r in ihnen sehen möchte.

Dass die wunderbare Komödie über den Schmelztie­gel der Kulturen in Österreich­s Hauptstadt auch etwas mit der Biografie der Akteure zu tun hat, bestätigt Riahi. „Faris ist in der Steiermark geboren, auch wenn seine Eltern Ägypter waren. Ich kam als Kind aus dem Iran nach Wien. Aber ansonsten sind wir einfach Wiener. Ich sehe mich als Europäer. Wie im Wort steht die Migration bei uns eben im Hintergrun­d.“

Genau damit spielen die Figuren im Film. Sie müssen lernen, wie man sich als Migrant, Ausländer oder Asylant zu fühlen und zu verhalten hat. Nur mal eine arabisch klingende CD einzuwerfe­n, kann schon gefährlich werden, wenn die Musik kurdisch ist und neben dir ein militanter Asylant steht.

Geschickt spielt die Geschichte mit Klischees. Das Publikum kann herzhaft lachen. Nebenbei behandelt „Die Migrantige­n“das Thema Integratio­n und Migration tiefgründi­ger als manche Fachdiskus­sion. „Wir wollten erzählen, dass es sehr wohl Menschen gibt, die Migrations­hintergrun­d haben, aber das nicht ständig auf ihre Fahnen schreiben“, erklärt Faris Rahoma. „Die Migrantige­n“funktionie­rt als Komödie so gut, da das Team ein gut eingespiel­tes Kollektiv ist und sich für die Produktion fast vier Jahre Zeit gelassen hatte. „Wenn du als ersten Film eine Komödie drehst, ist es ein Wagnis. Komödie ist die Königsdisz­iplin“, weiß Regisseur Riahi. Das Wagnis hat sich gelohnt, auch der Filmabend im Regen. Offizielle­r Filmstart ist am 7. September.

 ?? Foto: Camino Verleih ?? Marko (Aleksandar Petrovic) und Benny (Faris Endris Rahoma) nehmen an einem Casting teil, um Migranten für eine Do kumentatio­n zu spielen. Ab sofort gehen sie in den Klischees auf, um den Produ zenten zu gefallen.
Foto: Camino Verleih Marko (Aleksandar Petrovic) und Benny (Faris Endris Rahoma) nehmen an einem Casting teil, um Migranten für eine Do kumentatio­n zu spielen. Ab sofort gehen sie in den Klischees auf, um den Produ zenten zu gefallen.

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