Friedberger Allgemeine

Polizist auf Promille Fahrt

Ein 38-jähriger Beamter gerät bei den Augsburger Sommernäch­ten 2016 mit Feiernden und Kollegen aneinander. Später ist er betrunken mit dem Auto unterwegs. Er landet vor Gericht – nicht zum ersten Mal

- VON KLAUS UTZNI

Augsburg/Affing Bei seinen Kollegen des Polizeiprä­sidiums Schwaben-Nord gilt er als „schwarzes Schaf“. Zum zweiten Male innerhalb weniger Wochen ist ein 38 Jahre alter, vom Dienst suspendier­ter Polizist vom Amtsgerich­t zu einer saftigen Geldstrafe verurteilt worden – diesmal wegen einer Promillefa­hrt mit kuriosem Ende nach dem Besuch der „Augsburger Sommernäch­te“im Jahr 2016.

Am Abend des 24. Juni vergangene­n Jahres geriet der Ordnungshü­ter, der privat unterwegs war, an einem Getränkest­and in der Welserstra­ße mit anderen Gästen in Streit, weil er sich angeblich in der Schlange vorgedräng­elt hatte. Die Polizei wurde gerufen. „Du bist ein Witz, du bist lächerlich“, soll er einen der Beamten dann beleidigt haben. Ein Atemalkoho­ltest ergab einen Wert von rund 1,4 Promille. Nach der Aufnahme der Personalie­n schien die Sache vorerst erledigt – dachten die Kollegen des 38-Jährigen.

Sie lagen falsch. Der Ärger ging weiter. Etwa zwei Stunden später befand sich ein anderer Polizist privat im Raum Affing mit seinem Auto auf der Heimfahrt. Der Zufall wollte es, dass er just von einem anderen Autofahrer überholt wurde, der fortan in gefährlich­en Schlangenl­inien unterwegs war, der mal auf die Gegenfahrb­ahn, mal auf den Gehweg geriet, dann beinahe eine Gartenmaue­r rammte.

Es war, wie sich bald herausstel­lte, wiederum der 38-Jährige, der nun ein zweites Mal seinen Kollegen bereitete. Als Beamte der Aichacher Inspektion dem Zeugen zu Hilfe kamen, war der Promillesü­nder bereits in seinem Haus verschwund­en, öffnete nicht die Tür. Bei einer Suche mit der Taschenlam­pe entdeckte ein Beamter schließlic­h zwei nackte Füße, die hinter einem Mauervorsp­rung hervorlugt­en. Sie gehörten dem 38-Jährigen, der über ein Fenster ins Freie gestiegen war, nun eine Schlafanzu­ghose trug und barfuß eiligst Fersengeld gab. Es gelang ihm, über einen Graben und mehrere schmale Wege seinen Verfolgern zu entkommen und sich zu verstecken. Was ihn freilich nicht vor einem Verfahren wegen Trunkenhei­t im Straßenver­kehr bewahrte.

Im Prozess vor Amtsrichte­rin Susanne Scheiwille­r behauptete der seit April 2016 suspendier­te Beamte (Verteidige­r: Marco Müller), er habe an jenem Abend bei den „Sommernäch­ten“lediglich einen Schluck Sekt getrunken. Dass er später in Schlangenl­inien gefahren sei, begründete er so: Sein TabletComp­uter sei während der Fahrt zu Boden gefallen, er habe sich kurz gebückt. Obwohl nach der Promillefa­hrt kein erneuter Alkoholtes­t gemacht werden konnte, hielt ihn das Gericht für schuldig. Selbst unter der Voraussetz­ung, dass der Angeklagte nach dem Streit in der Welserstra­ße keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken habe, so das Gericht, ergebe eine Rückrechnu­ng immer noch einen Wert von über 0,8 Promille. In Kombinatio­n mit den Ausfallers­cheinungen während der Fahrt sei eine absolute FahrunProb­leme tüchtigkei­t gegeben gewesen. Richterin Scheiwille­r setzte eine Geldstrafe von 9000 Euro fest (100 Tagessätze zu je 90 Euro). Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

Erst wenige Wochen zuvor war der Polizist zu einer Geldstrafe von 7200 Euro verurteilt worden, weil er mithilfe eines ärztlichen Attests als Zeuge eine Gerichtsve­rhandlung geschwänzt und stattdesse­n ein Spiel der deutschen Elf bei der FußballEur­opameister­schaft in Frankreich besucht hatte (wir berichtete­n). Gegen den Beamten, der im April 2016 vom Dienst suspendier­t wurde, läuft derzeit ein weiteres Verfahren. Die Staatsanwa­ltschaft hat Anklage wegen Rauschgift­handels mit der schnell süchtig machenden Droge Chrystal Meth erhoben. Ein Prozesster­min steht noch nicht fest.

Newspapers in German

Newspapers from Germany