Braucht Mering eine Gunzenleestraße?
Ortsentwicklung Die Geschichte seiner Heimat liegt Johann Weber am Herzen und deshalb hat er viele Vorschläge für neue Straßennamen. Bauamtsleiter Armin Neumair macht dem Heimatforscher Hoffnung
Mering Als vor Kurzem im Gemeinderat über die Straßennamen im Neubaugebiet Oberfeld diskutiert wurde, da keimte in Johann Weber wieder Hoffnung auf. Eine Gunzenleestraße für Mering, das ist schon lange der Wunsch des Ortshistorikers. „Warum nur gibt es in Mering keine Straße, die nach der legendären Thingstätte benannt ist?“, fragt sich Weber schon seit Langem.
Auch dem verstorbenen Heimatforscher Martin Schallermeir war es ein Leben lang ein Anliegen, auf die Bedeutung der früh- und hochmittelalterlichen Versammlungsstätte hinzuweisen. Davon zeugen etliche seiner Veröffentlichungen. Der legendäre Ort Gunzenlee oder Gunzenleh, der laut historischen Aufzeichnungen später vom Lech weggeschwemmt wurde, ist nicht eindeutig zu verorten. Irgendwo an der Gemeindegrenze zwischen Kissing und Mering wird er vermutet, auf Höhe der Ottomühle, jedoch weiter westwärts, zwischen B 2 und den Lechauen. Der Königshof war jedoch erwiesenermaßen in Mering. Mit seiner großen Landwirtschaft garantierte er die Versorgung.
In Kissing wurde eine Straße nach dem Versammlungshügel Gunzenlee benannt. Sie zieht sich zwischen Bahnhofstraße und BürgermeisterWohlmuth-Straße entlang und kreuzt die Germanenstraße, den Gotenweg, den Hunnen- und den Bajuwarenring. An anderer Stelle der Gemeinde Kissing gibt es auch eine Lechfeldstraße. Das Lechfeld verbindet man vor allem mit Schlachten während der Ungarneinfälle. Bemerkenswerterweise gibt es sogar in München sowohl eine Lechfeldstraße als auch eine Gunzenlehstraße. „Ich war darüber sehr erstaunt und habe dort vor Jahren die beiden Straßen fotografiert“, erzählt Weber. Etwas versteckt liegen sie im Stadtteil Laim und bilden das Herzstück einer vierzeiligen Kleinhauskolonie. Die beiden Straßen erhielten ihre Namen 1914.
Was die Stadt München damals zu der Namensgebung bewogen hat, konnte Johann Weber nicht herausfinden. Zugänglich ist jedoch die Namenserläuterung des Münchner Vermessungsamtes: „Gunzenleh, ehemalige Burg der Welfen bei Mering, südöstlich von Augsburg, benannt nach der Grabstätte des in der Schlacht auf dem Lechfeld im Jahr 955 gefallenen Frankenherzogs Konrad, genannt Kunz (Gunz).“Zur abzweigenden Lechfeldstraße lautet die Erklärung aus München: nach dem Lechfeld südlich von Augsburg; Sieg Ottos des Großen über die Ungarn 955. Lechfeld, heute kultivierte Geröllebene zwischen Lech und Wertach, südlich von Augsburg.“
Geschichtlich seien diese amtlichen Erklärungen allerdings nicht ganz korrekt, sagt Weber, der für alle Interessierten die Heimatgeschichte gerne erklärt: „Der Name Gunzenlee geht vermutlich auf den Vornamen Gunz oder Gunzo zurück und Lee bedeutet Gebiet.“Könige und Kaiser hatten zu dieser Zeit keine Residenz. Sie regierten vom Pferdesattel aus. Auf Plätzen wie dem Gunzenlee wurden Regierungsgeschäfte erledigt, die zuvor von Boten vorbereitet wurden. So entstand wohl auch die Urkunde, in der Mering 1021 zum ersten Mal erwähnt wird. „Ausgestellt bei Mering“, ist darauf zu lesen.
Johann Weber ist überzeugt, dass sich dies am Gunzenlee zutrug. Auf den möglichen Standort des Gunzenlee weist ein Gedenkstein hin, den der verstorbene Heimatforscher Martin Schallermeir im April 2015 aufstellen ließ. Der Standort am großen Strommast am Oberländer Weg, von der Friedenaustraße Richtung Weitmannsee, sei so gewählt, dass Radler und Spaziergänger sich dort der historischen Bedeutung bewusst werden können.
Dieses Bewusstsein wünscht sich Weber auch für die Gemeinde Me- Die Straßenbenennung im Baugebiet „Am Oberfeld“ist schon abgeschlossen. Dort wird stattdessen den früheren Meringer Bürgermeistern Josef Heinrich und Max Sedlmeir eine Straße gewidmet. Dabei hat Weber bereits mehrfach Gemeinderäte wegen einer Gunzenleestraße angesprochen. „Immer wenn ein neues Baugebiet ausgewiesen wurde, hatte ich Hoffnung, aber leider bisher vergebens“, sagt er.
Joachim Pagel, Vorsitzender des Heimatvereins, in dem auch Johann Weber aktiv ist, sieht eine mögliche Erklärung dafür in der thematischen Einordnung. „Man versucht ja immer, für ein Baugebiet ein Thema zu finden, das mehrere gute Straßenna„Benannt men hergibt, also beispielsweise Schriftsteller, Komponisten oder auch Blumen“, erklärt er. „Gunzenlee lässt sich da eben schwer einordnen; bestenfalls hätte man ihn unten im Gebiet der Flößerstraße wegen seiner Lage auf dem Lechfeld unterbringen können. Aber nachdem es sich ja eher um einen historischen als einen geografisch definierten Ort handelt, ist das auch schon wieder so eine Sache.“
Hoffnung macht jedoch Armin Neumair, der in der Meringer Verwaltung für Bauangelegenheiten zuständig ist. „Wir haben jetzt das Oberfeld I und das riecht nach Oberfeld II“, sagt er. „Wann wir ein neues Baugebiet erschließen werring. den, steht zwar in den Sternen, aber eine Erweiterung bestehender Baugebiete um einige Zeilen ist derzeit auch Thema im Gemeinderat.“Seit seiner Zeit als Bauamtsleiter sei es noch nie vorgekommen, dass ein Bürger eine Eingabe für eine Straßenbenennung gemacht hat.
Für Bürgermeister Hans-Dieter Kandler käme das neue Gewerbegebiet westlich der Bahnlinie infrage: „Das würde ja auch eine gewisse Nähe zur historischen Stätte darstellen.“Wie berichtet, entscheidet der Gemeinderat am kommenden Donnerstag in einer Sondersitzung über den Bebauungsplan über das angedachte Gewerbegebiet in der Nähe des Bahnhaltepunkts St. Afra.