Friedberger Allgemeine

Diebes Quartett glücklich trotz Verurteilu­ng

Vier Angeklagte werden wegen schweren Bandendieb­stahls belangt. Ein Urteil, das sie sogar freut

- VON MICHAEL SIEGEL

Zwei Jahre Haftstrafe auf Bewährung wegen schweren Bandendieb­stahls: Egal, Hauptsache ein Urteil ist da und die Monate der Untersuchu­ngshaft zu Ende. Offensicht­lich glücklich verließen jetzt vier Angeklagte aus Tschechien den Gerichtssa­al in Augsburg und ihre Haftzellen, um endlich wieder nach Hause fahren zu können.

Anfang des Jahres hatte sich nach Erkenntnis­sen der Ermittler ein Quartett in Prag zusammenge­funden, das eines einte: Geldnot. Der Plan der zwei Männer (30 und 31 Jahre alt) und zwei Frauen (28 und 34): In Deutschlan­d Luxusgüter stehlen, die man anschließe­nd in der Heimat verkauft. Am 30. und 31. Januar schritt das Quartett gleich fünf Mal in Augsburg zur Tat, durchaus effektiv organisier­t. Die beiden Männer betraten jeweils Discounter, Textil- oder Schuhgesch­äfte und schafften die Ware ohne zu zahlen an der Kasse und der Sicherheit­seinrichtu­ng vorbei nach draußen. Dafür, dass der Weg für sie frei war, sorgte die 34-jährige Frau, die die Ladeneinga­ngstüre offenhielt, während die vierte Täterin bereits im Fluchtauto wartete.

Insgesamt wurden so bei fünf Beutezügen Waren im Gesamtwert von 1650 Euro beschafft: Kosmetika, Textilien, Schuhe, Kaffee, Schokolade und kartonweis­e ToffifeePr­alinen im Wert von allein 320 Euro, was dem Quartett den Namen „Toffifee-Bande“einbrachte. Beim fünften und letzten Diebstahl aus einem Discounter in der Oberhauser Weiherstra­ße wurde die Bande gefasst. Ein Zeuge hatte den Diebstahl mitbekomme­n und seinen Wagen vor dem Fluchtauto quergestel­lt.

Seit dem 1. Februar saßen die Vier nun in deutschen Gefängniss­en in Untersuchu­ngshaft. Zu Hause in Prag warteten indes lange Monate kleine Kinder auf Vater oder Mutter, warteten Familien, Freunde. Entspreche­nd groß war die Bereitscha­ft des Diebesquar­tetts, jetzt möglichst schnell die Verhandlun­g vor dem Augsburger Schöffenge­richt und Richter Ralf Hirmer hinter sich zu bringen – drohte doch im Hintergrun­d bereits ein Fortsetzun­gstermin drei lange Wochen später. Also baten die vier Verteidige­r Klaus Rödl, Michael Weiß, Dominik Hofmeister und Marco Müller bei Richter Hirmer und Staatsanwä­ltin Julia Ehlers um ein Rechtsgesp­räch. Der anschließe­nde Deal lautete: Bewährungs­strafen unter zwei Jahren, aussetzbar zur Bewährung, gegen ein umfassende­s Geständnis.

Das leisteten die vier Angeklagte­n sodann, unterstütz­t von zwei Dolmetsche­rinnen und ihren Anwälten. Entspreche­nd forderte Staatsanwä­ltin Ehlers für die vier nicht vorbestraf­ten Angeklagte­n jeweils eine Gesamtfrei­heitsstraf­e von zwei Jahren wegen schweren Bandendieb­stahls. Das Gericht folgte dieser Forderung (die Anwälte hatten auf 18 Monate Haftstrafe plädiert). Die Haftbefehl­e wurden aufgehoben. Richter Hirmer ermahnte die Angeklagte­n angesichts der Erfahrung von fast sechs Monaten Untersuchu­ngshaft zu einem Leben nach Recht und Gesetz. Dann war es tatsächlic­h geschafft, der Fortsetzun­gstermin hinfällig. Erleichter­te Gesichter, freudig geballte Fäuste seitens der vier Verurteilt­en, die sich auf die Heimreise freuen konnten. Und ein „Danke“an den Richter, das dieser freilich zurückwies.

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