Polizei Experte kritisiert Mängel in der Terrorabwehr
Die Attentäter von Barcelona hatten offensichtlich weitreichende Kontakte. Die europäischen Fahnder hinken oft hinterher
Augsburg Die Anschläge in Katalonien haben es erneut gezeigt: Terrorzellen, die große Anschläge planen, sind immer enger international vernetzt. Gleichzeitig wachsen die Zweifel, ob die Fahnder auf dieses Phänomen vorbereitet sind. Experte Jörg Radek hat Zweifel. Seine Forderung: „Wir brauchen endlich eine moderne europaweite Datei für Terror und Kriminalität.“Es gebe eine große Zahl von tragischen Beispielen dafür, dass von den Behörden der Nationalstaaten erfasste Daten nicht oder nicht rechtzeitig vor einer Gewalttat europaweit übermittelt worden seien, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Gespräch mit unserer Zeitung.
Aktuelle Meldungen aus Spanien legen nahe, dass die Terrorgruppe weitreichende internationale Kontakte pflegte. Neue Indizien dafür liefern mehrere Flugtickets, die die Polizei gestern in den Trümmern des Hauses der Gruppe entdeckt hat. Die Polizei verfolgt längst nicht nur Spuren in Spanien, sondern auch nach Frankreich, Belgien, in die Schweiz und nach Marokko. Unterdessen wurde auch bekannt, dass der spanischen Justiz wohl ein schwerer Fehler im Umgang mit dem mutmaßlichen Kopf der Terrorzelle unterlaufen ist. Ein Richter habe die Abschiebung von Imam Abdelbaki Es Satty 2015 gestoppt, erklärten die Behörden. In der Entscheidung habe es geheißen, er stelle keine „ausreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung dar“. Bei den Anschlägen von Barcelona und Cambrils wurden 15 Menschen getötet und mehr als 120 verletzt.
Klar ist aber auch, dass die internationale Terrorabwehr nur dann funktionieren kann, wenn in den einzelnen Staaten effektive Strukturen vorhanden sind. Der Fall des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri hat gezeigt, dass die Kommunikation zwischen den Behörden in Deutschland verbesserungswürdig ist. Jörg Radek sieht ein weiteres Problem: Bei der Bekämpfung des Terrorismus fehle es hierzulande an einem „übergreifenden Denken“in den Behörden. Er nennt exemplarisch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf): „Die Mitarbeiter müssten viel stärker Elemente der Arbeitslogik der Polizei im Hinterkopf haben, wenn sie über den Aufenthaltsstatus von Asylbewerbern entscheiden.“Und das sei nur Beispiel für die fehlende Bereitschaft, über die eigene Behörde hinauszudenken.
Positiv bewertet Radek das Grundsatzurteil vom Dienstag. Es erlaubt, Terrorverdächtige mit ausländischem Pass in Zukunft leichter abzuschieben. Das würde die Polizei entlasten, da die lückenlose Überwachung von Gefährdern extrem personalintensiv sei. Zudem gebe das Urteil den Polizisten endlich die nötige Rechtssicherheit bei ihrer Arbeit, sagt Radek.