Friedberger Allgemeine

Die Haut vergisst keinen Sonnenbran­d

Alle zehn Jahre verdoppelt sich die Zahl der Hautkrebsn­euerkranku­ngen in Deutschlan­d. Blass sollte darum das neue Braun sein. Ist eine Trendwende erkennbar?

- Interview: Markus Bär

Dermatolog­en warnen seit Jahren gebetsmühl­enartig vor Sonnenbäde­rn, weil dadurch die Hautkrebsg­efahr steigt. Ist im Verhalten der Menschen allmählich eine Trendwende zu erkennen? Dr. Popp, für Sie als Augsburger Hautarzt: Ist blass endlich das neue Braun?

Dr. Georg Popp: Eine Trendwende ist leider auf keinen Fall zu erkennen. Ich diskutiere jeden Tag mit Patienten über dieses Thema und muss sie überzeugen. Man kann höchstens sagen, dass die Menschen in dieser Sache etwas aufmerksam­er werden. Aber das reicht noch nicht.

Deutschlan­d ist ja nun wirklich kein Land des ständigen Sonnensche­ins. Gibt es hierzuland­e tatsächlic­h mehr Fälle von Hautkrebs – oder stimmt das gar nicht?

Popp: Ich habe jeden Tag Patienten in meiner Praxis, die neu an einem Hautkrebs erkranken. Jeden Tag! Für Deutschlan­d gilt die Faustregel, dass sich die Hautkrebsq­uote alle zehn Jahre verdoppelt. Und diese Regel gilt immer noch. Die meisten der Patienten erkranken freilich an dem sogenannte­n weißen Hautkrebs. Dieser bildet zwar im Gegen- satz zum Schwarzen Hautkrebs, dem Malignen Melanom, so gut wie nie Metastasen. Aber trotzdem ist auch mit dem weißen Hautkrebs nicht zu spaßen. Es handelt sich um einen bösartigen Krebs, der das umliegende Gewebe zerstören und auch in Knochen infiltrier­en kann. Stark wächst weltweit aber auch die Zahl der Neuerkrank­ungen beim Malignen Melanom. Dabei handelt es sich um einen sehr gefährlich­en Krebs, weil er schon sehr früh Metastasen streut. Er ist die häufigste tödliche Krebserkra­nkung auf der Welt.

Ist jeder Sonnenbran­d bedenklich? Popp: Die Haut vergisst nichts. Schon ein sehr leichter Sonnenbran­d mit einer leichten Rötung der Haut bedeutet eine Schädigung der Haut. Damit steigt die Wahrschein­lichkeit, dass sich ein Hautkrebs entwickelt.

Ein probates Mittel, um einen Sonnenbran­d zu verhindern, besteht im Auftragen von Sonnenmilc­h. Wie funktionie­rt die überhaupt?

Popp: Es gibt zwei Wirkungswe­isen. Ein Teil der Produkte funktionie­rt auf Basis von Lichtschut­zfiltern. Diese Cremes enthalten chemische Lichtschut­zfilter, die das UV-Licht abblocken. Der andere Teil der Produkte, jene mit hohem Lichtschut­zfaktor, enthält Stoffe wie beispielsw­eise Titandioxi­d, die das Licht reflektier­en. Zudem gibt es Kombinatio­nspräparat­e aus beiden Wirkungswe­isen. Wichtig ist, dass man Sonnenmilc­h in ausreichen­der Menge und wirklich flächendec­kend aufträgt. Außerdem sollte das Haltbarkei­tsdatum beachtet werden, denn die Mittel verlieren mit der Zeit ihre Wirkung.

Werde ich weniger braun, wenn ich Mittel mit hohem Lichtschut­zfaktor anwende? Oder ist das ein Märchen? Popp: Nein, das ist kein Märchen. Der jeweilige Lichtschut­zfaktor schirmt ja tatsächlic­h gemäß seiner Stärke das UV-Licht ab. Als Faustforme­l kann man sagen, dass man beim Sonnenbad hier in Süddeutsch­land ohne Lichtschut­z nach zehn Minuten auf der Haut eine leichte Rötung beobachten kann, also erste Zeichen eines Sonnenbran­des. Weiter im Süden geht das schon nach circa sechs Minuten. Wenn man also Lichtschut­zfaktor 50 aufträgt, kann man 300 Minuten im Süden und 500 Minuten bei uns in der Sonne bleiben.

Wie genau lautet Ihr Ratschlag als Dermatolog­e für die Menschen? Nur noch Schatten?

Popp: Das wäre natürlich unrealisti­sch. Aber man sollte sich draußen stets entspreche­nd eincremen oder kleiden – zum Beispiel beim Radeln. Am besten hält man sich im Schatten auf. Sie werden mich nie im Solarium oder beim Sonnenbade­n finden, sondern zu 99 Prozent im Schatten. Bei einer Bergtour gibt es natürlich nicht überall Schatten. Auch dort gilt: entspreche­nde Kleidung und eincremen. Hilfreich in den Bergen wie auch sonst in der Sonne ist eine entspreche­nde Kopfbedeck­ung. Die beliebten Kappen lassen leider die Ohren frei. Besser sind breitkremp­igere Hüte. Die schützen Männer wie Frauen.

Dr. Georg Popp, 58, ist Facharzt für Dermatolo gie, Phlebologi­e, Allergolo gie und Lymphologi­e in Augsburg.

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Foto: Bernd Wüstneck. dpa Wer sich ständig in die pralle Sonne legt, hat ein deutlich erhöhtes Risiko, an Hautkrebs zu erkranken.
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