Friedberger Allgemeine

Charlize Theron lässt die Fäuste fliegen

Atomic Blonde Deutschlan­d steht kurz vor der Wiedervere­inigung, als die britische Agentin Lorraine Broughton einen Doppelagen­ten in Berlin enttarnen muss. Keine leichte Aufgabe

- Kurz informiert VON MARTIN SCHWICKERT

Sie liegt in einer Badewanne voller Eiswürfel. Gesicht und Haare weiß wie die Wand. Der Körper übersät mit Platzwunde­n und Blutergüss­en. Ihre Hand lässt ein paar Eiswürfel aus dem Badewasser in ein Glas gleiten und füllt es mit Wodka auf, den sie mit einem kaum hörbaren Raunen in sich hinein fließen lässt. Ihr Name ist Lorraine Broughton. Agentin Ihrer Majestät und eine eiskalte Kriegerin in einem Kalten Krieg, der im Berlin des Jahres 1989 gerade zu Ende geht.

Wenige Wochen vor dem Mauerfall wird Lorraine vom MI6 dorthin geschickt, um einen Doppelagen­ten zu enttarnen. Während sich im Osten der Stadt Demonstrat­ionen formieren, kämpft sich die Agentin durch den weit verzweigte­n Spionageun­tergrund auf beiden Seiten der Mauer. Dabei werden die Verwicklun­gen zwischen KGB, MI6, BND und CIA mit Fortschrei­ten der Filmhandlu­n- gen immer unübersich­tlicher, aber darauf kommt es in David Leitchs Agenten-Action-Film „Atomic Blonde“nicht an. Schließlic­h dient hier der Comic „The Coldest City“von Antony Johnston und Sam Hart – dem historisch­e Fakten und Plotkonven­tionen weniger wichtig sind als die Coolness seiner beinharten Heldin – als Vorlage. Charlize Theron spielt Lorraine mit platinblon­dem Pony-Bob, knallroten Stilettos und mörderisch­er Kompromiss­losigkeit. Therons physische Präsenz ist das Herz des Filmes, der seine Protagonis­tin zügig von einer Action-Szene in die nächste hineintrei­bt.

Leitch hat sich in Hollywood vom Stuntman zum Regisseur hochgearbe­itet und seine Kampfchore­ografieren haben nichts mit den durchdigit­alisierten Schnittgew­ittern moderner Blockbuste­r zu tun. Wenn die Keilerei beginnt, tritt die Kamera erst einmal zurück, um die Arena zu zeigen, und wird dann selbst mit ho- her Mobilität Teil des Kampfes. Fast acht Minuten (scheinbar) ohne Schnitt dauert eine begnadete Schlägerei, in der Lorraine ein gutes Dutzend KGB-Agenten nach Strich und Faden vermöbelt, die Inneneinri­chtung der Wohnung zerlegt, verschiede­nste Haushaltsg­egenstände in Waffen verwandelt und ihre Gegner mit halsbreche­rischer Akrobatik durch das Treppenhau­s prügelt.

Zu Therons ruppiger Coolness passt der schmuddeli­ge B-Movie-Look des Films, der das Berlin der Wendezeit als farbentsät­tigte Kulisse inszeniert, um seine Heldin in gelbem, blauen oder pinkfarben­em Scheinwerf­erlicht zum Leuchten zu bringen. Unterlegt wird das durchgehen­d stilisiert­e und historisch unkorrekte Geschehen von einem lässigen 80erSoundt­rack, in dem von David Bowies „Cat People (Putting Out the Fire)“bis zu Nenas „99 Luftballon­s“zeitgenöss­isches Liedgut effizient zum Einsatz gebracht wird.

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Foto: Jonathan Prime Berlin, 1989: Mit MI6 Agentin Lorraine Broughton (Charlize Theron) sollte man sich besser nicht anlegen.
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Mit Charlize Theron, James McAvoy Wertung *****
Atomic Blonde (1 Std. 55 Min.), Genre, USA/Deutschlan­d 2017 Regie David Leitch Mit Charlize Theron, James McAvoy Wertung *****
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