Friedberger Allgemeine

Fledermäus­e haben’s schwer

Lebensraum und Nahrungsau­swahl der Tiere in Deutschlan­d schwinden. Doch in Bayern gibt es eine Oase für die Flattermän­ner

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Hohenburg Sobald es dämmert, schwärmen die „Hufis“aus. Durch eine Luke in der Wand einer ehemaligen Scheune im oberpfälzi­schen Hohenburg flattern die Großen Hufeisenna­sen ins Freie. Im Schutz der Dunkelheit begeben sie sich auf Nahrungssu­che. Die Fledermaus­art ist – wie die weiteren 22 in Bayern beheimatet­en Arten – vom Aussterben bedroht. Im Fledermaus­haus des Landesbund­es für Vogelschut­z (LBV) siedelt die letzte Kolonie Deutschlan­ds. Betreut wird sie von Rudolf Leitl. Liebevoll nennt er sie „Hufis“. Das Projekt gehört zum Life-Umweltprog­ramm der EU.

Vor 25 Jahren sind die hierzuland­e ausgestorb­en geglaubten Großen Hufeisenna­sen in der einsturzge­fährdeten Scheune im Landkreis Amberg-Sulzbach entdeckt worden. Kurzerhand pachtete die Regierung der Oberpfalz den leer stehenden Gebäudekom­plex; seit 2008 ist der Markt Hohenburg Eigentümer. Mit knapp einer Million Euro aus einem Konjunktur­paket der Bundesregi­erung im Jahr 2009 entstand das Fledermaus­haus. Die fünfgescho­ssige Scheune dient den „Hufis“seither als sicherer Rückzugsra­um. Forstwisse­nschaftler Leitl hat sich der putzigen Tiere angenommen. Ziel des Projekt-Managers: die Lebensbedi­ngungen der Tiere zu optimieren und die Menschen für deren Bedürfniss­e zu sensibilis­ieren.

Jeden Freitagabe­nd können Besucher den „Hufis“beim Ausfliegen zuschauen. Etwa 180 Große Hufeisenna­sen leben zurzeit in der Scheune. Zumeist hängen sie kopfüber unter dem Giebel. Es sei denn, es wird ihnen dort zu heiß – dann machen sie es sich auch zwei Etagen tiefer be- quem. Leitl hat eine Infrarotka­mera installier­t, um die Tiere in ihrem Alltag zu beobachten. Geburt, Fütterung, Körperpfle­ge – bei den „Hufis“ist meist was los. „Die Großen Hufeisenna­sen sind sehr soziale Tiere. Und auch verspielt“, sagt Leitl. Da könne es schon passieren, dass sich eine Fledermaus in der Scheune hinter einem Balken versteckt und einen vorbeiflie­genden Artgenosse­n erschreckt. Dann lieferten sie sich eine kleine Verfolgung­sjagd.

Seit einigen Jahren hat das Fledermaus­haus eine Art Zweigstell­e: eine ehemalige Kirche auf dem Truppenübu­ngsplatz Hohenfels der USArmy im nahegelege­nen Schmidmühl­en. Das Areal sei der entscheide­nde Grund dafür, dass die Großen Hufeisenna­sen in der Region überleben konnten, sagt Leitl. Denn: „Das Gelände ist pestizidfr­ei.“Hier gebe es Untersuchu­ngen zufolge zehnmal mehr Insekten als in der Landschaft außerhalb. Schmetterl­inge, Schnaken, Spinnen und Käfer stehen auf dem Speiseplan der Fledermäus­e. Weiterer Vorteil des Truppenübu­ngsplatzes: Dort grasen Leitl zufolge etwa 5000 Hirsche und 12000 Schafe. Und die produziere­n Dung, in dem es Dungkäfer gibt. Gerade im Spätsommer und Herbst seien diese Käfer wichtig, weil sich die Hufeisenna­sen dann Speckreser­ven für den Winterschl­af anfressen.

Inzwischen habe sich die neue Unterkunft unter den „Hufis“herumgespr­ochen, berichtet Leitl. Einzelne Tiere nutzten sie bereits zum Schlafen – und wohl auch für ein Rendezvous. Mit seinem Fledermaus-Detektor habe er in der Kirche Balzrufe aufgenomme­n. Die „Hufis“scheinen sich wohlzufühl­en. Fledermaus Nacht

● Hufeisenna­se, Mausohr, Abend segler, Braunes oder Graues Lang ohr: In Bayern gibt es 23 Fleder mausarten – und alle gelten als gefährdet.

● Zur europäisch­en Fledermaus nacht „Batnight“am kommenden Wochenende lädt der Landesbund für Vogelschut­z (LBV) zu Veran staltungen in ganz Bayern ein, um auf die Bedrohung der Fledermäu se aufmerksam zu machen.

● Europaweit werden in mehr als 35 Ländern Veranstalt­ungen zu Fle dermäusen angeboten. In Bayern gibt es bis in den September hi nein viele Angebote der LBV Kreis gruppen, unter anderem Vorträge, Exkursione­n und Infostände. (dpa)

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Foto: Rudolf Leitl, dpa Vom Aussterben bedroht: die Große Huf eisennase.

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