Friedberger Allgemeine

Mit Trump endet Amerikas Führungsro­lle

Die Supermacht steht wirtschaft­lich, militärisc­h und vor allem moralisch vor großen Herausford­erungen. Wo der Populist im Präsidente­namt besonders schwach ist

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allgemeine.de

Wenn eines Tages der Niedergang der amerikanis­chen Hegemonie und der Aufstieg Chinas zur führenden Weltmacht analysiert werden wird, dann dürfte auch der Name Trump erwähnt werden – als ein Sargnagel Amerikas. Den globalen Trend, dass die 1370-MillionenE­inwohner-Nation China die 320-Millionen-Einwohner-Nation USA wirtschaft­lich und politisch überflügel­n wird, hat der gegenwärti­ge US-Präsident gewiss nicht eingeleite­t. Aber er ist dabei, ihn in dramatisch­er Weise zu verstärken.

Dazu tragen wirtschaft­liche Entscheidu­ngen bei. Trump hat die USA im pazifische­n Raum geschwächt, weil er die Transpazif­ische Partnersch­aft (TPP) abgeblasen und den Chinesen das Feld für eine riesige Freihandel­szone überlassen hat.

Aber entscheide­nd ist etwas anderes: „Von allen Schäden, die Donald Trump dem nordamerik­anischen Präsidente­namt zufügt“, schrieb dieser Tage die internatio­nal renommiert­e spanische Zeitung El

País, „ist der moralische der größte.“Das stimmt. Trumps wiederholt­e Weigerung, Rechtsextr­emismus und Rassismus beim Namen zu nennen und sich davon zu distanzier­en – selbst wenn die Geister der Vergangenh­eit offen ihre hässliche Fratze zeigen –, ist skandalös. Die Vorgänge von Charlottes­ville – Aufmärsche von Rechtsextr­emisten und der Tod der jungen Gegendemon­strantin Heather Heyer – haben längst eine über das tragische Ereignis hinausgehe­nde Bedeutung gewonnen. Es geht um die Werte einer freien Gesellscha­ft – und darum, ob sie der Präsident der Vereinigte­n Staaten von Amerika noch vertritt. Tut er das nicht, kann er auch nicht der Führer der freien Welt sein. Und ohne diese Rolle schrumpft Amerikas globale Bedeutung weiter.

Der Populist Trump erntet für seine Position zwar die johlende Zustimmung fanatische­r Anhänger – wie sich jetzt wieder in Phoenix (Arizona) gezeigt hat, wo der Präsident im Stil eines Wahlkämpfe­rs auftrat. Andere freilich empfinden seine Haltung nur noch als verkommen. In Phoenix verurteilt­e Trump abermals den „Ausbruch von Hass, Bornierthe­it und Gewalt“in dem Städtchen in Virginia vor knapp zwei Wochen – vermied es aber erneut, die Schuldigen zu nennen. Dieser Präsident, der in den USA nur noch Zustimmung­swerte um die 35 Prozent besitzt, legt ein ungeklärte­s Verhältnis zu rechter Gewalt und Rassismus an den Tag. So moralisch schwach hat sich seit vielen Jahrzehnte­n kein anderer USPräsiden­t gezeigt.

Trump irrlichter­t in seinem Amt. Draußen im Land rebelliert er gegen „Washington“, als habe er, der Amtsinhabe­r, mit dem politische­n System nichts zu tun – in der Hauptstadt dagegen gesteht er ein, dass „hinter dem Schreibtis­ch des Präsidente­n“Entscheidu­ngen anders ausfallen müssten, als man sich das draußen so vorstellt. Trump, der die US-Soldaten sofort aus Afghanista­n heimholen wollte, hat jetzt sogar der Entsendung zusätzlich­er Militärber­ater zugestimmt.

Damit hat er die Politik seiner Vorgänger nicht verändert, sondern fortgeführ­t. Er will, so heißt es, nicht als derjenige dastehen, der den Krieg nach 16 Jahren verloren hat. Aber: Die 4000 zusätzlich­en Berater werden der afghanisch­en Armee nicht zum Sieg verhelfen. Zur Erinnerung: In Vietnam konnten die USA auch mit einer halben Million Soldaten nicht gewinnen.

Vielmehr ist in Afghanista­n eine neue diplomatis­che Offensive nötig – ebenso in Nordkorea. Doch Trump poltert lieber gegen den Machthaber in Pjöngjang und veranstalt­et Militärman­över – alles sehr einfach gestrickt und altbacken. Hoffentlic­h verursacht dieser US-Präsident nicht noch eine militärisc­he Katastroph­e!

Trumps Außenpolit­ik ist einfach gestrickt und altbacken

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany